Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman
dagegen um ein Haar die Luft abgedreht.«
»Sie schießen weit am Ziel vorbei, Walter.«
»Erinnern Sie sich nicht? Nach Ritters Ermordung gab es Gerüchte, King sei fürs Wegsehen bezahlt worden.«
»Und trotzdem hat er den Mörder erschossen? Wie passt das denn zusammen?«
»Wer weiß? Aber schauen Sie sich doch nur mal an, wie dieser Mann heute lebt. Er wohnt in einem großen Haus und verfügt offenbar über sehr viel Geld.«
»O ja. Und hat nun einen brillanten Plan entwickelt, sich dieses schöne Leben gründlich zu ruinieren…«
»Vielleicht hat er ja jemanden geärgert. Jemanden, mit dem er vor acht Jahren einen Kuhhandel abgeschlossen hat, und der jetzt Geld von ihm verlangt.«
»Das ist doch Schwachsinn!«
»Meinen Sie? Ich glaube, Ihr Urteil ist ernsthaft getrübt, bloß weil der Kerl gut aussieht und weil ihm dauernd irgendwas zustößt. Wenn Sie endlich wieder professionell zu denken beginnen, könnte Ihr klarer Blick vielleicht zurückkehren. Aber bis dahin bleiben Sie hier am Schreibtisch und wetzen sich bei der Hockerei meinetwegen Splitter in den Hintern.«
Das Telefon klingelte, und Bishop griff zum Hörer.
»Ja? Was? Wer hat…?« Sein Gesicht lief plötzlich puterrot an. Er knallte den Hörer wieder auf die Gabel. »Sie können Ihren Urlaub haben«, sagte er leise und ohne Michelle dabei anzusehen.
»Wie bitte? Ich verstehe Sie nicht.«
»Machen Sie sich einen faulen Lenz. Und holen Sie sich, bevor Sie gehen, noch Ihre Hundemarke und Ihren Ballermann ab. Und jetzt raus aus meinem Büro, verschwinden Sie, verflucht noch mal!«
Michelle ging, bevor die höheren Mächte ihre Meinung noch einmal ändern konnten.
Im selben Gebäude, das eine verwirrte Michelle Maxwell soeben samt Pistole und Dienstmarke verließ, saßen mehrere Männer mit verbiesterten Gesichtern in einem Konferenzraum zusammen. Gemeinsam repräsentierte das Gremium den Secret Service, das FBI und den U. S. Marshal Service. Der Mann am Kopfende des Tisches legte gerade den Telefonhörer auf.
»Okay, Maxwell ist jetzt offiziell in Urlaub.«
»Also an der langen Leine, sodass sie sich daran aufhängen kann?«, fragte der Mann vom FBI.
»Vielleicht, vielleicht auch nicht.« Der Mann am Kopfende blickte von einem zum anderen. »Also, was meinen Sie, meine Herren?«
Jefferson Parks setzte seinen Softdrink ab und dachte über die Frage nach. »Sehen wir uns doch noch einmal die Fakten an. Zwischen Loretta Baldwin und dem Attentat auf Clyde Ritter gibt es möglicherweise eine Verbindung. Nach allem, was King der Polizei erzählt hat, könnte jemand die Waffe, die King in ihrem Garten gefunden hat, in der Besenkammer des Fairmount-Hotels versteckt haben und dabei von Baldwin beobachtet worden sein. Sie hat diese Person erpresst, und diese wiederum hat sie schließlich umgebracht.«
Der Mann am Kopfende des Tisches war der Direktor des Secret Service. Er schien von dieser Theorie herzlich wenig zu halten. »Das hieße dann wohl, dass Arnold Ramsey kein Einzeltäter war.«
»Überlegen Sie mal Folgendes«, warf der Vertreter des FBI ein. »Angenommen, King hat Loretta Baldwin umgebracht. Sie könnte ja ihn erpresst haben. Er erfährt von Maxwell, wer sie ist, und legt sie um. Dann gräbt er die Pistole aus, nur um sie bei nächstbester Gelegenheit bequemerweise wieder zu verlieren.«
Parks schüttelte den Kopf. »Für den Zeitpunkt des Mordes an Baldwin hat King ein Alibi. Und aus welchem Grund sollte er eine Waffe in dieser Besenkammer versteckt haben? Er hat Arnold Ramsey erschossen. Und als man ihm und Maxwell diese ausgegrabene Waffe klaute, wurde er verwundet und sie beinahe getötet. Abgesehen davon steht seine bürgerliche Existenz nach dieser Affäre und den vielen Morden neuerlich auf der Kippe.«
»Sie halten ihn also für unschuldig?«
Parks richtete sich kerzengerade auf. Die lässige Haltung des unbefangenen Burschen vom Lande war wie weggeblasen, und seine Stimme klang auf einmal schneidend. »Nein, nicht unbedingt! Ich bin schon lange genug in diesem Beruf, um zu merken, wenn jemand mir gegenüber nicht aufrichtig ist. Dass King etwas verbirgt, ist mir klar – ich weiß nur nicht was. Allerdings habe ich eine Theorie. Vielleicht hängt er doch irgendwie mit drin bei diesem Mord an Ritter und hat Ramsey erschossen, um Spuren zu verwischen.«
Nunmehr schüttelte der Direktor den Kopf. »Wie soll das denn gelaufen sein? Was hätte ihm Ramsey denn als Bezahlung bieten können? Er war bloß Professor an einem
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