Sean King 03 - Im Takt des Todes

waren, trugen Michelle und Viggie das Kanu und die Ausrüstung wieder in den Schuppen. Auf dem Weg zurück nach Babbage Town nahm Viggie Michelles Hand. »Ich hoffe, Mr. Barnes kann dir mit deinen Erinnerungen helfen«, sagte sie.
    »Danke, Viggie, dass du mir bei der Entscheidung geholfen hast.«
    Als sie das Haus erreichten, lief Viggie zu ihrem Klavier und begann zu spielen. Als der letzte Ton verklungen war, schaute sie zu Michelle. »Ich hab dich gern«, sagte sie.
    »Ich hab dich auch gern, Viggie.«
    Das Mädchen sprang auf und rannte die Treppe hinauf. Oben angekommen, blieb sie stehen und drehte sich noch einmal um. »Codes und Blut!«, schrie sie und lief den Flur zu ihrem Zimmer hinunter. Michelle blieb verwirrt unten stehen.

56.
    S ean hatte sich in Williamsburg einen Mietwagen besorgt und fuhr nach dem Abendessen mit Valerie nach Babbage Town zurück. Er überquerte die Brücke über den York und fuhr gerade an Gloucester Point vorbei, als der Wagen, der ihm den ganzen Abend gefolgt war, plötzlich heranschoss, ihn an den Fahrbahnrand drängte und zum Anhalten zwang. Ehe Sean aussteigen konnte, stand ein Mann am Seitenfenster.
    »Raus aus dem Wagen!«, schrie er Sean an und wedelte mit seinem Ausweis.
    FBI Special Agent Mike Ventris strahlte nicht gerade Warmherzigkeit aus.
    »Darf ich fragen, was das soll?«, erkundigte Sean sich in höflichem Tonfall.
    »Halten Sie das Maul, und steigen Sie in meinen Wagen! Sofort!«
    Sean folgte Ventris zu dessen Dienstfahrzeug. Er setzte sich auf den Beifahrersitz, während Ventris hinter dem Steuer Platz nahm. Als die Türen zuknallten, drehte Ventris sich zu Sean um. »Was glauben Sie eigentlich, was Sie tun, Sie Idiot?«
    Ruhig antwortete Sean: »Ich bin gerade zurück nach Babbage Town gefahren, als Sie mich von der Straße gedrängt haben. Sie sollten sich von Ihrem Brötchengeber vielleicht noch ein paar Fahrstunden geben lassen. Oder tun Sie das nur, weil es ihnen einen Kick verschafft?«
    »Sparen Sie sich die Klugscheißerei. Sie sind zu Ian Whitfield gefahren.«
    »Nun, eigentlich hat er mich und Sheriff Hayes zu sich bestellt …«
    »Und danach haben Sie sich mit seiner Frau in einer Bar getroffen.«
    »Nein, wir haben uns zufällig kennen gelernt.«
    »Und gerade haben Sie mit ihr zu Abend gegessen.«
    »Das ist doch kein Verbrechen. Jedenfalls keins, das mir bekannt wäre.«
    »Wie ist Ihre Beziehung zu Valerie Messaline?«
    »Wir teilen die Liebe zu einem guten Mojito.«
    Ventris stieß Sean den Finger auf die Brust. »Ich bin drauf und dran, Sie einzubuchten.«
    »Und wie lautet die Anklage?«
    »Ich kann Sie achtundvierzig Stunden wegsperren, ohne dass jemand mir Fragen stellt. Bis dahin werde ich schon etwas finden, das einen Haftbefehl wert wäre.«
    »Ich bin hier, um zu arbeiten, genau wie Sie. Ich versuche herauszufinden, wer Monk Turing und Len Rivest umgebracht hat. Erinnern Sie sich noch an den kleinen Wettbewerb, von dem ich gesprochen habe?«
    »Und ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen mir nicht in die Quere kommen!«
    »Mir war nicht bewusst, dass ich Ihnen bei Valerie Messaline in die Quere kommen würde.«
    »Sie hat nichts mit diesem Fall zu tun, ebenso wenig Ian Whitfield. Der Mann hat Wichtigeres zu tun, als sich um einen kleinen Scheißer von Privatdetektiv zu kümmern, der seine Nase in Dinge reinsteckt, die ihn nichts angehen.«
    Sean schaute ihn ungläubig an. »Seit wann ist das FBI der Schoßhund der CIA ?«
    »Ich rate Ihnen, Freundchen, lassen Sie die Finger davon. Es geht hier um wichtigere Dinge als nur um ein paar Morde.«
    »Und was für Dinge sind das?«
    »Raus aus dem Wagen! Und wenn wir uns noch einmal über den Weg laufen, wird es Ihnen noch weniger gefallen.«
    Sean stieg aus dem Fahrzeug und klopfte ans Fenster. »Übrigens, gibt es etwas Neues über das ›Gasleck‹ in der Leichenhalle?«
    Ventris wäre Sean fast über die Füße gefahren.
    Auch wenn er gegenüber Ventris den coolen Klugscheißer raushängen ließ – Sean lächelte nicht, als er zu seinem Wagen zurückging. Er rutschte immer tiefer in eine Sache hinein, bei der bis jetzt nichts einen Sinn ergab. Doch auf dem Weg zurück nach Babbage Town wusste Sean, was er als Nächstes tun sollte.
    »Das meinst du doch nicht ernst, Sean«, sagte Horatio. Sie standen zu dritt neben Michelles SUV und Horatios Harley. Beide Fahrzeuge parkten auf einem Feldweg gut eine Meile von Babbage Town entfernt.
    »Monk Turing ist auch über den Zaun von Camp Peary geklettert,