Sechs Richtige (German Edition)
hatten.
«Astrid Prönkel», sagte sie und gab Frau Küster die Hand.
«Ich weiß», sagte Frau Küster. «Wir sind schon alle gespannt auf Sie. Eine lustige Idee von dieser neuen Lotteriegesellschaft. Mal was anderes.»
«Ja, haha», sagte Astrid, die es lieber anders gehabt hätte. «Einen schönen Tag noch. Vielleicht sehen wir uns mal wieder.»
Rieke Küster sah sie verständnislos an. «Natürlich tun wir das.»
Astrid fiel ein, dass sie sich jetzt auf Helgoland befand. Selbstredend sah man sich wieder, und bestimmt nicht nur
einmal
am Tag. Was machten eigentlich Inselbewohner, die sich nicht mochten? Wie gingen die sich denn aus dem Weg?
Lilly hatte als Einziger die Überfahrt nichts ausgemacht, warum auch immer.
«Da sind wir also», sagte sie. «Hier ist aber ganz schön viel los.»
Das stimmte, musste Astrid zugeben, nachdem sie sich umgeschaut hatte. Überall waren Menschen, es war laut, und nun schien wieder die Sonne. Die Luft war klar und frisch, und alles fühlte sich nach Urlaub an. Vielleicht war die Entscheidung doch richtig gewesen. Man würde sehen.
4
«Es gibt hier doch Internet.» Jan glotzte auf sein iPhone. «Ich glaube es einfach nicht. Hier gibt es so was wie Zivilisation.»
Sie waren in der Jugendherberge angekommen und hatten ihre Wohnung und natürlich die Zimmer inspiziert. In einer Stunde wollten sie sich mit den Eltern treffen und alle zusammen über die Insel laufen.
«Und danach?», hatte Jan gefragt.
«Wie danach?», hatte Hanno zurückgefragt.
«Na ja. Allzu lange wird das ja nicht dauern.» Jan hatte giftig geschaut, und Hanno hatte sich einfach umgedreht, weil er keine Lust auf Streit hatte.
«Wenigstens das», sagte Antonia, die gerade dabei war, eine SMS an Sophia und alle möglichen anderen Freunde zu schicken. «Ändert ihr eigentlich euren Wohnort bei Facebook?», fragte sie dann Vanessa und Jan.
«Ich mach mich doch nicht lächerlich.» Vanessa schüttelte den Kopf. «Ich werde nicht freiwillig zugeben, dass ich auf einer Insel hocke.» Sie ging zu einem Spiegel und überprüfte die Tönungsintensität auf ihrem Haar. Heute war karamell dran.
«Weiß ich noch nicht», sagte Jan. «Aber vielleicht doch. Mia hat gesagt, sie findet es romantisch, dass ich auf Helgoland wohne. Sie will auch so bald wie möglich herkommen.»
Antonia verdrehte die Augen. «Will sie dir in Mathe helfen, damit du wenigstens diesmal versetzt wirst?», fragte sie zuckersüß. «Oder in Chemie? Die stimmt ja zwischen euch.»
Jan verließ kommentarlos das Zimmer.
«Ich glaube, ich finde es sehr schön hier.» Lilly war am Schwärmen. «Wir können in der Nordsee schwimmen. Irgendwie hat man hier immer Ferien.»
«Wir haben hier nicht
immer
Ferien. Hier ist genauso Schule wie in Frankfurt. Und der Sommer dauert auch nicht ewig», erklärte Jan seiner Schwester im Türrahmen. «Was machen wir im Herbst und im Winter? Überlegt euch das mal.»
«Keine Ahnung», sagten Vanessa und Antonia.
Aber Lilly wusste es: «Ich werde viel lesen. Und mit Bonnie spielen.» Sie hatte sich am Hafen schon mit der Schwester von Fridtjof unterhalten und sich verabredet.
«Meine Güte», sagte Antonia. «Du immer mit deinem Lesen. Irgendwann fallen dir noch die Augen aus dem Kopf.»
«Besser, als wenn sie mir vor Langeweile zufallen», erwiderte Lilly. «Das wird euch nämlich passieren, wenn ihr euch hier keine Beschäftigung sucht.»
Zwei Stunden später hatten sie die Insel einmal umrundet und saßen in einem Café, in dem es sehr laut war, ein wenig so wie am Lummenfelsen, wo ein ohrenbetäubendes Kreischen herrschte. Die Trottellummen schrien so, als ginge es um ihr Leben. Dort bekam man Ohrenschmerzen.
«Hier ist ein ganz schönes Gewusel», sagte Astrid, und damit hatte sie recht. Die Tagestouristen quetschten sich durch die Straßen und kauften ein, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her. Mit gehetzten Gesichtern trampelten sie vorbei, wedelten mit den Plastiktüten und schrien durcheinander.
«Hi», sagte da jemand freundlich, und sie schauten auf. Vor ihnen stand der Erbsensuppen-Fridtjof und grinste.
«Ach, hallo», sagte Antonia. «Na, geht es dir besser? Hast du dich mal so richtig auskotzen können?»
«Das machen wir halt immer», sagte Fridtjof.
«Echt lustig.» Vanessa verdrehte die Augen. «Wenn man sonst nichts zu tun hat.»
«Heißt du eigentlich wirklich
Fridtjof
?», fragte Antonia. «Oder habe ich deine Mutter da vorhin falsch verstanden?»
«Ja, ich heiße so»,
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