SdG 11 - Die Kochenjäger
Hohepriester«, sagte Bosheit müde und achtete dann nicht mehr weiter auf ihn. »Fallengelassener, die Küste ist nur anderthalb Meilen entfernt. Es gibt dort ein Fischerdorf, in dem traurigerweise nichts mehr am Leben ist, aber das wird uns nicht im Geringsten behindern.«
Mappo rührte sich nicht von der Stelle. »Was für einen Grund sollte ich haben«, sagte er, »mich mit dir zu verbünden?«
»Du wirst das Wissen brauchen, über das ich verfüge, Mappo Runt, denn ich war eine der Namenlosen, die Dejim Nebrahl befreit haben, mit dem Ziel, dich zu töten, so dass ein neuer Wächter deinen Platz an Icariums Seite einnehmen konnte. Es wird dich vielleicht überraschen«, fügte sie hinzu, »dass es mich freut, dass der T’rolbarahl versagt hat, was die erstgenannte Aufgabe angeht. Ich wurde von den Namenlosen ausgestoßen, eine Tatsache, die mir nicht wenig Befriedigung bereitet, wenn nicht gar Vergnügen. Willst du wissen, was die Namenlosen vorhaben? Willst du Icariums Schicksal kennen?«
Er starrte sie an. Und fragte dann: »Was erwartet uns in dem Dorf?«
»Ein Schiff. Verproviantiert und bemannt, in gewisser Weise. Um unsere Beute zu verfolgen, müssen wir die halbe Welt durchqueren, Mappo Runt.«
»Hör nicht auf sie!«
»Sei still, Iskaral Pustl«, knurrte Mappo. »Oder verschwinde von hier.«
»Du Narr! Also gut, mir ist klar, dass meine Anwesenheit in deiner üblen Gesellschaft nicht nur notwendig, sondern lebensnotwendig ist! Aber du, Bosheit, sei wachsam! Ich werde keinen Verrat an diesem unerschrockenen, ehrenvollen Krieger zulassen! Und achte auf deine Worte, damit ihre Entfesselung ihn nicht in den Wahnsinn treibt!«
»Wenn er dich so lange ausgehalten hat, Priester«, sagte sie, »dann ist er gegen jeden Wahnsinn gefeit.«
»Es wäre klüger, wenn du schweigen würdest, Frau.«
Sie lächelte.
Mappo seufzte. Ach, Pustl, ich wollte, du würdest deine Ermahnungen selbst beherzigen …
Der Junge war neun Jahre alt. Er war schon einige Zeit krank, ungezählte Tage und Nächte, an die er sich nur in verschwommenen Bildern erinnerte – die schmerzerfüllten Augen seiner Eltern, die merkwürdige Berechnung in den Blicken seiner beiden jüngeren Schwestern, als hätten sie begonnen, über ein Leben ohne älteren Bruder nachzudenken, ein Leben ohne die Quälereien und Hänseleien – und ohne die von ihm angesichts der anderen, gleichermaßen grausamen Kinder im Dorf geforderte unerschütterliche Verlässlichkeit.
Und dann war da eine zweite Zeit gewesen, eine, die er sich eindeutig vorstellen konnte, auf allen Seiten von Mauern umgeben, überdacht von einem schwarzen Nachthimmel, an dem Sterne schwammen wie Bootsmannsspinnen in Brunnenwasser. In dieser Zeit, diesem Zimmer war der Junge vollkommen allein, nur von seinem Durst geweckt, wo er dann einen Eimer neben seinem Bett fand, der mit schlammigem Wasser gefüllt war, und die Schöpfkelle aus Holz und Horn, die seine Mutter nur in Festnächten benutzte. Aufwachen, Kräfte sammeln, um die Hand auszustrecken und die Kelle zu packen, sie in den Eimer tauchen, mit dem Gewicht des Wassers kämpfen, die lauwarme Flüssigkeit durch rissige Lippen einsaugen, um einem Mund Erleichterung zu verschaffen, der so heiß und trocken war wie die Höhlung einer Darre.
Eines Tages erwachte er noch einmal und wusste, dass er in der dritten Zeit war. Obwohl schwach, konnte er doch aus dem Bett krabbeln, den Eimer hochheben und das restliche Wasser trinken, musste von der dicklichen Konsistenz husten, schmeckte den körnigen Dreck des Schlicks. Das Nest des Hungers in seinem Bauch war jetzt mit zerbrochenen Eiern gefüllt, und winzige Klauen und Schnäbel zwickten seine Eingeweide.
Eine lange, erschöpfende Reise brachte ihn nach draußen, wo er im grellen Sonnenlicht blinzelte – es war so grell und strahlend, dass er nichts sehen konnte. Überall um ihn herum waren Stimmen, auf der Straße, auf den Dächern – hohe Stimmen, die eine Sprache sprachen, die er nie zuvor gehört hatte. Gelächter, Aufregung, doch diese Geräusche machten ihn frösteln.
Er brauchte mehr Wasser. Er musste die Helligkeit abwehren, damit er wieder sehen konnte. Die Quelle dieser Festtagsgeräusche entdecken – war eine Karawane im Dorf angekommen? Eine Truppe von Schauspielern, Sängern und Musikern?
Sah ihn denn niemand? Hier, auf Händen und Knien, das Fieber fort, das Leben zu ihm zurückgekehrt?
Er wurde an einer Seite angestupst und streckte eine tastende Hand aus,
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