Sean King 03 - Im Takt des Todes
tückisch sein, Miss …«
»Michelle Maxwell. Nennen Sie mich einfach Michelle.« Sie schaute über den Fluss hinweg. »Wie sieht’s auf der anderen Seite des York aus?«
»Ich kann mich nicht erinnern, gesagt zu haben, dass ich von der anderen Seite des York komme.«
»Ach, wissen Sie, man hört immer wieder dies und das, und ich höre mehr als die meisten Leute. Ich war beim Secret Service, aber ich bin sicher, das wissen Sie bereits.«
Whitfield schaute weiterhin über das Wasser hinweg. »Mein Traum war immer, in der Mannschaft der Yankees zu spielen, aber mein Talent reichte nicht. Meinem Land zu dienen war als Alternative gar nicht mal so schlecht.«
Michelle war erstaunt, dass der Mann seinen Beruf so beiläufig bestätigte. »Mit der Air Force One zu fliegen und den Präsidenten zu beschützen war eine der größten Ehren, die mir in meinem Leben zuteil geworden sind«, sagte sie, hielt kurz inne und fügte hinzu: »Ich kenne ein paar Leute bei der Delta Force, die in Vietnam gekämpft haben.« Whitfield starrte sie durchdringend an. »Wie gesagt, ich höre mehr als die meisten.«
Er zuckte mit den Schultern. »Das war vor langer Zeit.«
»Aber man vergisst es nie.«
»Einige schon, ich nicht.« Er deutete in Richtung Babbage Town. »Wie läuft es denn auf der anderen Seite des Flusses?«
»Langsam.«
»Sie haben einen Partner dabei«, sagte Whitfield.
»Ja.«
»Monk Turings Tod war sehr unglücklich, aber wohl kaum Grund für eine Morduntersuchung.«
»Sie haben meinem Partner gesagt, es sei Selbstmord gewesen.«
»Nein, ich habe ihm gesagt, dass es vier Selbstmorde in und um Camp Peary herum gegeben habe. Und ich habe ihm auch gesagt, dass das FBI zu dem Schluss gekommen sei, dass Monk Turing Selbstmord begangen hat.«
»Ich bin nicht sicher, ob ich das noch glauben kann. Und da ist ja noch Len Rivest.«
»In der Lokalzeitung steht, dass Rivest an dem Abend viel getrunken hatte und dann tot in der Wanne gefunden wurde. So was kommt vor.«
»Zwei Todesfälle so nahe beisammen?«
»Menschen sterben ständig auf alle möglichen Arten, Michelle.«
Er sieht wie ein Mann aus, der weiß, wovon er spricht, überlegte Michelle.
»Das klingt fast wie eine Warnung«, sagte sie.
»Ich habe keinen Einfluss darauf, wie Sie meine Worte interpretieren.« Er deutete zum anderen Ufer. »Hier unten gibt es viele Regierungseinrichtungen, einschließlich der Navy. Die Leute arbeiten für ihr Heimatland, tun gefährliche Dinge und riskieren ihr Leben. Das sollten Sie eigentlich verstehen. Auch Sie haben Ihr Leben für Ihr Land riskiert.«
»Ja, das habe ich«, sagte Michelle. »Und worauf genau läuft dieses Gespräch hinaus?«
»Vergessen Sie nicht, dass dieser Teil des York sehr gefährlich sein kann. Was immer Sie tun, verlieren Sie das nie aus dem Blick. Einen schönen Tag noch.«
Michelle stieß sich mit dem Paddel ab, und Whitfield legte den Rückwärtsgang ein, wendete und tuckerte davon. Michelle drehte ihr Kanu, sodass sie beobachten konnte, wie er den Fluss hinunter und zur Anlegestelle von Camp Peary fuhr. Der Mann drehte sich kein einziges Mal um.
Als er außer Sicht war, wendete Michelle erneut und paddelte langsam davon. Ian Whitfield hatte ihr viel zum Nachdenken gegeben – und einen guten Grund, Angst zu haben.
68.
B ei einem Kaffee im Speisesaal des Herrenhauses berichtete Michelle Sean von ihrem Gespräch mit Whitfield.
»Er scheint mir ein Mann zu sein, der keine leeren Drohungen macht«, bemerkte Sean.
»Ich hatte eine Gänsehaut, als er mit mir gesprochen hat.«
Sean seufzte. »Das macht es mir nicht gerade schmackhafter, über den Zaun zu klettern.«
»Dann müssen wir neue Ansatzpunkte finden«, sagte Michelle. »Ich weiß nur nicht, wie die aussehen könnten.«
»Lass uns noch mal durchgehen, was wir wissen. Monk ist nach Deutschland gefahren und in Camp Peary gestorben. Während des Krieges hat man in Camp Peary deutsche Kriegsgefangene festgehalten. Len Rivest wollte mit mir über Babbage Town sprechen, jetzt ist er tot. Er glaubte, dass es hier Spione gibt. Alicia Chadwick hatte eine Beziehung mit Rivest und ist Viggies Vormund. Champ hat kein Alibi für den Zeitpunkt von Lens Tod, aber wir haben keinen Beweis dafür, dass er irgendetwas mit der Sache zu tun hat. Ian Whitfield hat erst mich und dann dich gewarnt, und seine Frau ist eine unergiebige Quelle. Die Leichenhalle wird in die Luft gesprengt. Weshalb? Um die Beweise zu vernichten, dass Rivest ermordet worden
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