Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman
alles, ich schwör’s.«
»Und das Methanol hatten Sie in die Whiskyflasche geschüttet?«
»Ja, in Bills Lieblingsscotch. In den Macallan.«
»Warum haben Sie das getan, Mildred? Wir haben Ihnen das Methanol gegeben, und Sie sollten es über die Spritze in seine Magensonde befördern. Ganz einfach und sauber. Sie hätten nur unsere Anweisungen zu befolgen brauchen.«
»Ich weiß, aber… Ich konnte das einfach nicht. So nicht. Ich wollte, dass es so aussieht, als gäbe ich ihm seinen Scotch, genauso wie immer. Verstehen Sie? Deshalb hab ich ’s in die Flasche gemixt und ihm dann erst gegeben.«
»Schön, aber warum haben Sie den Scotch danach nicht in den Ausguss geschüttet und die Flasche weggeworfen?«
»Das wollte ich ja, aber ich hatte Angst, es könnte mich jemand dabei beobachten. Ich schmeiß ja oft leere Flaschen weg, aber ich weiß auch, dass manche Nachbarn der Meinung waren, ich hätte Bill wegen der Lebensversicherung umgebracht. Vielleicht hätte man meinen Müll durchsucht. Und selbst wenn ich die Flasche ausgewaschen und zerschlagen hätte – die Polizei hätte wahrscheinlich sogar noch an den Scherben Spuren feststellen können. Ich seh mir doch immer diese Gerichtsreportagen im Fernsehen an, da kenn ich mich aus! Also hab ich mir gedacht, es ist besser, Mildred, du lässt alles so, wie’s ist. Und außerdem…« Sie begann leise zu schluchzen. »Außerdem wollte ich mit diesem Zeug einfach nichts mehr zu tun haben. Ich… ich hab mich schuldig gefühlt, wegen Bill.«
»Aber King und Dillinger gegenüber haben Sie den Scotch erwähnt, und die brauchten dann nur noch zwei und zwei zusammenzuzählen. Warum haben Sie den beiden nicht einfach den Scotch gezeigt, der hier in der Barvitrine steht?«
»Das war kein Macallan. Ich… ich hatte Angst. Ich hatte dem Mann erzählt, dass ich die Flasche immer noch habe. Das ist mir einfach so rausgerutscht. Ich meine, alles war so prima gelaufen, und dann schreit er plötzlich, ich soll ihm die Flasche zeigen! Ich dachte, wenn ich ihm nicht die richtige zeige, wird er misstrauisch…«
»Das wäre er zweifellos auch geworden. Herrgott, Sie haben wirklich alles vor diesen vollkommen fremden Leuten ausgeplaudert.«
»Der Herr war ein echter Gentleman«, sagte sie trotzig.
»Ja, natürlich… Also haben die beiden die Flasche mitgenommen und den Inhalt analysieren lassen. Wobei herauskam, dass sie Gift enthielt. Wie haben Sie das der Polizei erklärt?«
»Ich hab gesagt, eine Krankenschwester wäre ins Haus gekommen«, erwiderte Mildred mit selbstzufriedener Miene, »und ich hätte sie eingestellt, damit sie sich um Bill kümmert. Also muss sie diejenige gewesen sein, die Gift in die Flasche befördert hat. Ich hab ihnen sogar ihren Namen verraten.« Sie machte eine Pause und fuhr dann schwungvoll fort: »Elizabeth Borden. Kapiert? Lizzie Borden.« Sie lachte gackernd. »Raffiniert, was?«
»Erstaunlich. Und das haben Sie sich alles auf dem Weg zum Polizeirevier ausgedacht?«
Sie leerte ihr Glas, steckte sich eine Zigarette an und stieß den Rauch aus. »Ich war schon immer eine Schnelldenkerin. Wahrscheinlich hätte ich sogar einen besseren Anwalt abgegeben als mein Mann.«
»Wie haben Sie diese Frau für ihre Dienste bezahlt – oder besser: Was haben Sie der Polizei über die Zahlungsweise erzählt?«
»Zahlungsweise?«
»Ja, Zahlungsweise. Sie haben ihnen ja wohl nicht weismachen wollen, diese Krankenschwester habe umsonst gearbeitet, oder? Derart fromme Seelen sind im realen Leben nur äußerst selten zu finden.«
»Die Bezahlung? Ach, na ja, ich sagte… ich meine, ich habe mich da nicht so genau ausgedrückt.«
»Wirklich? Und die Bullen haben nicht nachgehakt?«
Sie tippte ihre Zigarettenasche auf den Fußboden und zuckte die Achseln. »Nein, haben sie nicht. Sie haben mir geglaubt. Ich bin doch nur eine alte, trauernde Witwe. Es ist alles bestens.«
»Mildred, ich will Ihnen sagen, was diese Leute jetzt ohne jeden Zweifel tun: Sie überprüfen die Abbuchungen von Ihrem Konto, um festzustellen, wie Sie ›Lizzie‹ bezahlt haben, werden aber keine entsprechenden Zahlungen finden. Als Nächstes werden sie sich bei Ihren ›neugierigen‹ Nachbarn nach dieser Frau erkundigen und erfahren, dass sie nie gesehen wurde. Und dann wird das FBI Ihnen einen weiteren Besuch abstatten, und der wird garantiert sehr unangenehm sein.«
Sie wirkte plötzlich besorgt. »Glauben Sie wirklich, dass die das alles überprüfen?«
»Die Leute vom FBI
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