Sebastian
einen Traum, der … Naja. Hmm.«
Er wusste, wovon sie sprach. Dieser Traum hatte ihn so aufgewühlt, dass er aufgestanden war, um kalt zu baden, um das Fieber, das in ihm brannte, zu lindern. Tageslicht! Warum konnte er nicht einfach aufgeben? Seiner eigenen Libido zu widerstehen, war schwer genug - vor allem, weil er noch nie zuvor das Bedürfnis dazu verspürt hatte -, aber sich ihrer zu erwehren, brachte ihn um. Mit anderen Frauen hatte er dieses Problem noch nie gehabt.
Sie ist eben nicht einfach nur eine andere Frau.
Lynnea blieb stehen und blickte in den Himmel. »Der Mond scheint gar nicht.«
»Der geht später auf.«
»Tut er das?« Sie legte den Kopf schief. »Ich frage mich, ob das bedeutet, dass in den anderen Landschaften Tag ist.«
Er zuckte mit den Schultern. »Es ist immer Nacht hier, also macht es keinen Unterschied.« Natürlich machte es doch einen Unterschied. Den Jungen, der er gewesen war, hatte die endlose Nacht erfreut - doch den Mann, der er jetzt war, ermüdete sie.
»Vielleicht doch«, sagte Lynnea. »Wenn der Mond aufund untergeht, bedeutet das, dass er dem gleichen Rhythmus folgt, wie im Rest der Landschaften. Wenn er also nicht am Himmel steht, ist es wahrscheinlich andernorts Tag.«
»Du meinst, außerhalb des Pfuhls bricht jetzt der Morgen an?«
Lynnea atmete langsam ein und schüttelte dann den Kopf. »Die Luft ist nicht so frisch und kühl wie früh am Morgen, bevor die Sonne das Land versengt.«
Sebastian ließ Lynneas Hand los und legte ihr dann einen Arm um die Schulter, um sie zum Weitergehen zu bewegen. »Du solltest das mit dem Auf- und Untergehen des Mondes Philo erklären.«
»Warum?«
»Vielleicht gibt es ihm einen Grund, verschiedene Gerichte zu verschiedenen Zeiten zu servieren. Nur zur Abwechslung. Nicht, dass es bei ihm viel Abwechslung gäbe, aber -«
»Möchtest du mir damit sagen, dass du Eier mit Speck willst?«
»Und süße Brötchen.« Nadia hatte keine gebacken, als Lynnea und er unerwartet aufgetaucht waren, aber er genoss diese Leckerei, wann immer Glorianna oder Lee ihm ein paar Brötchen ins Cottage brachten. Frisch, manchmal sogar noch warm, dick mit Butter oder Marmelade bestrichen...
»Warum leckst du dir die Lippen?«, fragte Lynnea.
»Was? Mache ich gar nicht.« Zumindest hoffte er, dass er das nicht getan hatte.
»Wenn du Eier mit Speck willst, mache ich dir welche. Wenn Philo Eier und Speck hat.«
Sebastian schnaubte. »Philo lässt niemanden in seine Küche.«
»Wollen wir wetten?«
In ihren Augen blitzte es auf, und ein selbstgefälliges und sehr weibliches Lächeln umspielte ihre Lippen. »Hast du Philo schon dazu überredet, dass du die Küche benutzen darfst?«
»Aber nein. Es wäre ja keine anständige Wette, wenn ich den Ausgang schon kennen würde.«
»Das nennt man normalerweise noch ein Ass im Ärmel haben«, murmelte er.
»Also wettest du nicht?«
»Nie im Leben.«
Sie schmollte ein wenig. »Spielst du nicht? Ich dachte, das ist eines der Dinge, die man im Pfuhl tun muss.«
»Ich habe genug Erfahrung, um zu wissen, wann ich passen muss. Und du, Freude meines Herzens, weißt bereits, dass du das Siegerblatt in der Hand hältst.«
Freude meines Herzens. Er fühlte, wie die Überraschung sie ergriff, als sie sich der Worte bewusst wurde, fühlte, wie das gleiche Gefühl ihn durchströmte. Die Worte sagten zu viel, gaben zu viel preis. Sie gehörte nicht hierher. Auch wenn sie aus eigenem Willen in den Pfuhl zurückgekehrt war, gehörte sie nicht hierher. Wenn er nicht vorsichtig war, könnten seine Worte sie an diesem Ort festketten.
»Also«, sagte er im verzweifelten Versuch, die Stimmung wieder leicht und unbeschwert werden zu lassen, »was hättest du gesetzt?«
Sie schnaubte. »Da du die Wette nicht angenommen hast, weiß ich nicht, warum ich dir das verraten sollte.«
»Ah, Lynnea -«
Das ratternde Geräusch von Rädern, die sich ihnen näherten, zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Die Leute kamen mit dem Pferd, dem Einspänner oder dem Fahrrad in den Pfuhl, aber die meisten ließen die Tiere und Transportmittel in einem der Mietställe am Rande des Pfuhls zurück, damit die Tiere keinen Mist auf den Straßen hinterließen. Ein großer Bauernwagen, der die Hauptstraße des Pfuhls hinaufratterte, war ein ungewöhnlicher Anblick - und alles Ungewöhnliche war verdächtig.
Offensichtlich war er nicht der Einzige, den das Gefährt misstrauisch machte. Als der Wagen neben Philos Restaurant anhielt, bildeten die
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