SEAL Team 12: Geheime Lügen (German Edition)
nächsten Tage bestimmt mal vorbei .«
»Das will ich dir raten « , ermahnte sie ihn und tätschelte seine Wange. »Es ist so schön, dich mal wieder zu sehen. Deine Mutter wäre so stolz auf dich. Besuch uns bald « , sagte sie noch, bevor sie ihn vom Haken ließ. »Wir haben so viel nachzuholen .«
Unter neugierigen Blicken ging Chase seine Einkäufe bezahlen. Mit der Anonymität war es jetzt vorbei. Spätestens am nächsten Morgen würde jeder in Broken Arrow, den er je gekannt hatte, wissen, dass er wieder da war – darauf hätte er glatt den Inhalt seiner Brieftasche verwettet.
Mrs Goodner war so informativ wie die Lokalzeitung, was bedeutete, dass Sara – Serenity – für die Dauer ihres Aufenthalts möglichst den Ball flach halten musste.
»Kendal !« Sara rief den Namen ihres Sohnes lauter, erntete aber trotzdem bloß Schweigen. »Kendal ?« Besorgt lief sie aus der Küche, in der sie aufgeräumt hatte, zu Chase’ altem Kinderzimmer, doch Kendal und der Hund waren verschwunden.
Keine Panik , sagte sie sich und rannte zur Vordertür, die sie unverschlossen fand. Der Junge war also schon vor ihr hier gewesen. »Kendal !« , rief sie von der Veranda. Ihre Stimme ging auf dem weiten Grundstück unter. Der süße Geruch des Präriegrases war eine willkommene Abwechslung von der stickigen Luft im Haus.
»Ich bin hier !« , kam eine Antwort aus Richtung des Hickorybaums. »Guck mal, Mom !«
Kendals Aufforderung klang so dringlich, dass sie die Stufen und die Auffahrt hinuntersauste. Endlich entdeckte sie ihren Sohn im Schatten der mächtigen Baumkrone.
»Was machst du denn da ?« , fragte sie. Dann sah sie, was seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Drei – nein, Moment – vier Grabsteine ragten zwischen dem hohen Gras hervor. »Du meine Güte « , rief sie und blieb wie angewurzelt stehen.
»Eine Inschrift habe ich entziffert « , sagte Kendal und teilte das Gras über dem Stein direkt vor ihm. Sie lautete: Jeremiah Blackbird, 1923–1983 . »Das war Chase’ Großvater « , verkündete er aufgeregt. »Der Creek-Indianer, der Chase beigebracht hat, wie man Rotfüchse zähmt .«
»Echt ?« , staunte Sara, während sie sich fragte, wann Chase diese haarsträubende Geschichte zum Besten gegeben haben mochte.
»Wer das hier war, weiß ich nicht « , sagte Kendal, wobei er auf einen mit Flechten überwachsenen Grabstein zutrat.
Aaron McCaffrey, 1947–1976 , las Sara. »Wahrscheinlich Chase’ Vater « , vermutete sie angesichts des gemeinsamen Nachnamens, den Mann mit den blonden Locken von dem Familienfoto vor Augen.
»Und hier ist ein kleiner « , fuhr Kendal fort und zeigte auf einen winzigen Grabstein aus Marmor, der beinahe im Gras verschwand.
Sara bückte sich, um die Inschrift zu lesen. Ein Engel saß am Fuß des Steins, und eingraviert war nur der Name Blessing, woraus sie schloss, dass dies das Grab eines Kindes sein musste. Februar–April 1984 . Oh Gott, hatte Chase eine kleine Schwester gehabt?
Sara ahnte bereits, was sie erwartete, als sie sich dem letzten Grabstein zuwandte. Sie teilte das ringsum wuchernde Gras und las: Marileigh Sawyer, 1947–1985 . Trotz des anderen Nachnamens war ihr klar, dass es sich um Chase’ Mutter handelte.
»Wer ist Mary -?« Kendal stolperte über den Namen.
»Marileigh « , vermutete Sara, indem sie den Namen wie Merrily – fröhlich – aussprach. »Sie muss Chase’ Mutter gewesen sein .«
Kendal blickte ruckartig zu ihr auf. »Wieso sind alle gestorben ?« , fragte er verängstigt.
»Ich weiß es nicht, mein Schatz « , antwortete sie und legte ihm eine Hand auf die schmale Schulter. »Das passiert manchmal eben .« Wie sie so die vier Grabsteine betrachtete, fiel ihr die Tätowierung an Chase’ linkem Arm wieder ein. Er hat sie überallhin mitgenommen , ging ihr auf, wobei es ihr eiskalt den Rücken hinunterlief.
Im Schatten des Baums sah Kendal sie mit glänzenden Augen an. »Ich will aber nicht, dass du stirbst « , hauchte er.
Daraufhin bekam sie am ganzen Körper eine Gänsehaut. »Ich werde auch nicht sterben, Liebling « , beruhigte sie ihn, und etwas in seiner Miene veranlasste sie dazu hinzuzufügen: »Jedenfalls noch sehr lange nicht. Warum sagst du so etwas ?«
Offenbar war er nicht in der Lage, ihr eine Antwort zu geben, denn er schüttelte nur mit dem Kopf.
»Denkst du an Mr Whiskers ?«
Kendal schluckte schwer. »Als Daddy ihn erwürgt hat, sind ihm die Augen aus dem Kopf gequollen .«
»Oh Schatz « , murmelte sie und legte
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