Sechseckwelt 01 - Die Sechseck-Welt
Riesengroße Druckmaschinen, die aussahen wie Schreibmaschinen, standen überall herum, während Fernsehschirme wiedergaben, was die Wesen mit ihren Vorderbeinen auf sonderbaren Tastaturen schrieben. Die Tastatur war eine Anordnung von offenbar gleichartigen Würfeln, vierzig oder fünfzig an der Zahl, die bei Berührung kurz aufleuchteten. Auf den Bildschirmen entstand ein irres Punktmuster ohne erkennbare logische Anordnung. Wenn der Schirm voll war, trat ein Hinterbein gegen einen großen Stift, der Schirm war leer, und es wurde weitergetippt.
Lesen kann ich die Sprache also nicht, dachte Hain. Nun, man kann nicht alles haben.
Der Führer wartete geduldig, bis jemand ihn bemerkte und aufsah.
»Ja?« fragte der Arbeiter böse.
»Habe den Markling auf der Straße gefunden, behauptet, ein Neuzugang zu sein«, sagte Hains Führer.
Was konnte ein Markling sein?
»Augenblick«, erwiderte der andere. »Ich stelle fest, ob Ihre Hoheit Sie empfängt.« Er ging durch einen Nebeneingang und blieb einige Minuten fort. Als er wieder auftauchte, sagte er: »Ihre Hoheit empfängt den Neuzugang. Nur diesen. Sie gehen wieder an Ihre Arbeit.«
»Gut«, entgegnete der Führer, drehte sich um und ging.
Hain sammelte seinen ganzen Mut und betrat den Nebenraum.
Im Inneren befand sich das größte Wesen, das er je gesehen hatte. Seine Haare waren weiß.
Es lagen ein paar Kisten und Säcke herum, und es gab eine der Schreibmaschinen mit einem viel größeren Bildschirm. Das war alles. Das riesige Wesen hob sich auf die hinteren vier seiner acht Beine.
»Wie ist Ihr Name?« fragte es.
»Datham Hain, Hoheit«, erwiderte er respektvoll.
Der Funktionär fuhr nachdenklich mit der Zunge über seinen Schnabel. Schließlich ging er zur Schreibmaschine und tastete etwas ein. Der Schirm füllte sich mit den seltsamen Punkten. Das Wesen studierte sie minutenlang, dann drehte es sich um.
»Normalerweise würden wir Sie nur ausbilden und konditionieren, Sie würden sich anpassen oder sterben. Aber in diesem Fall haben wir eine besondere Aufgabe für Sie. Schade, daß Sie als Markling aufgetaucht sind, aber das war zu erwarten. Sie werden hier in der Nähe untergebracht – einer meiner Mitarbeiter zeigt es Ihnen. Essen Sie zuerst einmal. Die meisten Neuzugänge kommen hungrig hier an. Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf, was das ist, wir können fast alles essen. Warten Sie in Ihrer Unterkunft, bis ich Anweisungen vom Kaiserlichen Hauptquartier erhalte.«
»Hoheit, darf ich eine Frage stellen?«
»Ja, ja«, sagte der andere ungeduldig. »Also?«
»Was ist ein Markling?«
»Hain, das Leben im akkafischen Reich ist hart und billig. Die Kindersterblichkeit ist enorm hoch, die Gründe werden Sie kennenlernen. Deshalb werden, um den Fortbestand der Rasse zu sichern, für jedes männliche ungefähr fünfzig weibliche Wesen geboren. Ein Markling ist ein weiblicher Akkafier, Hain. Sie haben eine Geschlechtsumwandlung erlebt.«
Datham Hain wurde von einem der Büroangestellten in einen großen Raum voller seltsamer Tiere, Pflanzen und Würmer geführt, die zum Teil noch lebten. Als Akkafier sich zu ernähren, war nicht erfreulich, jedenfalls für Hains unangepaßte Psyche, aber notwendig. So schlecht schmeckte das Zeug auch gar nicht, und es füllte die Leere in den offenbar mehrfach vorhandenen Mägen.
Entdeckt zu haben, daß er jetzt weiblich war, schockierte Hain nicht besonders; die Sexualität hier würde so völlig anders sein, daß es ohnehin kaum eine Rolle spielte. Beunruhigend war nur, daß die Männer allein zu bestimmen schienen. Die Nirlings, wie die männlichen Wesen genannt wurden, waren größer, beherrschten den Staat und die Technologie. Die Weibchen, zumeist geschlechtslos gemacht, leisteten die Arbeit, dem Anschein nach unter einem inneren Zwang.
Nach dem Essen wurde Hain zu einem Ruheraum gebracht, der mehrere Stockwerke hoch war, eine gewaltige unterirdische Wand von Zellen, jede gerade groß genug, eines der Wesen aufzunehmen. Die Arbeit ging offenbar rund um die Uhr weiter, und die Arbeiter lösten sich in Schichten ab. Hain kletterte mühelos hinauf und schob sich in die zugewiesene Zelle. Sie war warm und außerordentlich feucht, viel angenehmer als die trockene Luft im Büro. Es gab eine Art Teppich aus Tierhaaren, und eine kleine Tafel mit zwei Knöpfen, von denen einer hineingedrückt war. Neugierig drückte Hain den anderen. Sie hatte offenbar ein Radio vor sich, aus dem seltsam angenehme Geräusche
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