SdG 12 - Der Goldene Herrscher
zerquetschen, sich in stinkender Dunkelheit drängen. Da hat echte Erstickungsgefahr geherrscht.«
»Genau! Friedliches Ableben, ungesehen, unbemerkt. Keine Notwendigkeit, irgendwelche Hälse umzudrehen! Aber schau sie dir jetzt nur an! Sie haben unser Zimmer übernommen! Mein Haus. Meinen Wohnsitz, meinen Herd …«
»Was das angeht - es sieht so aus, als ob eine von ihnen Feuer gefangen hätte, Herr.«
»Sie schwelt, und sie hat zu wenig Hirn, um sich darum zu kümmern. Wenn wir warten, können wir zum Frühstück gegrilltes Hühnchen essen. Und welche hat das Ei gelegt?«
»Hm, das ist in der Tat ein höchst bedeutungsschwangeres Geheimnis.«
»Kann sein, dass du das jetzt erheiternd findest, Bagg, aber du bist derjenige, der da unten schlafen wird. Sie werden dir die Augen auspicken, verstehst du. Das Böse ist in sie hineingezüchtet worden, Generation um Generation, bis ihre winzigen schwarzen Knopfhirne zu verdichteten Knoten aus Bosheit wurden …«
»Ihr legt eine unerwartete Vertrautheit mit Hühnern an den Tag, Herr.«
»Ich hatte einen Tutor, der die menschliche Ausgabe eines Huhns war.«
Bagg lehnte sich zurück und warf einen Blick zu der Frau hinüber, die in Tehols Bett schlief.
»Sie nicht. Janath war nur ein bisschen böse, ganz wie es sich für alle Lehrmeister geziemt, die oft von quäkenden, verliebten, pickelgesichtigen Schülern geplagt werden.«
»Oh, das tut mir leid, Herr.«
»Sei still. Darüber reden wir nicht. Nein, stattdessen sind tollwütige Hühner in mein Haus eingefallen, und das nur, weil du die Angewohnheit hast, Streuner und all so was aufzulesen.«
»Streuner? Wir werden die Dinger essen.«
»Kein Wunder, dass dir dieser Tage die Streuner aus dem Weg gehen. Hör dir das doch nur an - wie sollen wir bei dem Spektakel denn schlafen?«
»Ich nehme an, sie sind glücklich, Herr. Und sie kümmern sich auf alle Fälle zügig um die Schaben, die uns heimsuchen.«
Das Bett hinter ihnen quietschte, und sie drehten sich um. Die Gelehrte hatte sich aufgesetzt und schaute sich verwirrt um. Hastig schob Tehol Bagg in ihre Richtung.
Sie runzelte die Stirn, als der alte Mann nähertrat. »Wo bin ich? Wer bist du? Sind wir auf einem Dach?«
»Woran erinnert Ihr Euch als Letztes?«, fragte Bagg.
»Ich war allein. Im Dunkeln. Er hatte mich … an einen anderen Ort gebracht.«
»Ihr seid befreit worden«, sagte er.
Janath untersuchte ihre formlose, grobe Tunika. »Befreit«, sagte sie leise.
»Das Untergewand war alles, was wir auf die Schnelle finden konnten«, sagte Bagg. »Natürlich werden wir uns darum kümmern, Eure Kleidung so schnell wie möglich zu … äh … verbessern.«
»Ich bin geheilt worden.«
»Eure körperlichen Wunden, ja.«
Sie verzog das Gesicht und nickte. »Die anderen sind schwerer zu fassen.«
»Ihr wirkt bemerkenswert … gesund, Janath.« Sie blickte zu ihm auf. »Du weißt, wer ich bin.«
»Mein Herr war einst einer Eurer Schüler.« Er sah, wie sie versuchte, an ihm vorbei zu schauen, erst auf der einen, dann auf der anderen Seite. Verwirrt drehte Bagg sich um und stellte fest, dass Tehol sich hin und her bewegte, um dafür zu sorgen, dass sein Diener sich immer zwischen ihm und der Frau im Bett befand. »Tehol, was macht Ihr?«
»Tehol? Tehol Beddict?«
Bagg wirbelte herum und sah, wie Janath ihre Tunika zusammenraffte und da und dort an ihr zog, um so viel wie möglich von ihrem Körper zu bedecken.
»Dieses lüsterne, armselige Würmchen? Bist du das, Tehol? Versteckst du dich hinter dem alten Mann? Nun, du hast dich anscheinend überhaupt nicht verändert. Zeige dich auf der Stelle!«
Tehol trat in ihr Blickfeld. »Hört auf«, wehrte er sich. »Ich bin nicht mehr Euer Schüler, Janath! Außerdem solltet Ihr wissen, dass ich längst über Euch hinweg bin. Ich habe schon … seit … Jahren nicht mehr von Euch geträumt! Seit Monaten!«
Sie zog die Brauen hoch. »Seit Wochen?«
Tehol richtete sich ein bisschen gerader auf. »Es ist allgemein bekannt, dass die Irrtümer, denen ein Mann als Heranwachsender unterliegt, sich bei besagtem Mann auch als Erwachsenem flüsternd zurückmelden, wenn er schläft. In seinen Träumen, meine ich. O ja, in der Tat, den reinsten Alpträumen …«
»Ich hege starke Zweifel daran, dass ich in deinen Alpträumen vorkomme, Tehol«, sagte Janath. »Obwohl du in meinen vorkommst.«
»Ach, tatsächlich? Ich war nicht erbärmlicher als irgendein anderer verliebter Schüler - oder doch?«
Darauf
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