Sechseckwelt 03 - Entscheidung in der Sechseck-Welt
hatte.
Mavra war verstummt und bedachte keuchend ihre Lage. Der Käfig war am Holzboden fest verschraubt, befand sich aber im Freien; sie waren auf allen Seiten von dünnem Stahlmaschendraht umgeben, und die einzige Öffnung war die Tür an Stahlscharnieren.
Nach einer Weile versuchten sie und Joshi, das Schloß aufzusprengen, aber sie bekamen nur Kopfschmerzen von ihren Rammstößen.
»Wir sitzen fest«, grunzte Joshi.
Sie wußte, daß er recht hatte, wollte sich aber nicht damit abfinden. Nicht nach all der Zeit, nicht so nah an den Bergen, die nach Gedemondas führten.
»Vielleicht können wir einen Weg finden, mit ihnen zu reden«, meinte Joshi. »Auf dem Schiff ist das auch gelungen.«
»Womit?« sagte sie. »Kein Stift, kein Papier – und außerdem könnte hier ohnehin keiner lesen, was ich schreibe. Aber wir kapitulieren noch nicht. Irgend etwas wird sich ergeben.« Sie versuchte ihn zu trösten.
Er war nicht überzeugt, und sie konnte es, wenn sie ehrlich war, auch nicht sein. Alles deutete darauf hin, daß ihnen diesmal keine Rettung winkte.
Früher war sie auch aus den schwierigsten Lagen entkommen, sogar auf Neu-Pompeii, wo Obie ihr die Codes gegeben hatte, damit sie Treligs System kreisender Roboterstationen überwinden konnte.
Immer und immer wieder hatte sie einen Ausweg gefunden. Sie hatte schließlich sogar damit gerechnet, daß das Unwahrscheinliche eintrat, daß sie im letzten Augenblick um Haaresbreite davonkommen würde, obwohl in irgendeinem Winkel ihres Gehirns die Erkenntnis gelauert hatte, daß eines Tages die Rettung ausbleiben mußte.
Aber das war nicht die Gelegenheit, sagte sie sich; sie durfte es nicht sein.
Doch sie gab reumütig vor sich selbst zu, daß die Rettung diesmal von außen kommen mußte. Zunächst konnte sie sich nur hinlegen und Zuflucht vor der trockenen Hitze im Schlaf suchen.
Die Sonne ging unter. Nach wenigen Minuten würden die langen Schatten das WRG einholen, während es um die Oasenstadt polterte und schwankte. Schon waren in den Straßen Petroleumlampen entzündet worden, die man von den Wachtürmen des WRG aus erkennen konnte. Das Risiko wurde durch sie kaum vermehrt. Jeder Gegner konnte am Geruch des Wassers feststellen, wo sich die Stadt befand.
Mor-ti hatte Ti-gan am Kommandostand ersetzt; sie sah nachts viel besser als er. Seltsamerweise war die Bedrohung nachts viel geringer. Da die Mucrolier nachts sehr schlecht sahen, mußte ein Angreifer in fremdem Gelände vorrücken, das von den Verteidigern scharf bewacht wurde. Solche Attacken waren zwar vorgekommen, aber man atmete im WRG doch auf; die meisten Leute hatten das Wasserloch aufgesucht, und nur die Nachtwache blieb an Bord.
Wieder kam der sechste Sinn, der die besten Ausguckleute auszeichnete, zum Tragen. Mor-ti konnte nicht sagen, was es war, aber sie spürte, daß irgend etwas nicht stimmte, und wies den Maschinenraum an, langsam zu fahren.
Vom Westen wehte eine Brise von der fernen See. Sie war ein wenig stärker als sonst und trieb den Rauch aus dem Schornstein fast waagrecht durch die Luft.
Sie lauschte angestrengt über dem Dröhnen der Motoren und dem Zischen der Dampfkessel. Dort draußen war irgend etwas.
Sie blies in das Sprachrohr.
»Zwei Späher nach oben!« befahl sie. »Hier ist etwas im Gange. Druck halten. Wir –« Bevor sie weitersprechen konnte, knallte es auf ihrer rechten Seite ein paarmal, dann brauste und pfiff es rund um das WRG.
»Alle Mann auf Station!« kreischte sie ins Rohr. »Wir werden angegriffen! Vorwärts! Zickzack-Fahrt!«
Das WRG setzte sich brüllend in Bewegung; Mor-ti zog Panzerplatten an ihrem Kommandostand hoch und starrte durch Augenschlitze.
Wieder knallende Geräusche und Explosionen, näher jetzt, überall. Kleine Metallsplitter prasselten, als Schrapnelle die Stahlflanken des WRG behämmerten.
Beobachter an Bug und Heck versuchten das Mündungsfeuer des angreifenden WRG zu erkennen, denn darum mußte es sich handeln. Ein Geschoß traf das WRG und detonierte. Die Verteidiger schrien vor Wut und Enttäuschung auf.
»Hart rechts, Streufeuer!« schrie Mor-ti. »Vielleicht können wir sie ausräuchern!«
Luken klappten klirrend herunter, und als das Fahrzeug sich abrupt drehte, ratterte eine Salve hinaus.
Mor-ti glaubte das feindliche Fahrzeug im erlöschenden Licht der Leuchtgranaten zu erkennen. Sie richtete ihr WRG dorthin. Der Schußwinkel bewies, daß sie recht hatte; die neue Salve fegte über ihr Fahrzeug hinweg und detonierte
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