Sean King 03 - Im Takt des Todes
überhaupt kein Code – was ich inzwischen stark annehme. Ich habe allerdings den Titel des Liedes herausgefunden. Es heißt ›Shenandoah‹ und stammt aus dem neunzehnten Jahrhundert. Der Text ist sehr kurz, nur ein paar ziemlich belanglose Worte. Ich bin auf die Idee gekommen, es mal damit zu versuchen. Wieder habe ich jede Kombination ausprobiert, und wieder habe ich unsere besten Computer eingesetzt, und wissen Sie was? Es ist noch immer Unsinn.«
Sean und Michelle starrten sie an.
»Was ist los?«, fragte Alicia misstrauisch.
»Wo ist Viggie?«, fragte Michelle leise.
Alicia schaute auf die Uhr. »In der Schule. Da ist sie seit acht Uhr.«
»Nein, ist sie nicht, Alicia«, sagte Sean. »Die Lehrerin hat gesagt, heute Morgen habe eine Entschuldigung auf ihrem Schreibtisch gelegen, weil Viggie krank sei.«
Alicia sah die beiden fragend an. »Ich war die ganze Nacht wach und habe versucht, diesem Müll einen Sinn zu entnehmen. Sie hätten eigentlich auf sie aufpassen sollen.«
»Heute Morgen war alles in Ordnung mit ihr«, erklärte Michelle. »Sie ist kurz vor Sonnenaufgang in mein Zimmer gekommen und danach wieder ins Bett gegangen.«
»Und dann?«, hakte Alicia nach.
Sean und Michelle schauten einander an. Verlegen antwortete Sean: »Dann haben wir uns auf den Weg gemacht, um ein paar Spuren zu verfolgen.«
»Und Sie haben Viggie allein gelassen!«, platzte Alicia heraus. »Sie haben das Mädchen allein gelassen! Schon wieder!«
»Wir dachten, Sie wären hier«, erklärte Michelle.
Alicia warf die Papiere in die Luft. »Sie dachten , ich wäre hier? Wie hätte ich denn hier sein sollen, nachdem sie mir diesen Unsinn hier gegeben haben?« Sie atmete tief durch. »Ihr Aufpasser hätte Viggie eigentlich in die Schule bringen sollen. Ich habe einen neuen Mitarbeiter beantragt, nachdem dieser Trottel sie verloren hat, woraufhin sie beinahe ertrunken wäre.«
Sean schaute Alicia neugierig an. »Wen haben Sie denn um diesen Wachmann gebeten?«
»Champ.«
Michelle sagte: »Champ hat mich um neun Uhr heute Morgen für den Flug abgeholt.«
»Wovon reden Sie? Was für ein Flug?«, fragte Alicia wütend.
»Beruhigen Sie sich, Alicia. Viggie ist vielleicht von selbst weggegangen«, sagte Sean.
»Und was ist das letzte Mal geschehen, als sie das getan hat?«
»Sie hat recht, Sean. Ich werde am Fluss nachsehen.«
»Und ich lasse die Anlage vom Sicherheitsdienst durchkämmen«, sagte Sean.
Sean und Michelle gingen eilig hinaus, während Alicia hilflos auf die Papiere starrte, die sie auf den Boden geworfen hatte.
74.
V iggie war nicht am Fluss, und sämtliche Wasserfahrzeuge waren dort, wo sie sein sollten. Auch eine Durchsuchung von Babbage Town brachte kein Ergebnis. Die Entschuldigung für die Lehrerin war an einem Computer geschrieben worden, und niemand hatte gesehen, wer sie abgegeben hatte.
Der Wachmann, der für Viggie eingeteilt worden war, sagte, er sei kurz vor acht zu Alicias Haus gegangen. Dort habe dann ein Zettel an der Tür gehangen, worauf zu lesen stand, dass Viggie krank sei und heute nicht zur Schule gehen würde. Der Mann hatte den Zettel noch in der Tasche. Wie die Entschuldigung war auch er auf einem Computer geschrieben und konnte somit nicht zurückverfolgt werden.
»Also könnte jeder es getan haben«, sagte Sean. Er, Michelle und Horatio standen vor dem Tor von Babbage Town. Der Psychiater hatte sich ihnen bei der Suche nach Viggie angeschlossen. Sie hatten gerade das umliegende Gelände mit Sheriff Hayes und einer Gruppe von Freiwilligen durchkämmt, doch keinen einzigen Hinweis darauf gefunden, was mit dem Mädchen geschehen sein könnte.
Als sie dort standen, fuhr eine schwarze Limousine auf sie zu.
»Mist!«, fluchte Sean. »Nicht der. Nicht jetzt.«
Special Agent Ventris stieg aus dem Wagen und trat zu ihnen.
»Was wollen Sie, Ventris?«, verlangte Sean zu wissen.
»Ich will, dass Sie hier verschwinden. Ihre Gegenwart hat sich als äußerst kontraproduktiv erwiesen.«
»Und was genau haben Sie vorzuweisen? Abgesehen von zunehmender Verwirrung, meine ich.«
Warnend legte Michelle ihrem Partner die Hand auf die Schulter. »Bleib cool, Sean. Er ist Bundesagent«, murmelte sie.
»Sie sollten auf Ihre Freundin hören«, sagte Ventris. »Falls das Mädchen entführt wurde, dann werden wir sie finden. Das ist eine Spezialität des FBI .«
»Sie meinen tot oder lebendig, stimmt’s?«, erwiderte Sean verbittert.
Ventris stieg wieder in seinen Wagen und fuhr davon. Sean
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