Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)
meine Karte gar nicht dabei.« Ich zuckte mit den Achseln. Wie stand es denn mit ihrer eigenen EC-Karte? Die nächste Bank lag vielleicht sieben Minuten Fußmarsch entfernt.
»Gib ihnen das Bett doch für hundertzwanzig Euro.« Ich allein wusste, wie Max’ Großzügigkeit zu deuten war. Weg damit, egal zu welchem Preis. Hauptsache, wir radieren die unbefriedigende Vergangenheit aus.
»Es gibt aber andere, die hundertvierzig geboten haben!«, hielt Lea dagegen. »Es tut mir leid, ich rufe die anderen an.«
Verena schnaubte auf, während die gewiefte Bettverkäuferin uns in Richtung Haustür schob. Mit gesenktem Kopf versuchte ich mich an Max vorbeizudrücken, der weiterhin den Türrahmen einnahm. Als ich ihn anrempelte, blickte ich kurz auf, und auch er schaute mich an. Nur den Bruchteil einer Sekunde meinte ich ein Zeichen des Wiedererkennens ausmachen zu können. Ein kurzes Aufflackern.
Unser Treffen damals endete unglücklich. Die Bettakrobatik war wie gesagt so lala. Darüber hatten wir uns noch königlich amüsiert, und es hätte der Beginn einer netten Romanze werden können. Als ich allerdings schnell mal auf die Toilette flitzte, starrte ich in der Hockhaltung auf den Goldfisch. Er tat mir total leid, und ich schimpfte Max einen Tierquäler. Er erklärte mir die Sache mit dem Kurzzeitgedächtnis von Goldfischen und dass Goldie Hawn (ja, der Fisch hieß tatsächlich wie die Schauspielerin) sich im Gästeklo sehr wohl fühlen würde. Das brachte mich derart in Rage, dass ich hastig meine Sachen einsammelte, das Haus verließ und in Sachen Max mein Kurzzeitgedächtnis löschte.
Jetzt verabschiedeten wir uns an der Haustür, eine stinksaure Verena, ein in seinem Gedächtnis kramender Max, eine triumphierende Lea und eine Jule, die ihren Mund einfach nicht halten konnte.
»Das mit dem Kurzzeitgedächtnis von Goldfischen stimmt übrigens nicht.« Ich hatte nach unserem Tête-à-tête im Internet recherchiert. »Das ist nur eine Entschuldigung für unzureichende Haltung. Wie sonst wüssten die Goldfische, dass das, was ins Wasser fällt, Futter ist?« Alle drei fixierten mich teils interessiert, erstaunt und teils belustigt. Zum Schluss warf ich noch einen Satz in die Menge, der Seitenspringer Max die Luft anhalten ließ und Lea dazu animieren würde, genau zu überlegen, welche Namen ihrer Familienmitglieder sie in unserer Gegenwart preisgegeben hatte. »Ich finde, das hat niemand verdient. Weder ein Fisch namens Wanda noch Goldie Hawn.«
»Sag mal, spinnst du?« Verena war außer sich, als sie mich außer Hörweite die Straße hinuntergezogen hatte. »Du hast mir das ganze Geschäft vermasselt.« Ich hörte ja wohl nicht richtig.
»Was kann ich denn dafür, wenn du zu wenig Geld dabeihast?« Ich wehrte mich vehement. Vielleicht hatte ich wirres Zeuggequatscht, aber die Sache mit dem Bett war nicht meine Schuld. Unter uns war es mir schon lieber, dass Verena zukünftig nicht in einem Bett schlief, in dem ich schon einmal ihre eBay-Verkäuferin hintergangen hatte.
»Was sollte denn der ganze Quark mit dem Goldfisch eigentlich? Jule, du bist irgendwie total merkwürdig, seit du …« Sie sprach den Satz nicht zu Ende.
»Seit ich was?« Zugegeben, ich klang angriffslustig.
»Na ja«, schlug Verena den Return knallhart zurück. »Seit du das ganze Geld gewonnen hast. Du hättest ruhig mal die zwanzig Euro rausrücken können. Aber ist ja auch egal. Ist ja nicht so wichtig, dass ich das Bett jetzt viel teurer im Geschäft kaufen muss.« Verena stapfte beleidigt davon.
Wie komplett unlogisch war das alles?
»Mann, das stimmt doch alles gar nicht!« Verzweifelt rief ich ihr hinterher.
»Geld anhäufen und dann den Geizhals spielen. So kenn ich dich überhaupt nicht, Jule. Du hast dich total verändert. Und der Auftritt da eben war voll peinlich!«
Ich hastete Verena hinterher, sah aber nur noch, wie sie in ihr Auto stieg, den Motor heulend anließ, aus der Parklücke stieß und davonrauschte.
Zurück blieb ich mit offenem Mund, der nach Luft schnappte. Wie ein Karpfen.
Wer Geld hat, kauft ein Auto.
Wer keines hat, stirbt auf andere Weise.
Fernandel
Das Telefon war schneller als der Wecker. Drei Minuten, bevor ich eigentlich aufstehen musste, weckte mich ein Anruf.
Verena, dachte ich schlaftrunken und griff freudig nach dem Telefon. Die halbe Nacht hatte ich nicht schlafen können, weil ich zwischen Wut und Trauer über unseren Streit schwankte.
Was bildete die sich ein?, dachte ich entnervt, um kurz
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