SEAL Team 12: Bittere Vergangenheit (German Edition)
auf der Veranda stehen und genoss die frische Luft nach dem Regen am Vortag. Über dem Haus gegenüber ging die Sonne auf und färbte den Himmel buttergelb. Viel lieber hätte sie den Sonnenaufgang über dem Atlantik bewundert, doch die Pflicht rief, und sie musste los. Wenigstens konnte sie am Wochenende Überstunden abfeiern.
Eine Tür fiel zu, woraufhin sie zu Joe Montgomerys Haus hinübersah. Sie beobachtete, wie er zu seinem Jeep humpelte. Er trug seine Paradeuniform mitsamt Goldtressen und glänzenden Messingknöpfen und auf dem Kopf eine schicke Schirmmütze. Sie fragte sich, für welche Aufgabe er sich wohl so herausgeputzt hatte.
Als spürte er ihren prüfenden Blick, drehte er sich zu ihr um und stoppte. Trotz des Schattens unter seiner Schirmmütze erkannte Penny die tiefen Falten um seine Mundwinkel.
»Guten Morgen!«, rief sie über den Rasen. Hatte er seit seiner Rückkehr überhaupt geschlafen? Jede Nacht war das Licht im Haus an geblieben.
»Morgen«, grummelte er zurück. Dann sah er weg und ging verbissen weiter zu seinem Jeep.
Sie sah bekümmert zu, wie er einstieg und seinen Wagen langsam rückwärts von der Auffahrt auf die Straße setzte.
Früher war er immer wie der Teufel gefahren.
Penny ermahnte sich kopfschüttelnd, sich nicht um ihn zu sorgen. Im Portsmouth Naval Medical Center warteten jede Menge Patienten darauf, dass sie ihnen ihre Aufmerksamkeit schenkte.
Joe wäre am liebsten gestorben. Die Qualen in seiner Brust schienen so viel Raum einzunehmen, dass für Sauerstoff kaum noch Platz blieb. Seine Augen brannten. Ihm zitterten die Knie, während er auf Smileys Beerdigung zusammen mit den übrigen SEAL s in Formation stand.
Der Nationalfriedhof von Arlington war in eine Palette von herbstlichen Farben getaucht. Die unzähligen Grabsteine waren von bunten Chrysanthemen gesäumt. Zinnoberroter Ahorn und goldene Eichen fassten das Gelände ein. Machte sich die Natur über ihn lustig? Wie konnte sie in Gegenwart des Todes dermaßen lebendig leuchten?
Die Luft war erfüllt von Lilienduft. Smileys mit dem Sternenbanner geschmückter Sarg lag inmitten der Blüten.
Der Hornist hob sein Instrument an die Lippen und spielte die reinsten Noten, die Joe jemals gehört hatte. Sie trafen ihn mitten ins Herz.
Day is done. Gone the sun. From the lakes. From the hills. From the sky. All is well. Safely rest. God is nigh .
Bumm . Die erste Salve der sieben M14-Gewehre zerriss die Stille. Joe drückte die Knie durch, damit sie nicht unter ihm nachgaben. Er hatte vor Augen, wie Nikko das Bewusstsein verlor und Curry mit sich zu Boden zog.
Bumm . Mörsergranaten schlugen ein und ließen den Berg erzittern.
Bumm . Der Hubschrauber ging in einem Feuerball auf, eine Welle sengender Hitze breitete sich aus und riss Joe mit sich.
Er wankte. Die links und rechts neben ihm stramm stehenden Männer rückten näher. »Sir?«, erkundigte sich einer von ihnen leise.
»Alles gut«, krächzte Joe, doch das stimmte nicht.
Wenn die Männer wussten, dass er Smileys Einsatzleiter gewesen war, hatten sie die Umsicht, es sich nicht anmerken zu lassen. Wenn sie es nicht wussten, würden sie auch nie darauf kommen. Offiziere mittleren Alters traten nicht an die Stelle ausgebuffter, erfahrener Chiefs. Das war eine unerhörte Verletzung der Integrität von Dienstgraden.
Warum also hatte er so gehandelt?
Hinter Smileys trauernden Angehörigen wartete, für den Moment gebändigt, die Presse, die keine Ahnung hatte, dass er der einzige Überlebende dieser furchtbaren Katastrophe war.
Großer Gott, mach, dass das so bleibt.
Da musst du jetzt durch , sagte sich Joe und rang um Fassung. Es war so gut wie vorbei. Das Beisetzungskommando trat vor und faltete die Flagge in Erinnerung an die Hüte der Kämpfer im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zu einem Dreispitz. Admiral Johansen übergab sie Smileys Mutter, die sie wie ein Baby in den Armen wiegte, so wie sie es einst mit ihrem Sohn getan hatte.
Joe schloss die Augen. Er konnte das unmöglich mit ansehen.
Die Ehrengarde zog sich zurück. Nun war es an den SEAL s, sich zu ordnen und eine Reihe zu bilden. Joe fummelte an seinem SEAL -Trident, um es loszubekommen. Seine Finger waren noch immer geschwollen und empfindlich. Durch den Tränenschleier vor seinen Augen konnte er noch dazu kaum etwas sehen. Er folgte dem Mann vor ihm, und dann war er an der Reihe, seine Nadel in den Sargdeckel zu rammen.
Rums . Halb blind schaffte er es irgendwie, sie an denen der
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