SEAL Team 12: Gefährliche Suche (German Edition)
räumte Señora Nuñez schließlich zögerlich ein, »wenn Sie einen Anwalt finden, der die Papiere unterschreibt, und ihn dazu bevollmächtigen, die noch ausstehende Summe von zehntausend US -Dollar an uns zu überweisen. Anschließend müssten Sie Miguel nach Caracas in die US -Botschaft bringen und dort die letzten Formalitäten erledigen.«
Jordan machte sich klar, was für eine Herkulesaufgabe sie da erwartete. Sie würde Geld brauchen – nicht nur die Gebühr für Miguels Adoption, sondern genug, um die Flüge für sie beide zu bezahlen. »Das schaffe ich«, versprach sie, während der Schweiß, der ihr auf der Stirn stand, in ihrem klimatisierten Arbeitszimmer im Nu trocknete. »Schicken Sie die Unterlagen und die Anweisungen für das weitere Vorgehen einfach an meine Heimatadresse.«
»Wie Sie wünschen, Señora Bliss«, antwortete die Frau am anderen Ende der Leitung widerstrebend. »Die Papiere müssten in fünf bis zehn Tagen bei Ihnen sein.«
»Danke«, hauchte Jordan. Dann legte sie langsam auf. Angesichts der Verpflichtung, die sie sich gerade aufgeladen hatte, fühlte sie sich wie betäubt. Es war eine Sache, ein Kind über eine Agentur zu adoptieren, aber etwas ganz anderes, es aus einem vom Krieg erschütterten Land zu holen und es praktisch im Alleingang mit dem dortigen Rechtssystem aufzunehmen.
Ein kräftiges Klopfen an der Tür riss Jordan aus ihren sorgenvollen Gedanken. Das Geräusch beschwor unwillkürlich das Bild eines Mannes herauf, das sich ihr wie ein Splitter tief ins Gedächtnis gegraben hatte.
Das ist er nicht
, beruhigte sie sich und ging aufmachen.
Durch die schmale Scheibe neben der Tür entdeckte Jordan einen kleinen Jungen, der etwa im Alter ihrer Schüler war.
Wer um alles in der Welt …
? Als sie die Tür öffnete und damit einen Schwall warme Sommerluft hereinließ, rutschte ihr das fragende Lächeln vom Gesicht.
»Sie!«, platzte sie heraus, erstaunt darüber, dass ihr sechster Sinn so gut funktioniert hatte. Solomon McGuires heller Blick traf sie wie ein Faustschlag, und sie bekam kaum Luft.
»Hallo auch«, sagte er. Beim Klang seiner Stimme stellten sich ihr die Nackenhaare auf.
»Was wollen Sie?«, fragte sie. Nach dem Telefonat fühlte sie sich ohnehin schon bis ins Mark erschüttert.
»Tja, um gleich zur Sache zu kommen: Jordan, das ist mein Sohn Silas«, erklärte er und bestätigte damit ihre Annahme. »Es ist eine lange Geschichte, aber ich habe ihn fünf Jahre lang nicht gesehen.«
War das der verlorene Sohn aus dem Gedicht? Aus der Miene des SEAL s ließ sich nichts ablesen. »Hallo Silas«, sagte sie und schaute den Jungen an.
Das Kind blickte mit großen, quecksilbergrauen Augen zu ihr hoch, während es sich hinter seinem Vater versteckte.
»Sag auch Hallo«, soufflierte Solomon und schob Silas dabei zurück an seine Seite.
»Auch hallo«, flüsterte der Junge.
Jordans Mundwinkel zuckten. Dem Kleinen fehlten die beiden oberen Milchzähne. Er war zu niedlich, und das trotz seiner Ähnlichkeit mit Solomon McGuire. »Gratuliere«, wandte sie sich an den Mann, der sie von ihrem eigenen Kind getrennt hatte. Sie funkelte ihn an, wappnete sich gegen den Anblick seines breiten Oberkörpers, des muskulösen Halses und vor allem gegen seine Augen, die sie förmlich zwangen – nein, ihr
befahlen
, etwas zu unternehmen.
»Ich brauche jemanden, der sich um ihn kümmert«, ließ er die nächste unerwartete Neuigkeit vom Stapel. »Seine Mutter ist tot, und ich arbeite von morgens bis abends. Obwohl er bald in die Schule kommt, kann er noch nicht lesen.«
Und was geht mich das an
?, hätte Jordan am liebsten zurückgegeben, doch ein Blick in Silas’ unschuldiges, erwartungsvolles Gesicht brachte sie dazu, die Worte hinunterzuschlucken. So etwas wie Eifersucht überkam sie. »Es tut mir leid«, sagte sie, wobei sie aus Rücksicht auf den Jungen einen freundlicheren Ton anschlug. »Ich kann nichts für Sie tun.« Ihm musste doch klar sein, dass er Salz in eine offene Wunde streute.
Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. »Sie sind doch Lehrerin, oder?«, wollte er wissen.
»Ja, bin ich. Was hat das damit zu tun?«
»Also haben Sie den Sommer über Urlaub.«
»Ich fliege zurück nach Venezuela«, zischte sie durch die Zähne. »Um
meinen
Sohn zu holen.«
Das machte ihn sichtlich fassungslos. »Was? Sind Sie noch ganz bei Trost? Nach allem, was meine Männer und ich getan haben, um Sie da rauszuholen?« Auf seiner Stirn trat eine v-förmige Ader
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