SdG 11 - Die Kochenjäger
Einsprüche gegen diese unnatürliche, ach was, unheilige Umkehrung zu erheben.«
»Das ist sehr edel von dir«, bemerkte Paran. »Merkwürdigerweise habe ich eine völlig andere Geschichte über deinen Abgang als Priester gehört. Genauer gesagt, du hast einen Machtkampf im Tempel von Kartool verloren. Es ging irgendwie um die Entscheidung über den Schatz.«
»Solche Ereignisse bieten sich natürlich für Deutungen geradezu an. Sagt mir, Hauptmann, da Ihr durch Wände gehen könnt, die dicker sind als ein Mann groß ist, verfügt Ihr auch über magische Empfindungen? Könnt Ihr den widerlichen Hunger in der Luft spüren? Er ist voller Hass. Er will uns, unser Fleisch, in dem er Wurzeln schlagen kann, um uns jegliche Essenz von Gesundheit auszusaugen. Dies ist Poliels Atem, und schon jetzt erhebt er Anspruch auf uns.«
»Wir sind nicht allein, Feldscher.«
»Nein. Ich wäre überrascht, wenn wir es wären. Sie wird ihre Anhänger schonen, ihre Überträger. Sie wird – «
»Still«, sagte Paran und zügelte sein Pferd. »Ich meinte, wir sind in diesem Augenblick nicht allein.«
Noto Beul musterte die unmittelbare Umgebung; seine Blicke huschten hierhin und dahin. »Da«, flüsterte er und deutete auf die Mündung einer Gasse.
Sie schauten zu, wie eine junge Frau aus dem Schatten der Gasse trat. Sie war nackt, erschreckend dünn, ihre Augen dunkel, groß und leuchtend. Ihre Lippen waren aufgesprungen und rissig, ihre Haare wild und dreckverkrustet. Ein Balg, das auf den Straßen überlebt hatte; eine, die sammelte, was weggeworfen wurde, aber dennoch …
»Keine Überträgerin«, murmelte Paran vor sich hin. »Ich erkenne an ihr … reinste Gesundheit.«
Noto Beul nickte. »Stimmt. Trotz ihrer scheinbaren Verfassung. Hauptmann Gütig, dieses Mädchen … sie ist von Soliel auserwählt worden.«
»Ich nehme an, das ist etwas, das du noch nicht einmal für möglich gehalten hast, damals, als du noch ein Priester warst.«
Der Feldscher schüttelte einfach nur den Kopf.
Das Mädchen kam näher. »Malazaner«, sagte sie mit krächzender Stimme, die klang, als wäre sie lange nicht benutzt worden. »Einst. Vor Jahren – vor einem Jahr? Einst waren hier andere Malazaner. Einer von ihnen hat so getan, als wäre er ein Gral, aber ich habe seine Rüstung unter dem Gewand gesehen, ich habe das Wappen der Brückenverbrenner gesehen, von meinem Platz unter einem Wagen aus, wo ich mich versteckt hatte. Ich war jung, aber nicht zu jung. Sie haben mich gerettet, diese Malazaner. Sie haben die Jäger abgelenkt. Sie haben mich gerettet.«
Paran räusperte.sich. »Und daher hat Soliel nun dich auserwählt … uns zu helfen.«
»Denn sie hat immer diejenigen gesegnet, die Güte vergelten«, sagte Noto Beul. Die Stimme des Feldschers zitterte vor Staunen. »Soliel«, flüsterte er, »vergib mir.«
»Da sind Jäger«, sagte das Mädchen. »Sie kommen. Sie wissen, dass ihr hier seid. Fremde, Feinde der Göttin. Ihr Anführer ist voller Hass, er hasst alles. Knochennarbig, mit zerschlagenem Gesicht nährt er sich von den Schmerzen, die er anderen zufügt. Kommt mit – «
»Danke«, unterbrach Paran sie, »aber nein. Du sollst wissen, dass wir dir für deine Warnung danken, aber ich habe vor, diese Jäger zu treffen. Ich habe vor, mich von ihnen zur Grauen Göttin führen zu lassen.«
»Matschgesicht wird das nicht erlauben. Er wird dich töten, dich und dein Pferd. Dein Pferd zuerst, denn er hasst solche Kreaturen.«
Noto Beul zischte. »Bitte, Hauptmann – dies ist ein Angebot von Soliel – «
»Das Angebot, das ich von Soliel erwarte«, sagte Paran, und sein Tonfall wurde härter, »wird später kommen. Eine Göttin nach der anderen.« Er machte sein Pferd bereit, zögerte dann und blickte den Feldscher an. »Dann geh mit ihr. Wir treffen uns am Eingang zum Großen Tempel.«
»Hauptmann, was erwartet Ihr von mir?«
»Ich? Nichts. Was ich erwarte, ist, dass Soliel Gebrauch von dir macht, aber nicht so, wie sie es mit diesem Kind hier getan hat. Ich erwarte eine ganze Menge mehr als das.« Paran setzte sein Pferd in Bewegung. »Und«, fügte er untermalt von Hufgetrappel hinzu, »ein Nein werde ich als Antwort nicht gelten lassen.«
Noto Beul schaute dem Verrückten hinterher, als er davonritt, die Hauptstraße entlang, dann zog der Heiler sein Pferd herum, bis er das Mädchen wieder ansehen konnte. Er nahm die Gräte aus dem Mund und klemmte sie hinter ein Ohr. Räusperte sich. »Göttin … Kind. Ich hege nicht
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