Sean King 03 - Im Takt des Todes
Natürlich sage ich das nicht so laut, dass einer von ihnen mich hören könnte«, fügte er lachend hinzu. »Dann drehe ich im Wendehammer wieder um – der ist für Leute da, die sich verfahren haben oder einfach nur neugierig sind. Sie nennen ihn den ›Punkt der letzten Umkehr‹. Und dann fahre ich nach Hause. Anschließend fühle ich mich besser.« Kurz schwieg er. »Diese Flugzeuge kommen einmal in der Woche, immer samstags, und immer zur gleichen Zeit. Und es sind große Jets. Ich habe einen Kumpel bei der Luftraumüberwachung, und der wiederum hat Kontakte zum Militär in Norfolk. Diese Flugzeuge landen nirgendwo sonst im Land, nur in Camp Peary. Sie müssen nicht durch den Zoll, nicht durch Kontrollpunkte des Militärs, nichts.«
»Aber es sind doch Militärflugzeuge?«, fragte Michelle.
»Mein Freund glaubt das nicht. Er meint, dass sie als Privatmaschinen registriert sind.«
»Privatmaschinen, die der CIA gehören?«, sagte Sean.
»Die CIA hat ihre eigene verdammte Flotte. Die brauchen keine Rechenschaft darüber abzulegen, wofür sie unsere Steuergelder ausgeben.«
»Ich frage mich, was diese Flugzeuge geladen haben.«
South schaute Sean durchdringend an. »Vielleicht lebt und atmet die Ladung und spricht Arabisch oder Farsi.«
»Ausländische Häftlinge?«
»Ich habe keinerlei Sympathie für Terroristen, aber Rechtsstaatlichkeit hat auch ihren Wert«, erklärte South. »Und wenn die CIA nach eigenem Gutdünken entscheidet, wen sie sich schnappen und herbringen, und das alles ohne Gericht … Ich meine, diesbezüglich haben sie nicht gerade die weißeste Weste der Welt.« Er lächelte. »Falls da also wirklich so etwas vor sich gehen sollte, bedeutet das den Pulitzerpreis für den Journalisten, der die Sache aufdeckt.«
»Ja, das wäre ein ziemlicher Coup für die gute alte Magruder Gazette «, spottete Michelle.
Sean sagte: »Vor kurzem wurde die Landebahn für größere Maschinen verlängert, und man hat auch Geld für den Bau eines neuen Wohnheims bekommen. Was denken Sie darüber?«
South stand auf. »Lassen Sie mich Ihnen zeigen, was ich darüber denke.«
Er führte sie in einen anderen Raum. Sean ließ sich ein paar Schritte zurückfallen. Als South das Zimmer verließ, schlüpfte er schnell wieder zurück und machte mit seiner Handykamera ein paar Fotos des Satellitenbildes von Camp Peary, ehe er sich wieder zu den anderen gesellte. In der Mitte des Zimmers stand ein großer Tisch mit einer detaillierten Landkarte darauf.
»Das hier ist der Teil von Camp Peary, der früher Magruder und Bigler’s Mill gewesen ist.« Freeman deutete auf verschiedene Stellen auf der Karte. »Sehen Sie, wie viele Häuser da sind? Gute, solide Häuser. Und es gibt auch gute Straßen dort, sodass man überall hin kann. Die haben da all diese soliden Häuser, und trotzdem müssen sie ein neues Wohnheim bauen? Was ergibt das für einen Sinn?«
»Vielleicht sind die Häuser verfallen oder inzwischen sogar abgerissen worden«, sagte Michelle.
»Das glaube ich nicht«, erwiderte Freeman. »Wie gesagt, habe ich mit Leuten gesprochen, die dort gearbeitet haben. Und wenn man ganze Viertel abreißt, muss man die Trümmer ja irgendwohin bringen. Davon hätte ich gehört.« Er deutete auf einen weiteren Punkt auf der Karte. »Camp Peary beherbergt auch das einzige denkmalgeschützte Gebäude im nationalen Verzeichnis der historischen Stätten, das nie für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird: Porto Bello. Es war das Haus des letzten königlichen Gouverneurs von Virginia, John Murray, Vierter Earl of Dunmore. Selbst die CIA kann sich nicht daran vergreifen, ohne Riesenärger zu bekommen.«
»Wie konnte denn so ein Ort zu einem Teil von Camp Peary werden?«, fragte Michelle.
»Dunmore ist von Williamsburg dorthin geflohen, als Washingtons Armee ihm während des Unabhängigkeitskriegs zu nahe gekommen ist. Ursprünglich war Porto Bello nur sein Jagdsitz. Schließlich hat die feige Ratte sich dann mitten in der Nacht auf einem britischen Schiff davongemacht und ist nach England zurückgesegelt. In Norfolk gibt es eine Straße, die nach ihm benannt ist. Nicht zu seinen Ehren, sondern weil es heißt, dort habe der königliche Wichser zum letzten Mal seinen Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt. Was ich aber sagen will … Die haben so viele Gebäude, um Leute unterzubringen, wozu brauchen die ein neues Wohnheim?«
»Haben Sie irgendwelche Kontakte in Camp Peary?«
»Gäbe es die, hätte ich sie längst genutzt.
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