Sechseckwelt 03 - Entscheidung in der Sechseck-Welt
Holzwand.
»Warte!« schrie Mavra Joshi zu und hetzte dem Parmiter entgegen, den plötzlich das Gefühl beschlich, in der Falle zu sitzen.
Er hob die Gaspistole, aber sie sprang mit ihren Sechsundsechzig Kilo auf den nicht mehr als fünfzehn Kilogramm schweren Parmiter.
»Chrrg!« ächzte der Parmiter, als ihm die ganze Luft aus dem Körper gepreßt wurde. Er ließ die Pistole fallen.
Doc und Grüne warfen sich ein zweites- und drittesmal gegen die Wand aus Baumstämmen, und das genügte. Die Wand splitterte nicht nur und brach auseinander, das Halbdach stürzte gleich mit ein.
Als sie in das Gehege stürzten, ließ Joshi das Seil los.
Mavra überschlug sich blitzschnell und stand wieder auf den Beinen.
»Zum Bach!« kreischte sie Joshi zu, und er fuhr herum.
Der brennende Topf landete direkt auf einer der großen Echsen, die qualvoll aufschrie, hinstürzte und ihren Begleiter mitriß.
Genährt durch das trockene Stroh, das überall herumlag, entzündeten die Flammen das eingestürzte Dach.
Blitzschnell sprangen Mavra und Joshi in den eisigen Bach und liefen im Kieselbett zum Wald, bemüht, nicht auszurutschen.
Der Parmiter lag im Gehege und ächzte. Er war überzeugt davon, sich jetzt wirklich etwas gebrochen zu haben. Aus einem Mundwinkel rann Blut. Er schaute sich betäubt um.
»Nichts wie weg hier!« kreischte er seinem Begleiter zu. »Wenn die Eingeborenen mit ihren Speeren und Bogen kommen, sind wir erledigt!«
Er sprang mit Mühe auf die unversehrte Echse, und die beiden hetzten hinaus, gefolgt von dem großen Wesen, das sich verbrannt hatte.
Mavra und Joshi blieben keuchend stehen und schauten sich nach dem Gehege um. Sie sahen den Feuerschein, aber er schien begrenzt zu bleiben. Sie verfolgten, wie die zwei riesigen Umrisse auf den Strand hinausstürzten. Einer schien mit seiner Umgebung zu verschmelzen, aber der andere hatte große, dunkle Flecken, die ihn deutlich erkennbar machten.
»Was, zum Teufel, ist bloß los hier?« stieß Joshi hervor.
Sie schüttelte den Kopf.
»Ich weiß es nicht, aber es ist jedenfalls das Ende unserer Welt, soviel steht fest.«
»Was meinst du damit?« sagte er verblüfft. »Die kommen bestimmt nicht wieder.«
»O doch«, erklärte sie. »Sie oder jemand, der noch schlimmer ist. Das waren nicht einfach Piraten, Joshi. Sie sind hier gelandet, um uns auszuschalten – zu töten oder zu entführen, ich weiß nicht, was. Aber das waren Profis. Sie hätten es nicht auf uns abgesehen, wenn in der Nähe eine ganze Tabakernte liegt. Jemand hat einen Preis auf meinen Kopf ausgesetzt.«
Er schüttelte ungläubig den Kopf.
»Aber – warum denn?«
»Ich kann mir nur vorstellen, daß jemand endlich einen Weg zum Raumschiff im Norden gefunden hat und man die Konkurrenz ausschalten will«, erwiderte sie kalt und sachlich, mit einer Stimme, wie er sie von ihr noch nie gehört hatte. Er lernte zum erstenmal die wahre Mavra Tschang kennen, und sie stürzte ihn in Verwirrung.
Aber ihre Augen glänzten. Nach all den Jahren war das große Spiel wieder im Gange, das Spiel, für das sie wie geschaffen war.
»Das Feuer brennt nieder, ist fast schon ausgegangen«, meinte er. »Wollen wir sehen, was wir noch retten können?«
»Wir halten uns fern und verbringen die Nacht hier im Dickicht«, sagte sie.
»Die Eingeborenen –«
»Kommen am Schiffstag nicht in die Nähe, das weißt du.«
»Und die Ambreza?«
»Es sind keine Leuchtraketen abgefeuert worden, also ahnen sie nichts«, erwiderte sie. »Wenn sie nicht zufällig jemanden auf Spähgang geschickt haben, erfahren sie, was geschehen ist, vielleicht erst, wenn es schon zu spät ist.«
»Zu spät wofür?« fragte er betroffen.
»Ich habe in so vielen Jahren keinen Fluchtversuch mehr unternommen, daß sie das schon für selbstverständlich halten«, erklärte sie. »Sie passen nicht mehr so gut auf. Ich habe immer noch ein kleines Vorratslager, das weißt du. Der getrocknete Tabak im Anbau und die kleinen Goldbarren, die ich im Laufe der Jahre über die ›Trader‹ erworben habe.«
»Ich dachte immer, das sei nur für kleine Bestechungen. Ich hätte nie geglaubt –«
»Wer an alles denkt, bleibt am Leben«, sagte sie. »Wenn wir Glück haben, können wir mit unserem kleinen Bankkonto eine Schmuggelfahrt auf der ›Toorine Trader‹ bezahlen.«
Die ›Trader‹ traf früh am nächsten Morgen ein. Mavra und Joshi konnten ihre Segel am klaren Horizont von weitem erkennen.
Es war bei weitem nicht das einzige Schiff auf
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