Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sebastian

Sebastian

Titel: Sebastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
Vom Netzwerk:
umklammerten krampfhaft das Papier, als er es an sich zog. »Es sind so viele«, murmelte er, als er die Aufzeichnungen anstarrte, in denen sorgfältig alle Brücken verzeichnet waren, die er über die Jahre hinweg geschaffen hatte. Seine Brücken und auch die Standorte der Brücken anderer Brückenbauer, die einen Zugang zu einer von Gloriannas oder Nadias Landschaften darstellten. »Wenn die anderen Landschaften ungeschützt sind, gibt es so viele Wege, auf denen der Weltenfresser -«
    »Es reicht.« Sie bedeckte seine Hände mit den ihren. Zweifel konnte schwere Ketten um den Verstand legen und jede Entscheidung so schwierig werden lassen, dass man nichts mehr unternahm, weil man Angst hatte, es könne das Falsche sein. Sie konnte sehen, wie die Verantwortung auf ihm lastete, die er jetzt trug. Sie befürchtete, dass er der Belastung nicht standhalten könnte, käme zu dieser Last auch noch das Gewicht des Zweifels hinzu. »Du hast doch die festen Brücken zwischen den Heiligen Stätten und den Landschaften in diesem Teil Ephemeras abgerissen, oder nicht?«
    Lee nickte. »Bis auf die zwischen den Landschaften, die von dir oder Mutter gehalten werden.«
    »Und hast du nicht die festen Brücken zerstört, über die man aus der Stadt der Zauberer oder der Schule der  Landschafferinnen in Mutters Landschaften kommen könnte?« Sie wartete, bis er erneut nickte. »Und du hast alle festen Brücken, die in den Pfuhl führen, zerschlagen, außer denen in meinen Landschaften.«
    Er zuckte zusammen, und ihre Augen wurden zu schmalen Schlitzen.
    »Es gibt eine Brücke im Wald bei Mutters Haus, die aus dem Pfuhl nach Aurora führt«, sagte er.
    »Diese Brücke muss bleiben. Wenn zu Hause etwas geschieht und Mutter die Heiligen Stätten nicht erreichen kann, möchte ich, dass sie in der Lage ist, zu Sebastian zu fliehen.« Sie musterte ihren Bruder. »Was sonst?«
    »Ich … habe eine von Mutters Landschaften mit dem Pfuhl verbunden. In der Landschaft stand eine feste Brücke, die in die Stadt der Zauberer führte. Als ich die Verbindung zwischen diesen beiden Landschaften durchbrach, fühlte ich ein … Loch, eine Leere, die ich füllen musste. Aber keine der Landschaften, die ich normalerweise mit dieser einen verbunden hätte, schien zu passen, also musste ich es bleiben lassen. Und dann, als ich in den Pfuhl gegangen bin, um aus der Resonanzbrücke eine feste zu machen … war die Resonanz zwischen diesen beiden Landschaften so stark, dass meine bloße Gegenwart einen Strömungskanal schuf, der mächtig genug war, eine Verbindung entstehen zu lassen. Ich musste eine gehörige Portion Starrsinn an den Tag legen, um sie lange genug auseinander zu halten, damit ich sie anständig verbinden konnte.«
    »Dann war es so bestimmt«, sagte Glorianna. Bevor er ihr Vorhaben erraten konnte, zog sie ihm die Aufzeichnungen aus den Händen, klopfte sie zu einem ordentlichen Stapel und legte sie in die Dokumentenschachtel, die Jeb vor ein paar Jahren für Lee gemacht hatte. Sie trug die Schachtel zum Schreibtisch und stellte sie in die unterste Schublade. Nachdem sie die Schublade abgeschlossen hatte, legte sie sich die Kette mit dem Schlüssel um den Hals und steckte sie sich in den Hemdkragen.
    Die Zimmerflucht im Gästehaus der Heiligen Stätten war das, was für Lee einem eigenen Zuhause am nächsten kam. Oh, er hatte ein Wohn- und ein Schlafzimmer in ihrem Haus auf der Insel und sein Schlafzimmer im Haus ihrer Mutter, aber das war nicht das gleiche, wie ein eigenes Haus zu besitzen.
    Er war achtundzwanzig und hatte noch nie sein Herz verschenkt. Ihretwegen. Nicht, dass er es jemals zugeben würde, aber sie wusste, dass alle seine Liebschaften zwanglos blieben, weil er den Frauen nie genug vertraut hatte, um die enge Verbindung zu seiner Schwester, der ausgestoßenen Landschafferin, zu offenbaren.
    Dieser Umstand machte sie traurig. Er hätte eine Frau haben sollen, zu der er nach Hause kam, Kinder mit denen er spielen konnte. Er sehnte sich nach diesen Dingen. Sie wusste, dass er das tat. Schließlich blieb Glorianna Belladonna kein Geheimnis des Herzens verborgen.
    Aber Trauer und Zweifel waren nicht das, was er im Moment von ihr brauchte, also hielt sie ihm ihre Hand entgegen und sagte: »Lass uns einen Spaziergang machen.«
    Er schenkte ihr ein müdes Lächeln. »Weißt du, wie viele Meilen ich in den letzten Tagen gelaufen bin?«
    »Du solltest dir ein Pferd mieten, wenn du kannst.«
    Er antwortete mit einem Knurren, erhob sich

Weitere Kostenlose Bücher