Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)
Statement einspielte.
»Ich darf gar nicht in der Öffentlichkeit auftreten. Sonst ist doch klar, dass ich der Lotto-Finanzberater bin. Wenn Ihre Freunde Sie jetzt mit mir sehen würden und wüssten, wer ich bin, würden Sie aus der Gerüchtefalle wohl nie wieder rauskommen.« Das leuchtete mir sogar ein.
»Könnten Sie nicht für mich eine Ausnahme machen? Ich will wieder das arme Bettelmädchen sein, das sich die Stiefel aus dem Schaufenster nicht leisten kann.«
»Kann ich leider nicht! Und wagen Sie es ja nicht, sich Stiefel zu kaufen, die Ihre schönen Knie bedecken.« Ich grinste zum ersten Mal seit langer Zeit, schien es mir.
»Da wir ja nun auch nicht beruflich hier sitzen, sondern privat, können wir uns eigentlich auch duzen, oder?«
»Von mir aus!« Ich war mir nicht sicher, ob mir das zu schnell ging, andererseits war er nur einen Tick älter und wusste schon so ziemlich alles über mich: dass mein Chef ein Choleriker war, wie es in meiner Handtasche aussah und dass meine beste Freundin nichts mehr mit mir zu tun haben wollte. Unmotiviert stocherteich in den Sushis, die appetitlich auf einem Bambusteller mit Zitronengras angerichtet waren.
»Magst du die nicht?«
»Doch, doch! Die Situation ist nur so merkwürdig.«
»Das glaube ich. Aber lange hält sich das Gerücht doch nicht. Keine Sorge. Machst du denn eigentlich noch Berichte über Lottogewinner?« Gute Frage.
»Ich glaube schon. Seit meinem Auftritt war ich nicht mehr im Sender. Ich muss mal wieder hin.« Markus hob den Zeigefinger.
»Ich könnte dir vielleicht Kontakt zu einem verschaffen, der mehrere Millionen gewonnen und davon einen Fußballverein gekauft hat.«
»Echt?« Das hatte ich noch nirgends gelesen.
»Er wollte als Kind schon immer Fußballprofi werden, hat’s aber nie über die Kreisklasse hinausgeschafft.« Ein ewiges Talent also. »In der Bundesliga war’s nichts mit dem Kauf, deswegen hat er in Amerika ein Team gekauft. Die Charleston Soccer Dream Boys oder so was schrecklich Kitschiges.« Markus hatte es geschafft, dass ich gedanklich über ein Fußballfeld an der amerikanischen Ostküste jagte. »Er kaufte richtig starke Spieler, auch zwei aus der Bundesliga. Seine einzige Bedingung war, dass er im ersten Match mitspielen durfte.« Ich verschluckte mich beinahe.
»Was? Das wäre ja so, als würde ein Schulsprecher einen Tag lang Angela Merkels Posten ausfüllen. Und hat er mitgespielt?«
»Ja. Genau sieben Minuten, bis er das Führungstor geschossen hat.« Das klang doch nicht schlecht, fand ich. »Für die Gegner!« Markus lächelte, als er sah, dass die Pointe bei mir landete.
»Und gibt’s die Mannschaft noch?«
»Ja, klar. Ihr Gönner fungiert aber nur noch als Trainerberater oder Ballaufpumper oder so.« Wirklich schade, dass ich mein Mikro nicht mithatte. Ich hoffte auf Nachschub an launigen Lotto-Anekdoten. Mir fiel unser Telefonat wieder ein.
»Was hat es denn eigentlich mit den Australiern auf sich undder Schwangeren?« Markus balancierte sehr elegant ein mit Krabben gefülltes Sushiröllchen zum Mund, kaute und trank einen Schluck des asiatischen Biers.
»Ach das. Eine Familie in Australien hat tatsächlich dreimal im Lotto gewonnen. Jedes Mal über eine Million.« Ich riss die Augen auf.
»Drei Mal?«
»Richtig. Und jedes Mal, als die frohe Nachricht kam, war die Mutter schwanger. Ta-da! Zufall?«
»Glaube ich nicht. Das ist Lottoschicksal«, war ich mir sicher. Ich nahm einen Schluck Wein und grübelte über die Geschichte, die Markus gerade erzählt hatte. »Und wie heißen die Kinder?« Der Experte für Zahlen und Finanzen schien auch Profi auf dem Gebiet der guten Unterhaltung zu sein.
»Ich weiß es gar nicht. Aber lass mal überlegen. Drei Kinder. Die zwei Jungs und ein Mädchen könnten heißen: Lotto, Lotta und …« Er überlegte kurz schmunzelnd, als ich kichernd einhakte.
»… und Jack!«
»Jack Pot?«, fragte er. Ich gackerte in mein Glas und dachte dabei nur ganz kurz an einen Goldfisch. In meiner albernen Laune legte ich noch einen nach.
»Auf jeden Fall scheinen die Lotto-Eltern super Sex, äh, ›Super 6‹ gehabt zu haben.«
»Ich bin zu Fuß da. Du auch?«
Markus hatte ohne Mucken die Rechnung bezahlt und mich sanft zur Straße eskortiert.
Ich schüttelte leicht beschwipst den Kopf und zeigte auf meine Luxuskarosse.
»Ist das deiner?« Ich nannte kurz die Stichworte, und Markus schüttelte amüsiert den Kopf. »Schön blöd von denen. Nutz das bloß aus. Selbst schuld,
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