SEAL Team 12: Geheime Lügen (German Edition)
zu einem frechen, raspelkurzen Schnitt gestutzt, wie er typisch für Soldaten war.
»Fertig « , vermeldete Chase und bürstete über Kendals Nacken und Ohren, wobei dieser zusammenzuckte. Dann nahm er dem Jungen den Umhang ab.
Kendal drückte sich mit dem Blick eines waidwunden Tiers an seiner Mutter vorbei, ließ sich vor dem Fernseher nieder und schmollte.
»Das wächst wieder « , rief ihm Chase nach und machte Sara gegenüber eine bedauerndes Gesicht. »Tut mir echt leid, vielleicht hätte ich ’nen anderen Scherkopf nehmen sollen « , brummte er.
»Schon gut .« Die Entschuldigung beschwichtigte sie. Von Garret war in elf Jahren keine einzige gekommen.
Sara glitt an Chase vorbei, ging neben der Badewanne in die Knie und hielt den Kopf unter den Wasserhahn.
Warmes Wasser rauschte ihr über die Ohren, gelbbraune Brühe floss in den Ausguss. Im nächsten Moment bemerkte sie, dass Chase hinter ihr stand.
»Sie haben was vergessen « , sagte er, umfasste daraufhin sanft ihren Kopf, schob ihn unter den Wasserstrahl und achtete darauf, dass die gesamte überschüssige Farbe ausgewaschen wurde.
Sara schnappte nach Luft.
Als er sie behutsam berührte, konnte sie die Kraft seiner Finger bis in die Zehenspitzen spüren.
»Fertig « , sagte er und drehte den Wasserhahn zu.
Sara quetschte die Pflegespülung aus der Tube in eine Handfläche und verteilte sie zügig im Haar.
Ehe Chase ihr noch einmal zur Hand gehen konnte, wusch sie das Zeug lieber aus, ohne die angegebenen zwei Minuten abzuwarten.
Nachdem er ihr ein Handtuch um den Kopf gelegt hatte, kam sie wackelig auf die Beine und fragte sich, wann er sie endlich allein lassen würde.
»Wie soll ich Ihre Haare schneiden ?« , fragte er sie.
»Oh .« Sie wickelte sich das Handtuch um den Kopf, während sie hinzufügte: »Das mache ich lieber selbst .« Obwohl Kendals Haarschnitt durchaus professionell ausgesehen hatte.
»Nur zu, bedienen Sie sich « , meinte Chase. »Aber Tarnung ist mein Beruf. Ich weiß, wie ich Ihr Aussehen verändern kann « , ergänzte er.
Sara war sich unschlüssig. Sie zog das Handtuch vom Kopf und sah ihn an.
»Vertrauen Sie mir « , sagte er mit einem unwiderstehlichen Blick aus seinen blauen Augen.
Sie wollte es. Am liebsten hätte sie sich ihm vollkommen anvertraut. Wenn er sich doch bloß so verhalten würde wie der entspannte Cowboy, der sie in San Diego gerettet hatte, statt permanent diesen strengen, einsilbigen Kommandoton anzuschlagen.
»Also gut « , willigte sie ein, entschlossen, es drauf ankommen zu lassen. Dann ging sie vor dem Spiegel in Stellung.
»Die Farbe steht Ihnen « , bemerkte er, hob die Bürste und entwirrte ihr schulterlanges Haar.
Das fand sie auch. Zu beobachten, wie er sie kämmte, brachte sie allerdings auf andere Gedanken. Er war etwa eins dreiundachtzig groß und damit einige Zentimeter kleiner als Garret, hatte dafür aber doppelt so breite Schultern, wodurch sie neben ihm vergleichsweise zierlich wirkte.
»Als Kind war ich blond « , gestand sie. Man hatte ihr einmal gesagt, sie sehe Meg Ryan ähnlich, aber das war lange her, weit bevor sie begonnen hatte, ihre Flucht zu planen.
Chase legte die Bürste beiseite und griff nach der Schere. Zuerst schnitt er zehn Zentimeter von ihrem Haar ab.
Sara schnappte nach Luft.
»Irgendwo muss ich ja anfangen « , erklärte er mit einem verschmitzten Ausdruck in den Augen.
Dann ließ er seine Finger dicht über der Kopfhaut in ihr Haar gleiten. Er zupfte, schnippelte, und sechs weitere Zentimeter fielen, dann folgte ein zweiter Durchgang, doch diesmal fühlte es sich wie Streicheleinheiten an, denen er immer weitere folgen ließ.
Sara entspannte sich allmählich. Statt sich nervös zu fühlen, war sie sich nun der Gegenwart eines Mannes nur allzu bewusst, der sie auf eine Weise berührte, wie Garret es nie getan hatte. Obwohl es dabei nicht um Sex ging, fühlte sie sich unglaublich feminin.
»Haben Sie vor, Ihren Namen zu ändern ?« , fragte Chase. Er schien genau zu wissen, was er tat, denn er arbeitete sich ohne jedes Zögern von vorn zum Hinterkopf vor; Strähne um Strähne fiel zu Boden, auf die dunkleren Haare, die Kendal gelassen hatte.
Was konnte es schaden, es ihm zu sagen? »Serenity « , erklärte sie. Sie hatte sich schon für den Namen entschieden, als ihr unmittelbar nach Kendals Geburt zum ersten Mal der Gedanke gekommen war, ihren Mann zu verlassen.
Er warf ihr im Spiegel einen Blick zu, der ihr durch und durch ging. »Serenity.
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