Sean King 02 - Mit jedem Schlag der Stunde: Roman
da, wie man sie gefunden hatte. Überall waren Leute von der Spurensicherung, Männer in FBI-Jacken und Ermittler der Virginia State Police damit beschäftigt, den Tatort zu sichern. Doch falls ihre mürrischen Mienen ein Hinweis waren, hatten sie bislang keine aussagekräftigen Spuren gefunden.
King beobachtete Sylvia Diaz, die sich in einer Ecke angeregt mit einem korpulenten Mann in einem schlecht sitzenden Anzug unterhielt. Sie blickte auf, begrüßte King mit einem erschöpften Lächeln und wandte sich wieder ab. Als Kings Blick auf das Symbol an der Wand fiel, schrak er zurück.
Es war ein fünfzackiger Stern, der jedoch mit der Spitze nach unten gezeichnet war.
»Ja, genauso habe ich auch reagiert.«
King drehte sich zu Todd Williams um, der ihn aufmerksam musterte. Dann bückte sich der Polizeichef und hob Diane Hinsons T-Shirt hoch. »Hier ist es noch einmal.« Sie betrachteten gemeinsam die Zeichnung auf dem Bauch der Toten.
Michelle hatte es ebenfalls gesehen. »Es ist ein auf dem Kopf stehendes Pentagramm«, sagte sie, holte tief Luft und blickte King und Williams an. »Dieses Zeichen kenne ich. Richard Ramirez, nicht wahr?«
King nickte. »Der Night Stalker. Der zurzeit in einem Gefängnis fünftausend Kilometer von hier entfernt auf seine Hinrichtung wartet, wenn ich mich nicht irre. Er hat ein umgekehrtes Pentagramm auf die Haut einiger seiner Opfer gezeichnet – und in mindestens einem Fall auch an eine Schlafzimmerwand, genauso wie hier.«
Todd Williams drehte Diane Hinson auf die Seite, sodass sie sich die zahlreichen blutigen Stichwunden im Rücken der Toten ansehen konnten.
»Sylvia sagt, dass sie offenbar mit dem Gesicht nach unten festgehalten wurde, während der Mörder ihr in den Rücken stach. Anschließend wurde sie umgedreht und ihre Hand gegen die Schublade gelehnt.«
Der Polizeichef legte die Tote wieder in die ursprüngliche Position zurück, ohne den Eindruck zu erwecken, sein Frühstück käme ihm wieder hoch. Williams schien sich allmählich an albtraumhafte Szenen zu gewöhnen.
»Irgendwelche Hinweise?«, fragte Michelle.
»Der Mörder hat ein Messer aus Hinsons Küche als Tatwaffe benutzt, und er hat sie mit einem Telefonkabel aus dem Haus gefesselt. Es gibt Spuren an ihren Handgelenken, die darauf hindeuten. Dann hat er die Fessel wieder entfernt, um ihren Arm in Position bringen zu können. Hier gibt es jede Menge Fingerabdrücke, aber es würde mich ziemlich überraschen, wenn der Mistkerl keine Handschuhe getragen hat.«
»Steht fest, dass es ein Mann war?«
»Es gibt keine Anzeichen für einen Kampf. Sie muss sehr schnell überwältigt worden sein. Und selbst wenn es eine Frau mit einer Waffe war, hätte es für sie schwierig werden können, das Opfer zu fesseln. Diane Hinson hätte es vielleicht geschafft, sich zu wehren. Sie war in guter körperlicher Verfassung.«
King runzelte verwirrt die Stirn. »Und niemand hat etwas gehört oder gesehen? Diese Wohneinheiten grenzen unmittelbar aneinander. Jemand muss doch etwas bemerkt haben.«
»Das untersuchen wir natürlich, aber zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich noch nichts dazu sagen. Wir wissen nur, dass die Wohnung rechts von Hinsons Haus leer steht.«
»Wann wurde Hinson getötet?«, fragte Michelle.
»Das müssen Sie Sylvia fragen, wenn dieser FBI-Typ sie irgendwann freigibt.«
King schaute erneut in Sylvias Richtung. »Gehört er zum VICAP?«
»Um Ihnen die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen: Ich bin mir nicht sicher. Hier drinnen sind so viele Leute, dass ich nicht weiß, wer wozu gehört.«
»Todd«, sagte King, »passen Sie auf, dass Sie so was nicht in Hörweite einer Strafverteidigerin sagen.«
Todd Williams wirkte für einen Moment irritiert. »Alles klar«, sagte er dann. »Verstanden.«
Sie sahen sich die Armbanduhr an.
»Sie steht auf vier«, sagte Williams mit deprimierter Miene.
King beugte sich hinunter und sah sich die Sache genauer an. »Nein.«
»Wie bitte?«
»Sie steht auf eine Minute nach vier.«
Williams ging neben ihm in die Knie. »Ich glaube, in Anbetracht der Umstände kann man von vier Uhr sprechen.«
»Der Killer hat bisher immer großen Wert auf Details gelegt, Todd.«
Todd Williams war skeptisch. »Er hat gerade eine Frau getötet und will so schnell wie möglich verschwinden. Wahrscheinlich musste er im Dunkeln hantieren. Im Gegensatz zu den anderen Tatorten halten sich hier eine Menge potenzieller Zeugen in der Nähe auf. In der Eile hat er wahrscheinlich
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