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Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug

Titel: Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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Quarry hatte sein Leben lang Streuner aufgenommen.
    »Was machen Sie da, Mr. Sam?«
    Quarry schob seine Gedanken beiseite und blickte aus dem Fenster des Pick-up. Gabriel beobachtete ihn von der Eingangstreppe aus. Der Junge trug wie immer seine alte, ausgeblichene Jeans, ein weißes T-Shirt und keine Schuhe. Auf seinem Kopf saß eine alte Baseballkappe der Atlanta Falcons, die Quarry ihm geschenkt hatte. Den Schirm hatte er nach hinten gedreht, damit er keinen Sonnenbrand im Nacken bekam ... zumindest hatte er Quarry das mal gesagt, als der gefragt hatte.
    »Ich denke ein bisschen nach, Gabriel.«
    »Sie denken viel nach, Mr. Sam.«
    »Das tun Erwachsene nun mal. Werde bloß nicht zu schnell groß. Kind zu sein ist viel lustiger.«
    »Wenn Sie es sagen.«
    »Wie war es in der Schule?«
    »Naturwissenschaft ist ganz okay, aber Lesen mag ich mehr.«
    »Vielleicht wirst du ja mal Science-Fiction-Autor wie Ray Bradbury oder Isaac Asimov.«
    »Wer?«
    »Warum gehst du nicht und hilfst deiner Mutter? Sie hat immer was zu tun und kaum Hilfe.«
    »Okay. Und danke für die Briefmarke. Die hatte ich noch nicht.«
    »Hab ich doch gewusst, sonst hätte ich sie dir nicht gegeben, Sohn.«
    Gabriel ging davon, und Quarry legte den Gang ein und fuhr den Pick-up in die Garage. Er stieg aus, steckte die Pistole in den Hosenbund und kletterte die Leiter zum Heuboden hinauf. Dabei rutschten seine Stiefel immer wieder von den Sprossen ab, sodass er sich hauptsächlich mit den Armen nach oben ziehen musste. Oben angelangt, stieß Quarry das Tor zum Heuboden auf und ließ den Blick über die Reste von Atlee schweifen. Er kam mehrere Male am Tag hier rauf, um das zu tun, beinahe so, als würde die alte Plantage verschwinden, wenn er dieses Ritual nicht mehr vollzog.
    Quarry lehnte sich an den Holzrahmen, rauchte eine Zigarette und beobachtete die Illegalen, die auf den Feldern im Westen arbeiteten. Im Osten sah er Gabriel, der seiner Mutter Ruth Ann im Küchengarten half, aus dem sie mehr und mehr ihre Nahrung bezogen. Das ländliche Alabama bildete die Speerspitze bei der »Begrünung« Amerikas - allerdings mehr aus Not denn aus Umweltbewusstsein.
    Wenn die Menschen sich abrackern, um im Land des Überflusses nicht unterzugehen, tun sie alles, um zu überleben.
    Sorgfältig drückte Quarry die Zigarette aus, um das Heu nicht zu entzünden. Dann glitt er die Leiter hinunter, schnappte sich eine Schaufel und marschierte gut eine halbe Meile nach Süden. Dort grub er ein tiefes Loch - eine ziemlich schwere Arbeit, denn der Boden hier war hart. Aber Quarry war körperliche Arbeit gewöhnt, und so grub sich die Schaufel mit jedem Stich tiefer ins Erdreich. Schließlich warf er die 45er in das Loch, schaufelte es wieder zu und legte einen großen Stein auf die aufgewühlte Erde.
    Es war, als hätte er jemanden begraben, doch er sprach kein Gebet. Nicht für eine Waffe. Tatsächlich würde er für nichts und niemanden beten ... nicht mehr.
    Quarrys Mutter wäre gar nicht erfreut darüber. Sie hatte ihr Leben lang einer Erweckungsbewegung angehört und konnte in Zungen reden. Jeden Sonntag hatte sie ihren Sohn zum Gottesdienst geschleift. Auf dem Sterbebett, inmitten einer der Regenfluten, die so typisch waren für Alabama, hatte sie in Zungen zu ihrem Herrn geredet. Quarry war damals erst vierzehn gewesen und hatte eine Heidenangst gehabt. Aber nicht die Stimmen waren daran schuld; an die war er gewöhnt. Es war das Sterben, verbunden mit dem Geschrei in einer Sprache, die er nie verstehen würde. Es war, als wüsste seine Mutter, dass sie diese Welt verlassen würde, und nun wollte sie den Herrn wissen lassen, dass sie kam - nur dass der Herr offenbar taub war, sodass sie schreien musste. Quarry hatte fest damit gerechnet, Jesus höchstpersönlich würde im Schlafzimmer erscheinen und dafür sorgen, dass Mom endlich das Maul hielt.
    Mit ihrem Sohn hatte Mrs. Quarry in den letzten Stunden ihres irdischen Daseins nicht mehr gesprochen, obwohl er neben ihr gesessen hatte. Dicke Tränen waren ihm über die schmalen Wangen gelaufen. Immer wieder hatte er ihr gesagt, wie sehr er sie liebe, und sehnsüchtig darauf gewartet, dass sie ihn anschaute und sagte: »Ich liebe dich auch, Sammy.« Selbst mit einem schlichten »Leb wohl, Junge« hätte er sich zufriedengegeben. Vielleicht waren solche Worte ja irgendwo bei ihrem Gebrabbel dabei gewesen, und er hatte sie bloß nicht verstanden. Sicher konnte er sich da aber nicht sein. Dann hatte Mom einen

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