Sean King 03 - Im Takt des Todes
daran liegt.«
»Ich bin auch nie verheiratet gewesen. Deshalb kann ich mich aber trotzdem umschauen.«
Geräusche drangen aus dem Haus.
»Das hört sich an wie Stimmen«, sagte Michelle. Sie zog ihre Waffe und ging auf das Haus zu; Sean folgte ihr dichtauf. Drinnen holte Michelle eine Taschenlampe aus dem Rucksack und leuchtete umher.
Der Gang, in dem sie sich befanden, war lang, die Bodenbretter verrottet, und von den Wänden bröckelte der Putz. Die Luft war feucht und moderig, und Sean musste husten. Die Geräusche setzten erneut ein; es klang wie Flüstern. Dann ertönte ein leiser Schrei, scheinbar unmittelbar neben ihnen. Beide erschraken, und Michelle lenkte das Licht und die Mündung der Waffe in die entsprechende Richtung. Sie starrten auf eine leere Wand, und doch hörten sie noch immer etwas, das wie ein Summen klang.
Michelle schaute Sean fragend an. »Ein Hornissennest?« Verwirrt zog er die Augenbrauen zusammen, trat dann auf die Wand zu und klopfte. Das Geräusch verstummte augenblicklich.
Sean drehte sich wieder zu Michelle um und schüttelte den Kopf. »Ein Menschennest.« Seine Finger tasteten die Wand ab, bis sie gefunden hatten, was sie suchten: einen kleinen Metallring. Sean zog daran, und die Wand öffnete sich.
Irgendetwas traf ihn an den Beinen und knallte ihm dann gegen die Brust. Er fiel nach hinten und landete auf dem verlängerten Rücken. Schnelle Schritte bewegten sich den Gang hinunter.
Als Sean sich aufrappelte, hörte er andere Geräusche: Schreie und Lachen.
Er schaute über die Schulter. Die Schreie stammten von einem kleinen, ungefähr achtjährigen Jungen. Michelle hatte ihn sich gepackt. Das Lachen wiederum kam von Michelle, und es war eindeutig auf Sean gerichtet.
Nachdem Sean sich den Staub von den Kleidern geklopft hatte, sagte Michelle in gespielt strengem Tonfall zu dem Jungen: »Okay … Name, Rang und Dienstnummer, Mister.«
Der Junge schaute sie ängstlich an, und Michelle bemerkte, dass sie noch immer die Waffe gezückt hatte. »Oh! Tut mir leid.« Sie steckte die Pistole weg und sagte: »Okay, Kleiner. Was machst du hier?«
»An einem Ort wie diesem kannst du dich leicht verletzen, Sohn«, sagte Sean.
»Wir kommen oft hierher«, erwiderte der Junge trotzig, »und wir tun uns niemals weh.«
Sean spähte in den Geheimgang. »Wie habt ihr dieses Versteck gefunden?«
»Das war mein Bruder Teddy. Der is’ immer mit seiner Bande hergekommen, als er so alt war wie ich. Jetzt ist das hier meins. Es gibt solche geheimen Plätze in fast allen alten Häusern.«
Sean versteifte sich und schaute zu Michelle. Dann zückte er seine Brieftasche und gab dem Jungen einen Zehndollarschein. »Danke, Sohn.«
Als der Junge davongerannt war, gingen sie nach draußen und setzten sich auf eine alte Steinbank.
»Sollen wir auch in Babbage Town nach so einem Geheimraum suchen?«, fragte Michelle.
»Ja.«
»Darf ich fragen, warum?«
»Weil wir dann etwas zu tun haben. Und falls es wirklich einen Spion in Babbage Town gibt …« Sean ließ den Satz unvollendet.
»Du glaubst wirklich, dass ein Spion so einen Geheimraum benutzen würde? Schleicht er sich vielleicht nachts heraus, um seinem verräterischen Geschäft nachzugehen? Jetzt mach aber halblang.«
»Was weißt du über Camp Peary?«
»Abgesehen von dem, was ich dir bereits erzählt habe, nicht viel«, erwiderte Michelle.
»Wenn man online nach dem Ort sucht, findet man so gut wie nichts. Man stößt immer nur auf die gleiche Hand voll Artikel.«
»Und das überrascht dich?«, fragte Michelle.
»Der Bursche, der mich vom Flugzeug abgeholt hat, sagte mir, das Land hier habe im Zweiten Weltkrieg der Navy gehört. Dort sind die Seabees ausgebildet worden, die Bautruppen der Marine. Dann ist die Navy abgezogen, kam in den Fünfzigern aber wieder und hat alle rausgeworfen.«
»Alle wer?«
»Da drüben gab es mal zwei Städte, Magruder und noch eine, deren Namen ich mir nicht merken kann. Die Häuser und alles andere stehen offenbar noch.«
»Was hat das mit unserer Untersuchung zu tun?«
»Nichts. Ich vertreibe mir nur die Zeit, bis mir etwas Wichtiges einfällt«, gab Sean zu.
»Da wir gerade von wichtig reden … Wie gut hat Rivest Monk Turing gekannt?«, fragte Michelle.
»Rivest zufolge nicht sehr gut. Doch als wir an dem Abend ein paar Gläser getrunken haben, ist er ein wenig offener geworden und hat etwas Interessantes gesagt.«
»Und was?«
»Er sagte, dass er und Monk mal gemeinsam im York River angeln
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