SEAL Team 12: Geheime Lügen (German Edition)
seinem Blickfeld.
Chase robbte Zentimeter um Zentimeter durchs Gras. Aus seinen Kleidern sickerte lautlos Wasser. Das Jagdgewehr lag immer noch ein ganzes Stück weit von ihm entfernt. In der Hoffnung, dass es geladen war und nicht klemmte, streckte er eine Hand danach aus. Mit einer wasserdichten Pistole wäre Garret längst tot gewesen.
»Sie sind nicht das Gesetz, Captain Garret « , blieb Hannah am Ball, die hinter ihrer Autotür Deckung suchte, während sie mit Garret sprach. »Sie sind Jurist im Dienste der Marine der Vereinigten Staaten von Amerika und haben geschworen, das Gesetz zu vertreten, welches Mord klar unter Strafe stellt .«
»In meinem Haus bin ich das Gesetz « , schwadronierte Garret weiter. »Ich habe Gehorsam und Treue erwartet und bin verraten worden … «
»Es gibt Gesetze, die mehr gelten « , fiel Hannah ihm ins Wort und versuchte so, ihn zum Weiterreden zu animieren, um Chase ein bisschen mehr Zeit zu verschaffen.
»Nicht, wenn das Gesetz mir nichts anhaben kann .«
Chase erkannte den Tonfall eines Menschen, der sich anschickte, etwas Unabänderliches zu tun. Als das Jagdgewehr nur noch Zentimeter von ihm entfernt lag, stürzte er sich darauf. Automatisch umschloss er mit den Fingern den Kolben und hob es auf. Dann zielte er und schoss – Peng ! Die Kugel traf Garret, den es brutal von den Beinen riss, mitten in die Schläfe. Sara ging mit ihm zu Boden. Noch im Fallen löste sich aus Garrets Waffe ein Schuss.
Nein! Chase rappelte sich auf, sein Herzschlag setzte für einen Moment lang aus, und er glaubte, über seine eigenen Beine stolpern zu müssen, als er zu der Stelle rannte, an der beide lagen. Garrets lebloser Körper lag auf Sara, doch Chase brachte es nicht fertig, sich zu ihr herunterzubeugen und den Kerl einfach beiseitezuschieben.
Was, wenn er herausfand, dass Sara tot war?
Hannah und Dean schlossen zu ihm auf und übernahmen es, Garret wegzuzerren. Sara lag mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund wortlos da. Dann blinzelte sie auf einmal und begann zu husten. Chase’ Beine gaben nach.
Er ging neben ihr zu Boden, schloss sie in seine Arme, wiegte sie wie in Kind und stöhnte immer wieder: »Oh Gott, oh Gott … «
»Sind Sie verletzt ?« , fragte Hannah, während sie ihm einen ganz merkwürdigen Blick zuwarf.
»Nein « , keuchte Sara. »Ich krieg bloß keine Luft mehr « , erklärte sie und musste abermals trocken husten.
»Es überrascht mich, dass seine Waffe überhaupt noch funktioniert hat « , meinte Cannard, als er die Pistole näher untersuchte und dabei das aus dem Lauf tropfende Wasser bemerkte.
Hannah richtete ihre Aufmerksamkeit auf den im Truck eingeschlossenen Kenny. »Hey, Kumpel « , sagte sie sanft und ging zu ihm, um ihn zu beruhigen. »Du bist jetzt in Sicherheit. Möchtest du aussteigen ?«
Die Verriegelung klickte. Kendal stieg aus und fiel sofort auf die Knie. Ganz offensichtlich erging es ihm wie Chase. »Mama « , krächzte er und krabbelte auf Sara zu.
Hannah stellte sich vor Garrets Leiche, damit Kendal diese nicht sehen konnte. Und auch Chase fand dadurch unvermittelt wieder zu sich. Er wollte nicht, dass Sara oder ihr Sohn das Loch in Garrets Kopf entdeckten.
»Gehen wir « , forderte er beide auf und stand unsicher auf.
Gemeinsam liefen sie über den Waldweg und ließen Hannah und Dean stehen, welche die Polizei von Wagoner davon in Kenntnis setzten, dass die Gefahr bereits gebannt war.
Schließlich setzten sich die drei in der Nähe jener Stelle, an der Chase aus dem Wasser gestiegen war, ans Ufer des Sees. Er lehnte sich gegen einen Baum und zog Sara näher an sich heran. »Du bist klitschnass « , flüsterte sie und umarmte ihn ihrerseits, während Kendal versuchte, auf ihren Schoß zu kriechen.
Um seinen Schock zu verarbeiten, ließ Chase seinen Blick in die Zweige über ihm schweifen. Leuchtend gelb hoben sich die raschelnden Blätter der Baumkronen vom makellos blauen Himmel ab.
Und hier hätte die Geschichte enden können. Der Junge hatte sein Mädchen (und dazu einen prächtigen Burschen) bekommen. Wäre die Welt in diesem Moment stehen geblieben, hätte Chase mehr gehabt, als ihm im Leben zustand.
Aber das tat sie nicht. Sie würde sich weiterdrehen, ein Tag würde auf den nächsten folgen, und Chase würde abreisen müssen, um den Einsatz zu absolvieren, für den sie ihn einberufen hatten.
Die harte, schonungslose Realität ließ sein Herz ganz schwer werden.
Er zog die Nase hoch und blickte schmerzerfüllt
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