Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman
heute Morgen gekündigt. Hauptsächlich deswegen war ich in Washington.«
»Michelle, bist du verrückt? Wirfst Jahre deines Lebens einfach weg!«
»Nein, ich erspare mir viele Jahre einer Tätigkeit, die ich eigentlich gar nicht mag.« Sie rieb sich den Brustkorb an der Stelle, wo sie die Kugel, die eigentlich für Bruno gedacht gewesen war, getroffen hatte. »Ich war nichts als ein menschlicher Schutzschild. Das ist nicht gerade die gesündeste Lebensweise. Ich glaube, ich habe mir eine Lunge geprellt.«
»Und was hast du jetzt vor?«
»Ich möchte dir einen Antrag machen.«
»Noch ein Antrag von einer hübschen Frau! Womit hab ich das verdient?«
Bevor Michelle antworten konnte, fuhr ein Lieferwagen mit der Aufschrift A-1 Security vor. Zwei Männer in Arbeitskluft und mit umgeschnallten Werkzeuggürteln stiegen aus.
»Jesus, Maria und Josef!«, japste der Ältere der beiden, als er den Berg von Trümmern und Brandschutt sah. »Was ist denn hier passiert?«
»War wohl schlechtes Timing, mir ausgerechnet jetzt das A-1-System zu bestellen«, meinte King.
»Das kann man wohl sagen. Da werden Sie uns heute wohl kaum brauchen können.«
»Nein, aber wenn das neue Haus steht, sind Sie der Erste, den ich anrufe.«
»Was ist passiert? Ein Feuer in der Küche?«
»Nein, eine Bombe im Keller.«
Der Ältere glotzte King wortlos an, dann gab er seinem Helfer nervös ein Zeichen, die beiden stiegen wieder in ihren Lieferwagen und verließen fluchtartig das Gelände.
King nickte Michelle zu. »Okay, der ›Antrag‹…?«
»Bitte sehr.« Sie machte eine Pause und verkündete dann in theatralischem Tonfall: »Wir gründen eine private Ermittlungsfirma!«
King starrte sie verständnislos an. »Fängst jetzt auch du mit diesem Kram an?«
»Wir gründen eine eigene Detektei, Sean.«
»Wir sind aber keine Detektive.«
»Und ob wir das sind! Wir haben gerade erst einen großen, äußerst mysteriösen und komplizierten Fall gelöst.«
»Woher sollen wir denn Klienten kriegen?«
»Kein Problem. Mein Telefon hört gar nicht mehr auf zu klingeln: ein Angebot nach dem anderen. Sogar Joans alte Firma hat angerufen – die wollten, dass ich ihre Stelle übernehme. Aber ich sag mir, pfeif drauf, machen wir uns lieber selbstständig.«
»Du meinst das wirklich ernst, was?«
»So ernst, dass ich immerhin schon eine Anzahlung auf ein kleines Häuschen geleistet hab, das etwa anderthalb Kilometer von hier entfernt liegt. Direkt am See. Ich kann rudern, soviel ich will, und ich denke sogar daran, mir eine Jacht und ein flottes Motorboot zuzulegen. Vielleicht lade ich dich mal ein, dann können wir ein Wettrennen veranstalten.«
Voller Erstaunen sah er sie an und schüttelte den Kopf. »Erledigst du eigentlich alles in Lichtgeschwindigkeit?«
»Wenn du zu viel über die Dinge nachdenkst, besteht meines Erachtens die Gefahr, dass das Leben einfach an dir vorbeirauscht. Meine besten Entscheidungen hab ich immer spontan getroffen.« Michelle streckte die Hand aus. »Machst du mit?«
»Du willst die Antwort sofort?«
»Sofort ist besser als irgendwann.«
»Na schön, wenn ich mich sofort entscheiden muss, dann lautet die Antwort wohl eher…« Er sah ihr lächelndes Gesicht und den kleinen Funken, der stets in ihren Augen glomm, und hatte plötzlich eine sehr realistische Vorstellung von der Alternative zu Michelles Vorschlag: weitere dreißig Jahre hirnlähmenden Juristenjargons und eine Bezahlung in Viertelstundenhäppchen nach der Gebührenordnung. Er zuckte mit den Schultern und sagte: »… dann lautet die Antwort wohl eher Ja.« Sie schüttelten sich die Hände.
»Okay«, sagte Michelle aufgeregt. »Rühr dich nicht von der Stelle. Wir müssen das richtig besiegeln.«
Sie lief zu ihrem Wagen, öffnete die Tür, und prompt fielen ein Paar Skistöcke und ein Snowboard heraus.
»Ich hoffe, in deinem Büro wird mehr Ordnung herrschen als in deinem Fahrzeug.«
»Bestimmt, Sean! Im Beruf bin ich immer sehr ordentlich.«
»Aha«, sagte er, ohne dass es überzeugt geklungen hätte.
Sie warf ihren Kram wieder ins Auto und kehrte mit einer Flasche Champagner und zwei Gläsern zu Sean zurück.
»Die Honneurs überlasse ich dir«, sagte sie und reichte ihm die Flasche.
Er musterte das Etikett, dann ließ er den Korken knallen. »Gute Marke.«
»Hoffentlich – bei dem Preis.«
»Und wie nennen wir unsere nagelneue Firma?«
»King und Maxwell – was hältst du davon?«
Er lächelte. »Alter vor Schönheit?«
»So
Weitere Kostenlose Bücher