Sean King 03 - Im Takt des Todes
sich aufs Bett und winkte ihm, sich zu ihr zu gesellen. »Beeil dich. Ich muss dir was zeigen.«
»Das sehe ich.«
»Mach dir keine falschen Hoffnungen. Ich spreche von etwas anderem. Es ist wichtig.«
Sean seufzte, ging zu ihr und ließ sich neben ihr aufs Bett fallen. »Und? Was ist es?«
Michelle erzählte ihm von Viggies Besuch und zeigte ihm den Inhalt des großen Briefumschlags.
Sofort war Sean hellwach. Er betrachtete das Foto; dann überflog er den Brief.
»Wo hat Viggie das her?«, fragte er.
»Von ihrem Vater, nehme ich an.«
»Und sie hat es dir gegeben? Warum?«
»Sie mag mich. Ich habe ihr das Leben gerettet. Sie vertraut mir.«
Sean schaute sie seltsam an. »Ich denke, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Sie vertraut dir.« Er steckte Brief und Foto in den großen Umschlag zurück. »Du musst sofort mit Viggie reden. Dieser Brief enthält eine weitere Information, die wir brauchen, um einen Sinn in dem Ganzen zu erkennen. Frag sie, woher sie ihn hat.«
»Ich werde es versuchen.«
Michelle kehrte in ihr Zimmer zurück, zog sich einen Bademantel an und ging zu Viggie. Zehn Minuten später kam sie zu Sean zurück. Sie sah enttäuscht aus. »Viggie will nichts über den Brief erzählen. Sie hat sogar geleugnet, ihn mir gegeben zu haben.«
Die nächste Stunde verbrachten sie mit dem Versuch, Brief und Foto einen Sinn zu entnehmen und beides ins Gesamtbild einzufügen. Schließlich sagte Sean: »Nicht dass es mich stören würde, eine fast nackte Frau in meinem Bett zu haben, aber du musst dich anziehen.«
»Was?«, erwiderte Michelle.
»Wir müssen zu Horatio. Ich will seine Meinung hören.«
»Seine Meinung worüber?«
»Das wirst du dann schon sehen. Zieh dich an.«
Als Michelle aufstand und das Zimmer verließ, schaute Horatio auf den Umschlag. Vielleicht war das endlich der Schlüssel, den sie brauchten. Jedenfalls hoffte er es verzweifelt, denn allmählich gingen ihnen die Alternativen aus, und die letzte Option – über den Zaun von Camp Peary zu klettern – wollte er nicht unbedingt nutzen.
71.
D ie Sonne ging gerade auf, als Sean und Michelle zu Horatio ins Herrenhaus gingen. Sie meldeten sich beim Sicherheitsposten am Eingang und stiegen die Treppe hinauf.
Sean hatte vorher angerufen, und so öffnete Horatio die Tür sofort. Der Psychiater war angezogen, nur hatte er sich nicht die Mühe gemacht, sein Haar zum üblichen Pferdeschwanz zu binden, mit dem Ergebnis, dass es nun in Wellen über seine Schultern fiel.
Er wollte etwas sagen.
»Nicht hier«, kam Sean ihm zuvor. »Lass uns eine Spazierfahrt machen.«
Zwanzig Minuten später standen sie neben Michelles SUV , der unter ein paar Bäumen am Ufer des York parkte. Das Sonnenlicht kroch über die Wasseroberfläche, während Sean und Michelle Horatio dabei beobachteten, wie er Brief und Foto studierte.
»Okay, der Brief kommt also aus Wiesbaden in Deutschland. Zum Glück ist er auf Englisch, obwohl die Schrift offenbar von einer älteren Person stammt, deren Muttersprache eine andere ist. Und er ist an Monk Turing adressiert von …« Horatio kniff die Augen zusammen, um die Unterschrift besser lesen zu können, und rückte seine Lesebrille zurecht.
»Henry Fox«, kam Michelle ihm zu Hilfe.
Sean erklärte: »Im Wesentlichen dankt dieser Fox Monk dafür, dass er ihm geholfen hat, wieder zurück nach Deutschland zu kommen.«
Horatio schaute sich den Briefkopf an. »Er ist fast ein Jahr alt, stammt also aus einer Zeit, bevor Monk nach England und Deutschland gefahren ist.«
»Zumindest war das das letzte Mal, dass er dort gewesen ist. Jetzt schau dir die letzten beiden Zeilen an«, sagte Sean.
Horatio las: »›Da Sie mir geholfen haben, werde ich den Gefallen wie abgemacht erwidern. Ich habe es, und es gehört Ihnen, wenn Sie mich besuchen kommen.‹« Horatio hob den Kopf. »Dann wollte Fox Monk also etwas dafür geben, dass er ihm nach Hause geholfen hat.«
»Sieht so aus«, sagte Michelle. »Und Monk ist nach Deutschland gefahren, um dieses Etwas abzuholen. Auf der gleichen Reise hat er dann auch noch einen Ausflug in seine Familiengeschichte in England gemacht.«
»Und was hat Monk von Fox bekommen?«
»Das wissen wir noch nicht«, gab Michelle zu.
Horatio sagte: »Monk hat Fox also bei der Rückkehr in seine Heimat geholfen. Aber Fox klingt nicht wie ein deutscher Name.«
»Ich habe eine Theorie, was das betrifft«, verkündete Sean geheimnisvoll. »Aber ich muss noch auf Bestätigung warten.« Er nahm
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