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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Wachstafel«, sagte sie.
    Er knallte das Blatt vor ihr auf den Tisch, mit der Rückseite nach oben. »Noch einmal. Ich bin gleich wieder da - und ich bringe den Heiler mit.«
    Sie hörte, wie die Tür sich hinter ihr öffnete und schloss. Nachdem sie ihr Geständnis noch einmal geschrieben hatte, legte sie den Pinsel hin und stand auf. Beugte sich über die merkwürdige kleine Schachtel mit dem im Kreis herumlaufenden zweiköpfigen Insekt. Du gehst immer im Kreis herum. Weißt du, was Bestürzung ist? Oder Hilflosigkeit?
    Ein Tumult irgendwo unten im Gebäude. Stimmen. Etwas krachte auf den Fußboden.
    Die Tür hinter ihr wurde aufgestoßen.
    Sie drehte sich um.
    Karos Invictad kam herein, geradewegs auf sie zu. Sie sah, wie er die untere Hälfte des Zepters drehte, sah wie eine kurze Klinge sich daraus hervorschob.
    Nisall blickte auf, schaute dem Mann in die Augen. Und sah in ihnen nichts Menschliches mehr.
    Er stieß ihr die Klinge in die Brust, ins Herz. Stieß noch zweimal zu, als sie in sich zusammensackte, dann hinfiel und dabei den Stuhl streifte.
    Sie sah, wie der Fußboden ihr entgegenkam, hörte das Knacken, mit dem ihre Stirn aufschlug, spürte vage den Stich, dann umfing sie Dunkelheit. Oh, Tissin …
     
    Bruthen Trana schob eine verwundete Wache mit der Schulter beiseite und betrat Invictads Amtszimmer.
    Der Anführer der Patriotisten trat von der zusammengesunkenen Nisall zurück, das Zepter in der Hand; die Klinge am unteren Ende - glänzte rot. »Ihr Geständnis hat erfordert…«
    Der Tiste Edur schritt an den Schreibtisch, verpasste dem umgefallenen Stuhl einen Tritt, so dass er zur Seite rutschte. Er hob das Pergament auf, starrte es mit leicht zusammengekniffenen Augen an, um die letheriischen Worte zu erkennen. Eine einzige Zeile. Eine Aussage. Ein Geständnis, in der Tat. Einen Augenblick lang hatte er das Gefühl, sein Herz würde stolpern.
    Draußen im Korridor waren weitere Tiste-Edur-Krieger. Ohne sich umzudrehen, sagte Bruthen Trana: »K’ar Penath, nimm den Leichnam der Ersten Konkubine mit …«
    »Das ist eine Ungeheuerlichkeit!«, zischte Karos Invictad. »Fass sie nicht an!«
    Knurrend trat Bruthen Trana einen Schritt näher an den Anführer der Patriotisten heran - und schlug mit dem Handrücken seiner Linken zu.
    Blut spritzte, während Karos Invictad rückwärts stolperte und das Zepter durch die Luft flog; er prallte mit einer Schulter gegen die Wand. Aus Mund und Nase lief nun noch mehr Blut. Entsetzt starrte der Beaufsichtiger auf seine blutbespritzten Hände hinunter.
    Aus dem Korridor erklang die Stimme eines Kriegers in der Sprache der Edur: »Kommandant. Die andere Frau ist geköpft worden.«
    Bruthen Trana rollte das Pergament sorgfältig zusammen und stopfte es sich unter sein Kettenhemd. Dann streckte er die Arme nach Karos Invictad aus und zog ihn hoch.
    Er schlug den Mann noch einmal. Und noch einmal. Blutspritzer, abgebrochene Zähne, blutigrote Speichelfäden.
    Noch einmal. Und noch einmal.
    Der Gestank von Urin.
    Bruthen Trana packte den Letherii knapp unter dem schlaffen Hals an seinem seidenen Gewand und schüttelte ihn kräftig, schaute sich an, wie der Kopf des Patriotistenfuhrers vor und zurück flog. Er schüttelte ihn weiter.
    Bis sich eine Hand um sein Handgelenk schloss.
    Bruthen Trana blickte zur Seite, sah durch roten Nebel in die ruhigen Augen von Kär Penath.
    »Kommandant, du wirst diesem bewusstlosen Mann noch das Genick brechen, wenn du ihn weiter so behandelst.«
    »Worauf willst du hinaus, Hexer?«
    »Die Erste Konkubine ist tot, durch seine Hand. Ist es an dir, ihn zu bestrafen?«
    »Die Schwester soll dich holen«, knurrte Bruthen Trana. Dann warf er Karos Invictad auf den Fußboden. »Wir nehmen die beiden Leichen mit.«
    »Kommandant, der Kanzler …«
    »Mach dir um den keine Gedanken, K’ar Penath. Wickelt die Leichen gut ein. Wir kehren zum Ewigen Domizil zurück.«
    »Was ist mit den toten Letherii da unten?«
    »Seinen Wachen? Was soll mit ihnen sein? Sie haben sich uns in den Weg gestellt, Hexer.«
    »Ganz wie du sagst. Aber da ihr Heiler tot ist, werden einige von ihnen verbluten, wenn wir nicht …«
    »Das geht uns nichts an«, sagte Bruthen Trana.
    K’ar Penath verbeugte sich. »Ganz wie du sagst, Kommandant.«
     
    Halb blind vor Entsetzen näherte Tanal Yathvanar sich dem Eingang des Hauptquartiers. Sie war weg. Verschwunden von jenem Ort, jenem ach so verborgenen Ort - ihre Fußfesseln aufgebrochen, der eiserne Ring verbogen und

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