SEAL Team 12: Geheime Lügen (German Edition)

in Saras blaue Augen.
    »Als ich dich gesehen habe, wusste ich, dass alles gut werden würde « , sagte sie leise. »Ist er … ?«
    »Ja .«
    Ihr entsetzter Blick verriet ihm, dass sie eine Weile benötigen würde, um diese Tatsache zu verdauen. »Du hast ihn erschossen « , wurde ihr klar.
    Er schaute zu Kendal herüber, der ihn zugleich nachsichtig, aber auch anklagend ansah.
    »Ich habe getan, was ich tun musste, damit dir nichts zustößt .«
    »Danke « , hauchte sie, doch in ihren Augen standen die Tränen. »Ich hatte solche Angst. Das war schlimmer als der schlimmste Albtraum .«
    »Ja .« Er nickte.
    »Aber nun ist es vorbei « , sagte sie mehr zu sich selbst. Er erkannte, dass es ebenso lange brauchen würde, bis sie das wirklich begriff. Und dann würde sie glauben, dass sie ihn endlich lieben und mit ihm zusammenleben könnte.
    Einen Moment lang malte er sich aus, wie sie sich ein solches Leben wohl vorstellte. Wie mochte es sein, selbst gekochte Mahlzeiten zu essen statt kalter Rationen, weil man durch die Verwendung von Brennpaste riskierte aufzufliegen? Oder mit Sara im Bett seiner Mutter zu schlafen, statt auf dem unnachgiebigen Erdboden? Dabei ihren warmen, weichen Körper zu spüren, mit dem sie sich an ihn schmiegte?
    Sirenengeheul riss ihn aus seinen Gedanken. Hätte er sich doch bloß nicht entscheiden müssen. Aber er hatte keine andere Wahl. Er konnte nicht zugleich verliebt sein und als Scharfschütze arbeiten. Das war ihm noch nie so klar gewesen wie an diesem Nachmittag, als er geschockt und praktisch paralysiert dagestanden hatte. Er fühlte sich verwundbarer als jemals zuvor in seinem Leben.
    Bisher hatte ihn während der Ausübung seiner Pflicht selten etwas berührt. Was, wenn er seine Gefühl nicht ausschalten könnte und ihm diese Gleichgültigkeit fehlte, die ihn überkam, sobald der Feind in sein Schussfeld geriet?
    Gar nicht daran zu denken, dass er sich fortan womöglich immer so fühlen würde, wie in diesem Augenblick.
    Als die Neuigkeit von Garrets Ableben die Titelseite des Daily Ledger füllte, beschloss Sara, Kendal an diesem Tag aus der Schule zu lassen. Stattdessen fuhr sie mit ihm zum Verwaltungsgebäude der Lehranstalt, welches direkt an der Hauptstraße lag, um den Verantwortlichen zu schildern, was sie dazu bewogen hatte, eine falsche Identität anzugeben. Eigentlich wäre es ihr lieb gewesen, Chase hätte sie begleitet, doch er hatte gemeint, Hannah bei der Abfassung ihres Berichts zur Hand gehen zu müssen.
    Das Treffen beanspruchte einen Großteil des Vormittags, allerdings mit dem von Sara erhofften Ergebnis: Nachsicht und Verständnis seitens der Gemeinde.
    Als sie Kendal schließlich vor sich her nach draußen in die schwache Herbstsonne zu Chase’ Wagen schob, nahm sie sich einen Augenblick lang Zeit, um die Atmosphäre ihrer neuen Wahlheimat auf sich wirken zu lassen. Die malerischen Gebäude im Saloonstil und die Kirche in der Straße überzeugten sie davon, dass dies, vom gewaltsamen Protest einer Handvoll Skinheads mal ganz abgesehen, ein guter Ort war, um ihren Sohn großzuziehen. Sie würde die Schrecken der Vergangenheit hier, im Herzen Amerikas, hinter sich lassen und glücklicheren Momenten entgegensehen.
    Sara gestand nur sich selbst ein, dass ihr Glück auf ihrer Liebe zu Chase beruhte, der seine Abreise noch mit keinem Wort erwähnt hatte. Er war ihr den ganzen Abend lang kaum von der Seite gewichen. Und in der vergangenen Nacht hatte er Sara zweimal so zärtlich geliebt, dass Tränen der Erleichterung in ihre Augen getreten waren.
    Sie hielt es nur für eine Frage der Zeit, bis er das flüstern würde, was sie schon jetzt in seinen Berührungen spürte: Ich liebe dich . Jeden Augenblick konnte er sie darum bitten, auf ihn zu warten, was sie auch mit Freude tun würde, selbst wenn vier Jahre natürlich eine schrecklich lange Zeit waren. Aber vielleicht würde er sie ja besuchen kommen können, um nicht bloß ihr, sondern auch Kendal die Einsamkeit zu nehmen.
    Die Jahre würden ihr endlos erscheinen.
    Und trotzdem hatte sie das Gefühl, dass sich das Warten eines Tages auszahlen würde, wenn Chase aus der Navy ausscheiden und endgültig nach Hause käme.
    Sara verließ die Stadt mit ihren von Bäumen gesäumten Straßen und nahm den kürzesten Weg zurück zur Ranch, die Einundachtzigste hinunter, durch vier Meilen Farmland zur Oak Grove Road. Da sie jede Minute, die ihnen noch blieb, mit Chase verbringen wollte, bog sie rasant in die Auffahrt der