Sechseckwelt 02 - Exil Sechseck-Welt
andere Gerät, ein winziges Rechteck, und legte es so hin, daß es auf dem Kissen lag und zur Kamera wies. Befriedigt legte sie den ersten Gegenstand hin und entspannte sich im Lotossitz mit geschlossenen Augen.
Das Ganze hatte keine zehn Sekunden gedauert.
Befriedigt von dem, was sie mit ihren Speziallinsen sehen konnte, öffnete sie die Augen und glitt vorsichtig und lautlos vom Bett, bemüht, das kleine Rechteck nicht zu verrücken.
Sie vergewisserte sich, daß es seine Lage beibehalten hatte. Das Gerät war unglaublich kompliziert; sie hatte es erst entdeckt, als es dazu benützt worden war, sie bei einer kleinen Betrugsaffäre hereinzulegen, und viel Geld dafür bezahlt. Was es leistete, war, daß es das erste Bild, das die Kamera aufnahm, erstarren ließ und festhielt. Es gab eine automatische Anpassung von mehreren Sekunden von der normalen zur Infrarotaufnahme, ein wenig länger zur neuen Scharfeinstellung. Sie hatte dann elf Sekunden Zeit, den Rückkopplungs-Projektor, wie er genannt wurde, auszulösen und in Position zu bringen.
Ruhig, mit der Heimlichkeit und Vorsicht einer erfahrenen Einbrecherin, zog Mavra sich an. Sie begann, in die Stiefel zu schlüpfen, besann sich aber anders, als sie an das hallende Echo draußen dachte. Sie entfernte die Schnalle vom Peitschengürtel und benützte den Dorn, um ihn unter die Peitsche zu schieben, dann drehte sie den kleinen Peitschengriff, um ihn leicht herausziehen zu können, indem sie die fast unsichtbaren Nieten löste.
Sie hatte mit den Papiertüchern nicht ihre Schminke entfernt, sondern sie gleichmäßig über das ganze Gesicht verteilt und sich auch die Hände damit eingerieben. Nun nahm sie ein kleines Päckchen in Schrumpfverpackung aus ihrem linken Stiefel und öffnete es, um das winzige Kissen herauszunehmen. Sorgfältig und methodisch wischte sie damit über alle entblößten Hautflächen. Die schwache Chemikalie reagierte auf eine andere in der Schminke und sorgte dafür, daß sie tiefschwarz wurde. Als nächstes entfernte sie die Spezial-Kontaktlinsen, träufelte mit einer ganz kleinen Pipette zwei Tropfen in ihre Augen, dann nahm sie ein anderes Linsenpaar aus ihrem Päckchen und führte sie ein. Sie waren durchsichtig, aber wenn sie die winzige Batterie in ihrer Gürtelschnalle einschaltete, verwandelten sie sich in Infrarotlinsen. Auf Neu-Pompeii gab es nicht nur eine Person mit Katzenaugen.
Sie schaltete auf Infrarot, griff nach dem Spiegel und betrachtete sich. Sie sah natürlich zum Fürchten aus, aber die chemische Schwärzung war eine wirksame Abwehr gegen die Wärmestrahlung, die von Infrarotaugen wahrgenommen wurde. Sie dunkelte ein paar Stellen nach, bis sie im Spiegel nichts mehr sehen konnte. Ihre Hände prüfte sie mit normalem Blick.
Dann kamen die Mini-Ampullen. Sie paßten unter ihre langen, scharfen Nägel, und die Injektorspitzen verschmolzen mit den Spitzen ihrer Fingernägel. Sie lud sie alle, nicht immer mit demselben Stoff. Mehr als eines dieser kleinen Geräte hatte ihr schon den Hals gerettet – und war anderen teuer zu stehen gekommen.
Schließlich berührte sie die zweite Energiekapsel an der Schnalle. Sie speiste das Material in den Chemikalien und in ihrer Kleidung. Wärmeortungsanlagen würden sie ignorieren.
Den Juwelenraub auf Baldash versuchte man noch immer aufzuklären.
Das große Türschloß stellte kein Problem dar, aber die vier Sensoren in der Tür. Sie paßten fast fugenlos in den Rahmen, und Mavra konnte nur zwei Streifen hineinzwängen. Beim dritten war eine Klinge erforderlich. Obwohl sie kein Messer hatte, diente das speziell behandelte Material in ihrem Stiefel als eines. Der Zehennagel eines großen Tieres auf einer fernen Welt, scharf geschliffen, behandelt wie ihre eigenen Nägel. Eine schöne, dünne, flache Klinge.
Die anderen Streifen waren leicht hineinzuschieben, und sie öffnete langsam und vorsichtig die Tür. Es gab keinen Alarm, und sie schaute hinaus. Der Korridor war dunkel, aber offenbar nicht bewacht. Obwohl Trelig sich so sehr auf Menschen verließ, benützte er ein professionelles Sicherheits-Supersystem, und das war sein Fehler. Erfolgreiche Verbrecher – jene, die nicht gefaßt worden waren – hatten sich längst gegen Infrarot und Mikrofone gewappnet.
Mavra trat hinaus und schloß lautlos die Tür. Auf ihrem Weg zum Bankettsaal begegnete sie niemandem. Dort gab es nur eine Kamera, wie sie beim Essen bemerkt hatte.
Sie näherte sich dem Eingang und starrte durch den
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