SEAL Team 12: Gefährliche Suche (German Edition)
aufging und das Gesicht von Pater Benedict zu erkennen war. »Jordan!«, rief er und warf einen Blick über ihre Schulter. Beim Anblick der Soldaten machte der Priester die schwere knarrende Tür auf, zog Jordan ins Innere der Kirche, schlug das Portal wieder zu und legte einen Riegel davor.
»Jordan«, wiederholte er noch einmal, »was machen Sie denn hier?« Sein Gesicht wirkte in dem düsteren Vorraum ziemlich fahl.
»Ich bin natürlich wegen Miguel hier.«
»Miguel? Aber –«
»Aber was?«, fragte sie, und ihre Stimme klang vor Schreck ganz schrill.
»Erst heute Morgen war eine Dame von der US -Botschaft hier«, verkündete der Pater verwirrt. »Sie hat mir ein Schriftstück gezeigt, in dem stand, dass sie Miguel zu Ihnen nach Hause begleiten würde.«
Plötzlich schien sich alles um sie herum zu drehen. Bei der Frau musste es sich um Solomons Kontaktperson handeln, die sich dazu bereit erklärt hatte, Miguel bei der Evakuierung der Botschaft mitzunehmen. »Nein!«, platzte Jordan heraus, dermaßen tief enttäuscht, dass sie umgekippt wäre, hätte der Priester sie nicht aufgefangen.
Als jemand gegen die Tür polterte, schreckten sie zusammen. »Sie werden es nicht wagen, die Tür aufzubrechen«, flüsterte Pater Benedict zuversichtlich, während er sie tiefer in das Kirchenschiff zog. »Kommen Sie herein, dann besprechen wir die Lage.«
»Aber ich muss zu Miguel«, protestierte Jordan.
»Das wird nicht möglich sein«, gab er grimmig zurück.
Der Lärm am Portal hatte aufgehört. Als sie schließlich im Altarraum stehen blieben, wurde das Priestergewand in das durch die Buntglasfenster fallende Licht getaucht.
»Die Frau, die heute Morgen kam – Lucy Donovan –, wusste nicht, ob sie in die Stadt würde zurückkehren können. Die Populisten marschieren augenblicklich in Caracas ein.«
Noch mehr schlechte Nachrichten. »Aber ich muss Miguel holen. Ich habe Schriftstücke, die von einem Anwalt unterzeichnet werden müssen. Und ich habe das Geld, um ihn zu bezahlen.«
Sie zuckte zusammen, als der Priester sie umarmte. »Friede, Jordan«, murmelte er inbrünstig. »Wir müssen beten und uns Ihren nächsten Schritt überlegen. Gott hat Sie bis hierher geführt. Er wird Ihnen auch weiterhin beistehen«, versprach er.
Jordan schluckte schwer.
Schön
, dachte sie,
aber weiß Gott auch, dass mein Visum in vier Tagen abläuft
?
Sechs Stunden später hatte Pater Benedict Señor Lorenzo, den Anwalt, der das Geld für Miguel entgegennehmen sollte, in die Kathedrale zitiert. Er beschaffte Jordan einen Platz im Bus nach Caracas und erklärte sich sogar dazu bereit, sie zum Bahnhof zu begleiten.
Traurig sagte Jordan dem Priester Lebewohl, da sie nicht wusste, ob sie ihn jemals wiedersehen würde.
»Es tut mir leid, dass ich nicht zum Busbahnhof mitkommen kann«, entschuldigte dieser sich. »Ich bin dort draußen ein ziemlich begehrter Mann«, ergänzte er spöttisch lächelnd.
»Danke für alles, vor allem dafür, dass Sie auf Miguel aufgepasst haben.«
»Das Vergnügen war ganz meinerseits, Jordan. Gehen Sie jetzt. Und passen Sie gut auf sich auf.«
Am Busbahnhof harrte sie bis zum allerletzten Moment im Wagen des Anwalts aus, wodurch sie den letzten freien Platz bekam und zwischen einem offenen Fenster und einer Frau, die ein Schwein auf dem Schoß hatte, saß. Dankbar ließ sie sich nieder, zog sich die Kappe über die Augen und versuchte zu schlafen. Vor ihr lagen viele lange Stunden Fahrt.
Doch das Schwein zappelte ohne Unterlass, und der Bus rumpelte durch etliche Schlaglöcher, sodass Jordan mit der Schläfe gegen das Fenster prallte und aus ihrem leichten Dösen hochschreckte. Gelegentliche Gewehrsalven in der Ferne ließen sie vor Angst die Mütze aus der Stirn schieben.
Es war genau so, wie Solomon es vorhergesagt hatte. Jordan gefror das Blut in den Adern: Venezuelas Streben nach Demokratie war zum Scheitern verurteilt. Würde sie Miguel überhaupt hier herausbringen können, bevor die Populisten die Herrschaft ganz an sich rissen?
Der Nachmittag ging in den Abend über. Ein orangeroter Sonnenuntergang lenkte Jordans Aufmerksamkeit auf die weiten Ebenen im Westen. Bei der wilden, rauen Anmut des unerschlossenen Landes musste sie an Solomon denken und Bedauern überkam sie. Sie spürte einen Stich im Herzen, gefolgt von einem schmerzlichen Gefühl der Leere. Er und Silas schienen so weit weg zu sein.
Miguel war ihr einziger Trost –
falls
sie ihn finden würde und
falls
sie ihn rechtzeitig
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