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Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug

Titel: Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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gelacht und sie aufgefangen hatte.
    »Mein jüngster Sohn«, hatte er Michelle manchmal genannt, denn sie war wie ein Junge gewesen.
    Michelle ging nach oben. Ihr Vater wartete schon auf sie.
    »Ich dachte mir schon, dass du hierherkommst«, sagte er.
    »Warum?«
    »Vielleicht hast du ja noch etwas zu erledigen.«
    Michelle öffnete die Tür zu ihrem alten Zimmer, ging zum Fenster und setzte sich auf die Fensterbank, den Rücken gegen die schmutzige Scheibe gelehnt.
    Ihr Vater lehnte sich an die Wand, die Hände in den Taschen. Gedankenverloren scharrte er mit dem Fuß über den zerkratzten Holzfußboden. »Erinnerst du dich noch an viel von hier?«, fragte er und starrte weiter auf seinen Schuh.
    »Als ich zum Haus hinaufgegangen bin, habe ich mich an die Rosenhecke erinnert. Du hast sie zu eurem Hochzeitstag gepflanzt, nicht wahr?«
    »Nein, zum Geburtstag deiner Mutter.«
    »Und jemand hat die Hecke in irgendeiner Nacht zerschnitten.«
    »Ja.«
    Michelle schaute aus dem Fenster. »Wir haben nie herausgefunden, wer es getan hat.«
    »Ich vermisse sie. Ich vermisse sie wirklich.«
    Michelle drehte sich um und sah, dass ihr Vater sie beobachtete. »Ich weiß«, sagte sie. »Ich habe dich noch nie so weinen sehen wie gestern Morgen.«
    »Ich habe geweint, weil ich dich beinahe verloren hätte, Baby.«
    Diese Antwort überraschte Michelle. Dann aber fragte sie sich, warum.
    »Ich weiß, dass Mom dich geliebt hat, Dad. Auch wenn sie ... Auch wenn sie es nicht immer auf die richtige Art gezeigt hat.«
    »Lass uns rausgehen. Hier drin ist es stickig.«
    Sie schlenderten über den Hinterhof. »Deine Mutter und ich waren schon in der Highschool zusammen. Sie hat auf mich gewartet, als ich in Vietnam gewesen bin. Wir haben geheiratet. Dann kamen die Kinder.«
    »Vier Jungs in vier Jahren. Wie die Karnickel.«
    »Und dann ist mein kleines Mädchen gekommen.«
    Michelle lächelte und zwackte ihn in den Arm. »Das war wohl ein Unfall, hm?«
    »Nein, Michelle, das war kein Unfall. Wir haben dich geplant.«
    Sie schaute ihn fragend an. »Ich habe euch zwar nie danach gefragt, aber ich dachte immer, ich wäre nicht eingeplant gewesen. Wolltet ihr denn unbedingt ein Mädchen?«
    Frank blieb stehen. »Wir wollten unbedingt ... etwas haben.«
    »Etwas, das euch zusammenhält?«
    Frank ging weiter, Michelle aber nicht. Er blieb wieder stehen und schaute zurück.
    »Hast du je an eine Scheidung gedacht, Dad?«
    »Eine Scheidung? So einen Schritt hat man zu unserer Zeit nicht so schnell unternommen.«
    »Eine Scheidung ist nicht immer falsch ... nicht wenn man zusammen nicht mehr glücklich ist.«
    Frank hob die Hand. »Deine Mutter war nicht glücklich. Was mich betrifft, ich hatte daran gearbeitet. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich viel zu viel Zeit auf der Arbeit anstatt mit ihr verbracht habe. Sie hat die Kinder großgezogen und einen fantastischen Job gemacht. Aber sie hat es ohne große Unterstützung von meiner Seite getan.«
    »Das Leben eines Cops.«
    »Nein, nur das Leben dieses Cops.«
    »Du hast von Doug Reagan gewusst, nicht wahr?«
    »Ich habe gesehen, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte.«
    Michelle konnte nicht glauben, dass sie ihrem Vater diese Frage stellte, aber sie musste es tun. »Hätte es dich gestört, wenn du gewusst hättest, dass sie miteinander schlafen?«
    »Ich war ihr Mann. Natürlich hätte es mich verletzt, zutiefst sogar.«
    »Hättest du dem ein Ende gemacht?«
    »Ich hätte Reagan vermutlich krankenhausreif geschlagen.«
    »Und Mom?«
    »Deiner Mutter habe ich im Laufe der Jahre auf andere Art wehgetan. Und es war nicht ihre Schuld.«
    »Indem du nicht für sie da warst?«
    »In vieler Hinsicht ist das sogar noch schlimmer, als jemanden zu betrügen.«
    »Glaubst du?«
    »Was ist eine Affäre im Vergleich zu Jahrzehnten der Gleichgültigkeit.«
    »Du warst doch nicht die ganze Zeit fort.«
    »Du warst noch nicht da, und die Jungs waren noch klein. Glaub mir, deine Mom war im wahrsten Sinne des Wortes allein erziehend. Diese Zeit, dieses Vertrauen bekommst du nie mehr zurück ... zumindest habe ich es nicht bekommen.«
    »Hast du auch um sie geweint?«
    Er streckte die Hand aus. Michelle nahm sie.
    »Du weinst, meine Süße. Du weinst immer.«
    »Ich möchte nicht hierbleiben.«
    »Dann lass uns gehen.«
    Michelle hatte es fast zu ihrem SUV geschafft, als es geschah. Sie warf sich herum und rannte zum Haus.
    »Michelle!«, schrie ihr Vater.
    Doch sie war schon in dem alten Gebäude und stürmte

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