SdG 11 - Die Kochenjäger
schlechten Traum aufgewacht, vollkommen verwirrt, aber Ihr habt gewusst, dass etwas nicht stimmt … irgendetwas, irgendwo … und die hier – diese Frau –, die ist Eure Verbindung zu dem Ganzen. Ein Familienmitglied würde ich sagen. Eure Mutter? Eure Tochter? Eure Schwester? Eure Schwester, ja. Sie hat an Euch gedacht. Ziemlich viel … und erst vor kurzem. Seht Euch diesen Wirrwarr aus Schattenlinien um sie herum an, als stünde sie auf einem Grasbüschel – aber es gibt hier in der Nähe kein Gras, und deshalb müssen diese Linien zu etwas anderem gehören.«
»Da soll mich doch der Vermummte in die Eier kneifen«, zischte der Schnelle Ben. Seine Blicke huschten jetzt über die Figuren im Sand. Er schien seine Streitlust vergessen zu haben. »Torahaval? Im Namen des Abgrunds – in was hat sie sich denn jetzt schon wieder reingeritten? Und wie kommt es, dass niemand von den anderen hier sie auch nur mit einem einzigen Schatten erreichen kann?«
Buddl kratzte sich am Bart, erwischte mit den Fingernägeln eine Nisse. Er zog sie heraus und warf sie weg.
Kalam zuckte zusammen – und fluchte. »Lass das!«
»Tut mir leid.« Buddl zeigte auf eine Puppe, die in schwarze Seide gehüllt war. Der Schatten, den die Puppe warf, schien so etwas wie zwei Fortsätze zu enthüllen, wie Krähen, die auf ihren Schultern hockten. »Das ist Apsalar, oder? Sie hat mit alledem zu tun, klar, wenn auch nicht im Moment. Ich glaube, sie hätte eigentlich den Weg Eurer Schwester kreuzen sollen, aber das ist nie geschehen. Also, da war eine Absicht, die nicht in die Tat umgesetzt wurde, aber Ihr könnt froh darüber sein. Der da ist Cotillion … und ja, klar, er tanzt seinen grässlichen Tanz, aber seine einzige Rolle war, den Kieselstein auf der Hügelkuppe anzustupsen – wie er runtergerollt ist, und was er unterwegs mitgenommen hat, das hat er dem Schicksal überlassen. Aber Ihr habt recht, dass Ihr das Haus der Schatten ausgewählt habt. War das Instinkt? Ist ja auch egal. Das hier ist Euer Problem.« Er deutete auf eine Puppe in einem Kapuzenumhang aus gazedünnem schwarzem Leinen.
Der Schnelle Ben blinzelte, runzelte die Stirn. »Wohl kaum. Das ist Schattenthron, und er spielt die zentrale Rolle bei alledem. Es hat alles etwas mit ihm zu tun, und … verdammt, Buddl, das ist mehr als Instinkt!«
»Oh, er spielt die zentrale Rolle, das stimmt, aber könnt Ihr nicht sehen, dass sein Schatten niemanden erreicht?«
»Ich weiß, dass er niemanden erreicht! Aber er steht nun einmal an dieser Stelle, verdammt!«
Buddl streckte eine Hand aus und griff nach der Puppe.
Wütend knurrend erhob sich der Schnelle Ben halb, doch Fiedlers Hand zuckte vor und stieß den Magier zurück.
»Nimm deine Pfote von mir, Sappeur«, sagte der Magier. Seine Stimme klang leise und kühl.
»Ich habe dich gewarnt«, sagte der Sergeant, »oder etwa nicht?« Er zog die Hand zurück, und der Schnelle Ben setzte sich wieder hin, als hätte sich gerade eben etwas weitaus Schwereres auf seinen Schultern niedergelassen.
In der Zwischenzeit war Buddl eifrig damit beschäftigt, die Puppe umzugestalten. Er bog die Drähte in den Armen und Beinen. Für seine eigenen Versuche verwendete er nur selten Draht – der war ihm zu teuer –, aber in diesem Fall machte es die Umgestaltung der Puppe wesentlich einfacher. Als er schließlich zufrieden war, stellte er sie wieder hin – an genau die Stelle, an der sie sich zuvor befunden hatte.
Niemand sprach. Alle Augen waren auf die Puppe von Schattenthron gerichtet – die jetzt auf allen vieren hockte, das rechte Vorderbein und das linke Hinterbein erhoben, die gesamte Gestalt weit nach vorne geneigt und dennoch auf unmögliche Weise im Gleichgewicht. Der Schatten reichte jetzt bis auf eine Fingerbreite an die Puppe heran, die Torahaval Delat darstellte.
Schattenthron … war nun etwas anderes …
»Er berührt sie immer noch nicht«, flüsterte Kalam.
Buddl lehnte sich zurück, verschränkte die Arme, während er sich rücklings auf den Sand sinken ließ. »Wartet«, sagte er, schloss die Augen – und war einen Herzschlag später wieder eingeschlafen.
Fiedler, der dicht neben dem Schnellen Ben kauerte, stieß einen langen Atemzug aus.
Der Magier wandte den Blick von dem umgestalteten Schattenthron ab; seine Augen glänzten, als er den Sappeur ansah. »Er hat halb geschlafen, Fied.«
Der Sergeant zuckte die Schultern.
»Nein«, sagte der Magier, »du verstehst mich nicht. Er hat halb geschlafen. Jemand
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