Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SEAL Team 12: Gefährliche Suche (German Edition)

SEAL Team 12: Gefährliche Suche (German Edition)

Titel: SEAL Team 12: Gefährliche Suche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marliss Melton
Vom Netzwerk:
im Waschraum der Herrentoilette wartete, kam er sich vor, als wäre er im falschen Film.
    Bei einem Baby wusste er, was er zu tun hatte: es füttern, Windeln wechseln, Schlaflieder singen. Aber Silas war schon eine eigenständige Persönlichkeit und in mancher Hinsicht bereits selbstständig, in manch anderer jedoch hilflos. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie er mit ihm umgehen sollte.
    Kurz darauf kam sein Sohn in trockenen Sachen aus der Toilettenkabine. Solomon musterte ihn kurz, dann hob er die nassen Hosen vom Boden auf, fand eine Mülltüte aus Plastik und stopfte sie hinein. Der nächste Waschtag würde sicher interessant werden.
    »Wasch dir die Hände«, wies er den Jungen an. »Hast du Hunger?«
    Nebeneinander seiften sie sich ein. Silas’ Finger wirkten im Vergleich zu Solomons klein und pummelig.
    »Hör zu, Sohnemann«, unternahm Solomon einen neuen Versuch, als er Silas ein Papierhandtuch reichte. »Du musst schon mit mir reden«, drängte er. »Ich kann dir nicht von den Augen ablesen, was du willst.«
    Zu seiner Bestürzung fing Silas’ kleines Kinn zu zittern an, und die großen Augen des Kindes füllten sich mit Tränen.
    Der Anblick brachte Solomon dazu, sich auf den Boden zu knien. Er zog die steife kleine Gestalt an sich und drückte sie fest. »Ich habe auch Angst«, krächzte er dem Jungen ins Ohr, froh darüber, dass niemand sonst Zeuge dieses peinlichen Moments wurde. »Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, warst du noch ein Baby«, fügte er heiser hinzu, »da konnte ich dich noch in meinen Armen wiegen.«
    Erleichtert merkte er, wie Silas sich an ihn schmiegte.
    »Guck mal«, fuhr er fort, während er sich aufrichtete und den Jungen hochhob. »Guck in den Spiegel und sag mir, was du da siehst.« Er schmiegte seine Wange an die seines Sohnes.
    Silas sagte kein Wort, betrachtete jedoch ihrer beider Spiegelbilder – das dunkle Haar, die hellgrauen, von dunklen Wimpern umrahmten Augen. »Wir gleichen uns«, antwortete Solomon anstelle des Jungen. »Du stammst von mir ab, siehst du? Wir gehören zusammen.«
    Silas suchte seinen Blick. »Hast du mir vorgesungen, als ich noch klein war?«, fragte er unvermittelt.
    Solomon blieb für einen Moment das Herz stehen, als ihm klar wurde, dass er seinen Sohn gerade zum allerersten Mal sprechen gehört hatte – und zwar in einem breiten Südstaatendialekt und lispelnd, denn dem Kleinen fehlten die Schneidezähne.
    Vor lauter Gefühlen verschlug es ihm die Sprache, sodass er nicht sofort antworten konnte. »Ja, hab ich«, krächzte er schließlich und verfiel dabei in den Dialekt seiner Heimat Maine.
    »Was hast du denn gesungen?«, wollte Silas wissen.
    »Das verrat ich dir später«, versprach Solomon, »wenn wir erst in Virginia sind.« Bis dahin würden sie noch zwölf Stunden unterwegs sein. Diesmal wollte Solomon keinen Zwischenstopp einlegen. Er konnte es nicht erwarten, mit seinem Sohn zu Hause anzukommen.
    Bis zum nächsten Mittag hatte Solomon sich gedanklich bereits eine Liste der Dinge gemacht, die er in seinem Leben würde ändern müssen, um darin Platz für einen Sechsjährigen zu schaffen. Dass er auf einem Hausboot lebte und Silas nicht schwimmen konnte, machte die Sache nicht gerade leichter.
    »Tante Ellie sagt, wir locken die Alligatoren an, wenn wir im Bach schwimmen«, hatte Silas am Morgen gemeint, als Solomon ihn zum ersten Mal den Pier entlang und zu seinem Zuhause führte. Das Marschland rings um die Bucht war von der aufgehenden Sonne in goldenes Licht getaucht worden.
    »So weit oben im Norden gibt es keine Alligatoren«, hatte Solomon erklärt und sich als Erstes vorgenommen, seinem Sohn das Schwimmen beizubringen.
    Erschöpft und emotional mitgenommen wie er war, hätte er sich am liebsten in sein Kapitänsbett fallen lassen und sich gründlich ausgeschlafen. Doch Silas, der die ganze Nacht im Truck geratzt hatte, war hellwach. Er hatte seine Schüchternheit ein wenig abgelegt und sich in einen scheinbar nie versiegenden Quell der Fragen verwandelt.
    »Was ist das? Wie geht das?«
    Das Hausboot war vollgestopft mit Kuriositäten, die Silas’ Fantasie beflügelten, sodass Solomon es nicht wagte, sich in sein Schlafzimmer zurückzuziehen.
    Jeder Winkel, jeder Kasten, jede Schublade und jeder Schrank wurden von Silas genauestens untersucht – und es gab Dutzende; Harley, der ein meisterlicher Handwerker war, hatte sie alle eigens angefertigt und eingebaut. Auch die zum Maschinenraum führende Bodenklappe hatte der

Weitere Kostenlose Bücher