Sean King 04 - Bis zum letzten Atemzug
der Garage abgestellt.«
»Vielleicht, damit niemand sieht, wie sie Willa in den Wagen laden.«
»Hier draußen? Um diese Zeit? Warum sollten sie sich solche Umstände machen? Man kann von hier aus nicht einmal das Nachbarhaus sehen. Ich weiß gar nicht, ob es hier überhaupt Nachbarn gibt.«
»Warum haben sie ausgerechnet Willa mitgenommen und keines der anderen Kinder?«
»Gute Frage. Und warum bringen sie die Mutter um und lassen alle anderen am Leben?«
Sean und Michelle stiegen nach unten. Sean ging durch die Küche in die Garage, die Platz für drei Fahrzeuge bot. Auf einem Stellplatz stand eine Mercedes-Limousine, auf einem anderen ein Chrysler-Minivan. Der dritte Stellplatz war leer.
»Da hat wahrscheinlich der Pick-up gestanden«, sagte Michelle. »Weißt du, ob die Duttons einen blauen Tundra hatten?«
»Nein. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Wagen ihnen gehörte, weil der Stellplatz frei ist. Die meisten Garagen sind mit Gerümpel vollgepackt. Dass hier alle drei Stellplätze frei sind bedeutet, dass die Duttons drei Fahrzeuge hatten, sonst hätten sie den freien Platz garantiert als Lagerraum genutzt.« Sean legte die Hand auf die Motorhaube des Mercedes. »Ist noch warm.«
Michelle strich mit den Fingern über die Reifen. »Und die sind feucht. Heute Abend hat es leicht geregnet. Tuck muss mit dem Wagen vom Flughafen gekommen sein.«
Sie kehrten ins Wohnzimmer und zur toten Pam Dutton zurück. Mit dem Ellbogen schaltete Sean das Licht an, um keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Dann zückte er seinen Notizblock und notierte die Buchstaben, die auf dem Arm der Toten standen.
Michelle bückte sich und untersuchte Pams Hände. »Sie hat Blutspuren und Haut unter den Fingernägeln. Wahrscheinlich hat sie sich gewehrt.«
»Ist mir auch schon aufgefallen. Hoffen wir, dass man in der DNA-Datenbank fündig wird.«
»Müsste da nicht mehr Blut sein?«, fragte Michelle.
Sean schaute sich die Leiche genauer an. »Du hast recht. Der Teppich müsste voller Blut sein. Wie es aussieht, haben sie ihr die Halsschlagader durchgeschnitten. Sie muss binnen kürzester Zeit ausgeblutet sein.«
Michelle wies auf ein Plastikstück, das unter dem Ellbogen der Toten hervorragte. »Ist es das, was ich glaube?«
Sean nickte. »Eine leere Spritze.« Er schaute zu seiner Partnerin. »Haben die Täter ihr Blut mitgenommen?«
3.
B ei Talbot's war Schlussverkauf, deshalb hatte Diane Wohl schon um vier Uhr Feierabend gemacht. Ein neues Kleid, ein paar Blusen, die ein oder andere Hose, ein Schal. Diane hatte gerade eine Gehaltserhöhung bekommen und wollte das zusätzliche Geld gleich einem guten Zweck zuführen. Schließlich war nichts verkehrt daran, sich dann und wann selbst ein bisschen zu verwöhnen.
Diane parkte ihren Wagen in der Hochgarage des Einkaufszentrums und ging die hundertfünfzig Meter bis zum Geschäft. Zwei Stunden später verließ sie es mit zwei Taschen voller Kleider. Sie hatte ihre patriotische Pflicht erfüllt und die schleppende Wirtschaft angekurbelt.
Diane warf die Taschen auf den Beifahrersitz und stieg ein. Sie hatte Hunger und dachte darüber nach, sich auf dem Heimweg etwas beim Chinesen zu besorgen. Sie hatte gerade den Schlüssel ins Zündschloss gesteckt, als sie den kleinen, kalten Metallring einer Pistolenmündung am Kopf spürte. Der Geruch nach Waffenöl und Zigaretten stieg ihr in die Nase.
»Fahr«, sagte eine ruhige, aber energische Stimme. »Sonst bist du tot.«
Diane gehorchte.
Eine Stunde später hatten sie die Vorstädte hinter sich gelassen. Nur der Asphalt, der abnehmende Mond und eine Wand von Bäumen waren noch zu sehen. Kein anderes Auto, kein Mensch. Diane Wohl war ganz allein mit dem Mann auf der Rückbank ihres Hondas.
»Bieg hier ab«, sagte der Mann.
Diane krampfte sich der Magen zusammen. Vor Angst kam ihr die Galle hoch.
Ein paar Minuten lang rumpelte der Wagen über einen Feldweg zwischen dunklen Bäumen hindurch.
»Anhalten«, befahl der Mann.
Diane schaltete die Automatik in Parkstellung. Als sie die Hand zurückzog, huschte ihr Blick zu ihrer Handtasche, in der ihr Handy steckte. Wenn sie es irgendwie einschalten konnte ... Oder wenn sie an ihre Schlüssel herankäme. Die könnte sie dem Kerl in die Augen stechen, wie sie es mal in einem Film gesehen hatte. Nur dass Diane so große Angst hatte, dass sie zu gar nichts mehr fähig war. Sie zitterte am ganzen Leib.
Der Mann sagte: »Raus.«
Diane rührte sich nicht. Ihr Mund war
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