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Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Titel: Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Hasselbusch
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Halbdunkeln durch die engen Straßen, in denen sich ein Gründerzeithaus an das nächste schmiegte.
    »Welche Nummer noch mal?«, fragte ich, um mich interessiert zu zeigen. Bisher hatte ich die Aktion eher boykottiert. Ich wollte nicht, dass Verena den Eindruck gewann, mir sei ihr Schnäppchenbett nicht wichtig genug.
    »Da ist es, die Zwölf!« Verena war erleichtert, sie war selbst nicht die Geduldigste. Verena drückte einen der glänzenden, goldenen Klingelknöpfe. Als es summte, betraten wir die geräumige, marmorgeflieste Eingangshalle. Diese typischen Altbauten ähnelten sich. Auch hier war im Erdgeschoss ein großer Spiegel angebracht, in dem man das Gesamterscheinungsbild kontrollieren konnte vor wichtigen Terminen, sei es im Büro, im Fitnessstudio oder mit anderen Hundebesitzern im Park. Mit Schrecken sah ich mein eigenes Erscheinungsbild. Dann, dass es keinen Fahrstuhl gab.
    »Welches Stockwerk?«, flüsterte ich. Verena hielt grinsend zwei Finger hoch, und ich nickte erleichtert.
    Wir beide waren gebrannte Kinder, nachdem wir in unserer Studentenzeit bei einem Umzug aus dem fünften Stock geholfen hatten. Ohne Fahrstuhl. Danach fühlte man sich wie Arnold Schwarzenegger nach zehn Stunden Hanteltraining und 70   000Sit-ups. Ich wollte gar nicht wissen, was für Waden die Besitzer solcher Wohnungen hatten. Oder generell welchen Körperfettanteil. Da überlegte man sich doch dreimal, ob man die fehlende Milch wirklich noch brauchte. Fünfter Stock ohne Fahrstuhl, das war eine noch bessere Entschuldigung als ein krankes Kind oder der perfekte Parkplatz.
    Über die geschwungene, großzügige Treppe gelangten wir in den zweiten Stock.
    »Wollten Sie nicht schon früher kommen?«
    »Wir haben so lange nach einem Parkplatz gesucht«, entschuldigte sich Verena artig, ganz unterwürfige Bett-, äh, Bittstellerin.
    Die Frau Mitte dreißig empfing uns zickig und im Jogginganzug, natürlich einer der ausgehfeinen Sorte. Eine Lila-Pink-Kombination, die vermutlich mehr gekostet hatte als mein Beitrag fürs Fitnessstudio. Aber bei eBay noch schnell ein paar Euro machen, klar. Jule, du wirst wieder ungerecht, flüsterte mir meine innere Stimme zu. Warum sollte sie, selbst wenn sie genügend Geld hatte, ihre Sachen nicht bei eBay anbieten?
    Noch bevor ich Hallo gesagt hatte, spürte ich eine Aversion gegen diese Frau und hätte alles an ihr schlecht gemacht, selbst eine Spendenaktion für Not leidende Kinder, wenn sie denn eine gestartet hätte. So etwas hatte ich vorher noch nie erlebt, außer vielleicht, als ich meinen Ex-Ex zufällig mit seiner neuen Eroberung in einem Café getroffen hatte. Mit dieser Frau würde ich nicht warm werden, und das nicht nur wegen der Jogging-Haute-Couture.
    »Kommen Sie mit. Ich bin Lea. Das Bett steht da hinten.«
    Sie führte uns durch einen langen Flur, wie ich ihn schon häufig bei Freunden oder Arbeitskollegen durchquert hatte. Unzählige Zimmer gingen von diesem Flur ab. Ich spähte neugierig in den einen oder anderen Raum, ein Schwimmbad konnte ich aber nicht entdecken. Lea bog in die Küche ab. Diese war in Hellblau gehalten. In der Mitte stand ein langer Holztisch. So eine hellblaueKüche hatte ich schon einmal irgendwo gesehen. Mir fiel nicht mehr ein, wo. Ich wusste nur, dass mir die Farbe damals sehr gefallen hatte.
    »Ich muss noch eben das Essen vom Herd nehmen, mein Mann kommt mal wieder zu spät.« Sie drehte den Knopf an dem modernen Edelstahlherd ab.
    Okay, Lea war also nicht sauer auf uns, wir waren nur das Ventil für ihre eigentliche Wut: ihr Mann, der »mal wieder« zu spät kam. Wenn man diese Probleme zwei wildfremden Frauen bereits nach einer Minute auftischte, musste es sehr schlimm um die Ehe stehen. Entweder länger als fünf Jahre verheiratet oder frisch betrogen. Bei der Frau tat er gut daran, besser später als früher nach Hause zu kommen, ergriff ich innerlich Partei für den Herrn im Haus, oder eben nicht im Haus.
    »Wieso kicherst du so?« Verena stieß mich in die Seite und zischte mir eine Ermahnung zu.
    Ich konnte nicht anders, ich fand die Situation mit der unglücklichen Frau so lustig. Vielleicht weil es ihr noch schlechter ging als mir. Meine Sorgen wären morgen mit der neuen Ausgabe der ›Mopo‹ wie ausradiert, während sie darin schon mal die Kontaktanzeigen studieren könnte.
    »Trennen Sie sich?« Verena starrte mich entsetzt an. Auch ich erschrak darüber, dass ich das wirklich laut gefragt hatte. »Also ich meine, trennen Sie sich von

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