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Sechseckwelt 02 - Exil Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 02 - Exil Sechseck-Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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Nachmittag des dritten Tages geschah das, was Mavra Tschang mehr fürchtete als den Regen.
    Der Wald hörte auf.
    Nicht endgültig, versteht sich. In einer Entfernung von einem Kilometer setzte er sich fort, aber vor ihnen erstreckte sich eine weite Grasfläche, durchzogen von mehreren ungeteerten Straßen, auf denen reger Verkehr herrschte. Sie verfolgten vom Waldrand aus, wie Riesenzyklopen sich hin und her bewegten, manche allein, andere mit großen Holzkarren.
    »Wenigstens wissen wir, daß wir nicht im Kreis gelaufen sind«, tröstete Mavra.
    »Ja, wir sind weit von unserem Landungsplatz entfernt«, sagte Renard. »Aber stimmt die Richtung?«
    »Wir könnten eine Weile dem Wald auf der linken Seite folgen«, schlug sie vor. »Vielleicht führt er irgendwo zur Straße. Wir haben schon Straßen überquert.«
    »Sieht nicht so aus«, sagte Renard. Seine Sätze waren kürzer und knapper geworden.
    »Dann müssen wir hier warten, bis es dunkel wird«, meinte Mavra seufzend. »Jetzt können wir auf keinen Fall hinüber.«
    »Ich will nicht gefressen werden«, erklärte Nikki Zinder plötzlich. »Erinnert ihr euch an den einen, der das Schaf mit drei Bissen verschlungen hat?«
    Mavra erinnerte sich. Sie mußten sich verstecken, bis die Nacht hereinbrach und der Verkehr nachließ. Sie setzten sich und dösten. Auch Mavra schlief endlich ein.
    Renard war als erster wieder wach und kroch hinaus zum Rand der Ebene. Es waren immer noch viele Zyklopen in Bewegung, wenn auch weniger als vorher. Es hätte also die sichere Ergreifung bedeutet, sich jetzt hinauszuwagen.
    Er kroch zurück. Mavra schlief so fest, daß sie ihn nicht hörte, aber Nikki regte sich, öffnete die Augen und sah ihn an.
    »Glauben Sie, wir können hinüber?« fragte sie leise.
    »Ja, später.«
    Sie schob sich näher an ihn heran.
    »Renard?«
    »Ja?«
    »Ich habe Angst.« Das Lispeln war erst an diesem Tag bemerkbar geworden.
    »Die haben wir alle. Wir müssen einfach weiter.«
    »Die hat keine«, sagte sie und zeigte auf Mavra. »Ich glaube nicht, dath thie vor irgend etwath Angth hat.«
    »Sie hat eben gelernt, mit der Angst zu leben«, erklärte er. »Sie kann Angst haben, ohne sich davon lähmen zu lassen. Das mußt du auch lernen, Nikki.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Eth itht mehr. Ich will nicht thterben, aber – wenn ich muth – dann…« Sie suchte nach Worten.
    Er verstand sie nicht und sagte das auch.
    »Rennie?« sagte sie zögernd. »Machtht du Liebe mit mir?«
    »Wie?« Er starrte sie verblüfft an.
    »Ich will eth, nur einmal. Für alle Fälle.« Sie hatte beinahe Tränen in den Augen, und ihre Stimme klang flehend. »Ich will nicht thterben, ohne eth einmal gemacht zu haben.«
    Er schaute zur schlafenden Mavra hinüber, dann blickte er auf das Mädchen und wunderte sich darüber, wie man selbst im Angesicht des Todes noch in peinliche Situationen geraten konnte. Er überlegte eine Weile und sagte sich endlich: Warum nicht? Was konnte es schaden? Wenigstens war das etwas, das er für jemanden tun konnte, ohne es zu verpfuschen.
    Mavra Tschang fuhr aus dem Schlaf hoch und schaute sich um. Es war dunkel – sie hatte geraume Zeit geschlafen. Plötzlich spürte sie Kopfschmerzen, und ihr ganzer Körper war steif und verkrampft.
    Sie entdeckte Renard und Nikki unter einem großen Baum. Er hatte den Arm um sie gelegt, beide schliefen. Mavra begriff sofort, was geschehen war; man konnte sich hier kaum saubermachen. Es störte sie, und daß es sie störte, störte sie erst recht. Vielleicht deshalb, weil sie es nicht verstehen konnte.
    Sie kroch zum Rand der Lichtung. Es herrschte nicht mehr viel Kommen und Gehen draußen, ab und zu kam ein Wagen vorbei, beleuchtet von Fackeln.
    Sie huschte zurück zu den beiden und weckte sie vorsichtig. Nikki schien ruhiger zu sein, was gut war, geistig aber noch geschwächter.
    »Wir können bald hinüber«, sagte Mavra. »Wir gehen heute so weit, wie wir können, um die verlorene Zeit aufzuholen.«
    »Wir laufen hinüber?« fragte Nikki.
    »Nein, Nikki, nicht laufen, wir gehen ganz langsam.«
    »Aber dath grothe Ding thieht unth!«
    »Es sind nicht mehr viele«, erklärte Mavra. »Und wenn eines kommt, legen wir uns einfach hin und warten.«
    Renard sah Nikki an und tätschelte ihre Hand. Das gefiel ihr, und sie schmiegte sich an ihn.
    »Gehen wir, Nikki«, sagte er leise.
    Sie standen auf und schlichen zum Rand der Ebene. Keine Fackeln oder Karren waren zu sehen, bis auf zwei trübe Lichter in weiter

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