Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug
schaden. Jetzt müssen wir ihn bloß noch finden. Schade nur, dass wir die DNA nicht prüfen können.«
»Er könnte immer noch beim Militär sein, oder?«
»Nein. Oder glaubst du etwa, er hat sich extra ein paar Tage frei genommen, um eine Entführung durchzuziehen? Und dann kehrt er mit zerkratztem Gesicht und einer Schussverletzung in die Kaserne zurück?«
»Dann ist er entlassen worden?«
»Vermutlich. Ehrenhaft oder unehrenhaft. Aber das hilft uns auch nicht weiter. Schließlich gibt es weit mehr ehemalige als aktive Soldaten.«
Michelle starrte auf Seans Brust.
Er schaute nach unten. »Was ist? Kaffeefleck?«
»Er hat einen Körperpanzer getragen. Sicher, wenn man die Army verlässt, kann man das ein oder andere mitgehen lassen, aber einen Körperpanzer?«
»Den bekommt man auch auf der Straße.«
»Vielleicht«, erwiderte Michelle, »oder man klaut ihn einfach.«
»So ein Ding kann man sich nicht gerade in die Hosentasche stecken, wenn man entlassen wird, und damit durchs Tor marschieren.«
»Und wenn er nicht entlassen worden ist?«
»Du meinst, wenn er desertiert ist?«
»Damit hätten wir nicht mehr ganz so viele Leute zu überprüfen. Kennst du jemanden, der für uns mal nachschauen könnte?«, fragte Michelle.
Sean griff zum Telefon. »Ja, so jemanden kenne ich. Einen Zwei-Sterne-General, den ich während meiner Zeit beim Service kennengelernt habe. Mit ein paar Karten für die Spiele der Redskins könnte ich ihn vielleicht überreden.«
»Du hast Karten für die Redskins?«
»Nein, aber für einen guten Zweck kann ich welche bekommen.«
56.
D as ist irregulär, Mr. Quarry«, erklärte der diensthabende Arzt.
»Für mich nicht«, erwiderte Quarry. »Ich bin hier, um meine Tochter nach Hause zu holen. Etwas Normaleres kann es gar nicht geben.«
»Aber sie ist an lebenserhaltende Maschinen angeschlossen. Sie kann nicht aus eigener Kraft atmen«, sagte der Mann, als spräche er zu einem Kind.
Quarry zog die Papiere aus der Tasche. »Ich habe mir diesen ganzen Müll schon in der Verwaltung anhören müssen. Ich habe alle nötigen Vollmachten. Hier drin steht, dass ich sie verdammt noch mal hinbringen kann, wo ich will, und Sie können einen Dreck dagegen tun, Mister.«
Der Arzt las die Dokumente durch, die Quarry ihm gab. »Sie wird sterben, wenn wir sie von den Maschinen trennen«, sagte er.
»Nein, wird sie nicht. Auch das habe ich geregelt.«
»Was meinen Sie mit geregelt?«, fragte der Arzt misstrauisch.
»Jedes noch so kleine Gerät, das Sie hier haben, habe ich auch.«
»Wie bitte? Diese Geräte sind sehr teuer. Und kompliziert.«
»In einem Lagerhaus für medizinische Geräte ist vor einem Jahr ein Feuer ausgebrochen. Da war jede Menge Zeug drin, das nicht mal einen Kratzer abbekommen hat, aber es wurde billig verhökert, weil es aufgrund behördlicher Auflagen nicht mehr an Krankenhäuser verkauft werden durfte. Es war alles dabei, vom Monitor bis hin zur Magensonde. Ich habe alles überprüft. Die Geräte laufen einwandfrei. Tatsächlich möchte ich wetten, dass meine Maschinen besser sind als der Kram, den Sie hier haben. Hier ist doch alles ziemlich alt. Und ich muss es wissen. Schließlich komme ich seit vielen Jahren her, und ich wüsste nicht, dass Sie mal eine Maschine ausgetauscht haben.«
Der Arzt lachte gequält. »Also wirklich, Mr. Quarry ...«
Quarry fiel ihm ins Wort. »Und jetzt bereiten Sie meine Tochter endlich für die Abreise vor. Ich werde den Krankenwagen vorne parken lassen.«
»Den Krankenwagen?«
»Ja. Was denn sonst? Haben Sie gedacht, ich würde sie in meinem Pick-up nach Hause karren? Schalten Sie doch mal Ihr Gehirn ein, Mann. Ich habe einen Krankenwagen gemietet, einen mit speziellen Lebenserhaltungsgeräten an Bord. Er wartet draußen.« Quarry riss dem Arzt die Papiere aus der Hand. »Und jetzt machen Sie, verdammt noch mal.«
Quarry ging davon.
»Aber wie genau wollen Sie sich um das Mädchen kümmern?«, rief der Arzt ihm hinterher.
Quarry wirbelte herum. »Ich kenne das alles viel besser als Sie. Ich weiß, wie man sie füttert, wie man ihr Medikamente verabreicht, wie man sie wäscht und wie man vermeidet, dass sie sich wund liegt. Ich weiß alles. Glauben Sie etwa, ich habe immer nur Löcher in die Luft gestarrt, wenn ich hier war? Übrigens, haben Sie ihr je vorgelesen?«
Der Mann schaute ihn verwirrt an. »Ihr vorgelesen? Nein.«
»Ich schon. Ich habe ihr all die Jahre vorgelesen. Vermutlich war es das, was sie bis jetzt am
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