Sebastian
fühlte sich, als hätte sie den Versuch unternommen, sich durch eine Öffnung zu quetschen und sei dabei stecken geblieben. Er würde sie nicht alleine gehen lassen, und er hatte Angst, sie zu begleiten. Sie hatte noch nie eine Brücke überquert - zumindest keine, an die sie sich erinnerte -, bis Ewan sie am Straßenrand ausgesetzt hatte, statt sie zur Schule der Landschafferinnen zu bringen. Aber sie wusste, dass feste Brücken nur in ein paar bestimmte Landschaften führten, also konnte man selbst dann, wenn man nicht in der Landschaft landete, in die man wollte, meist an den Ort zurückkehren, an dem man losgegangen war. Resonanzbrücken dagegen bargen die Möglichkeit, irgendwo zu landen, und nur die geheimen Ecken des eigenen Herzens wussten, wo man enden würde. Und selbst wenn man sich sofort umdrehte und die Brücke erneut überquerte, war es nicht wahrscheinlich, dass man sich in der Landschaft wiederfand, die man gerade verlassen hatte.
Obwohl sie wusste, dass die Brücke im Wald von dieser Seite nur in Nadias Heimatdorf führte, konnte sie nicht leugnen, dass Teaser einen Grund hatte, sich Sorgen zu machen.
Aber sie konnten nicht einfach hierbleiben.
»Warum begleitest du mich?«, fragte sie.
»Weil du nicht alleine gehen kannst.«
Dieser Gedanke war offenbar in Stein gemeißelt. »Und?«
»Weil ich, wenn wir eine Familie sind, Sebastian helfen sollte.«
»Und?«
Er seufzte. »Weil es das Richtige ist?«
»Ja. Weil es das Richtige ist.« Sie hob die Garntasche auf, die jetzt ein paar Kleider zum Wechseln, ein paar Münzen und den Brief an Belladonna enthielt, und streckte ihre Hand aus. »Ich glaube nicht, dass Ephemera uns daran hindern wird, das Richtige zu tun.«
Er warf sich sein Bündel über die Schulter, hob die Laterne auf und packte ihre Hand mit einem Griff, der sie zusammenzucken ließ. »Ich bin bereit.«
Wir müssen Nadia finden, dachte Lynnea, als sie den Pfad entlangeilten. Wir müssen Glorianna finden. Wir müssen Sebastian retten. Nadia ist der erste Schritt auf der Reise. Wir gehen zu Nadia. Reise leichten Herzens, reise leichten Herzens. Wir gehen zu Nadia und -
»Tageslicht!« Teaser senkte den Kopf, um seine Augen vor dem Sonnenlicht zu schützen, das durch die Bäume fiel.
»Wir haben es geschafft!« Lynnea sah zurück. Es musste irgendwo eine Markierung geben, etwas, das fest und stabil genug war, die Magie einer Brücke zu enthalten, aber sie konnte nichts entdecken. Trotzdem konnte sie nicht abstreiten, dass sie den Pfuhl hinter sich gelassen hatten. Das Tageslicht war Beweis genug.
Sie entzog ihre Hand Teasers Griff und rieb sich die Finger, bis das Gefühl darin zurückkehrte, während sie darauf wartete, dass er die Kerze in der Laterne ausblies. Dann lief sie mit schnellen Schritten den Pfad entlang.
»Daran erinnere ich mich«, sagte sie nach ein paar Minuten und wurde langsamer. »Wir haben den Pfad genommen, der um diesen großen Stein herumführt, um zurück in den Pfuhl zu kommen, also«, sie deutete in eine Richtung - »muss Nadias Haus dort drüben liegen.«
Nach ein paar Minuten, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, erreichten sie das hölzerne Tor in dem Teil der Steinmauer, der Nadias persönliche Gärten einfasste. In Windeseile war sie durch das Tor und über den Rasen gelaufen und hatte die Fliegengittertür geöffnet, so dass sie mit der Faust gegen die geschlossene Küchentür hämmern konnte.
»Nadia?«, rief sie. »Nadia! Ich bin es, Lynnea! Wir müssen mit dir sprechen!« Sie ließ den Blick über den Garten schweifen und versuchte, etwas Ungewöhnliches zu entdecken, einen Hinweis darauf, dass das Böse auch diesen Ort erreicht hatte. Nichts schien ihr fehl am Platz, also begann sie wieder, an die Tür zu hämmern.
»Gib ihr eine Minute Zeit«, sagte Teaser.
»Warum antwortet sie nicht?«, rief Lynnea und fühlte, wie die Enttäuschung sie überwältigte. »Wo könnte sie sein?«
»Vielleicht ist sie … beschäftigt. Du weißt schon.«
Mit erhobener Faust hielt Lynnea inne und starrte ihn an. »Du denkst, sie macht die Tür nicht auf, weil sie gerade Sex hat?« Sie hieb noch kräftiger auf das Holz ein. »Nadia!«
»Nicht Sex. Ich habe nicht Sex gesagt. Tageslicht, Lynnea. Du sprichst von Sebastians Tante. Ich meinte nur … Frauen brauchen länger, um dem Ruf der Natur zu folgen.«
Sie brauchte einen Moment, um das zu verstehen. Teaser wurde immer prüder. Warum konnte er nicht einfach sagen, was er meinte? »Na, und warum sitzt
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