Sechseckwelt 03 - Entscheidung in der Sechseck-Welt
mehr lange dauern, bis sie so nah herangekommen sind, daß die Kabel der großen Winden angebracht werden können«, sagte der Bozog. »Dann kann es schnell hereingezogen werden.«
»Wann, glauben Sie, werden Sie es auf das Startgerüst stellen können?« fragte Yulin.
»Heute nacht«, erwiderte der Bezog. »Irgendwann spät heute nacht.«
Mavra Tschang mied jeden. Sie wollte mit niemandem sprechen, sie empfand nichts mehr von der Erregung, die alle erfaßt hatte.
Je mehr sie über ihr Leben nachdachte, desto sinnloser erschien es ihr. Immer wieder hatte Brazil eingegriffen, und selbst auf Neu-Pompeii war an seine Stelle Obie getreten.
Obie hatte ihr die Pläne für den Planetoiden gegeben, die Codewörter, hatte sie als Werkzeug für seine Zwecke benützt. Auf der Sechseck-Welt war sie immer ein Werkzeug für andere gewesen. Die Lata hatten sie auf Ortegas Befehl vor den Zyklopen von Teliagin gerettet. Sie war zu einem Objekt in Ortegas Plänen geworden, gesteuert, herumgeschoben, manipuliert von den Umständen und der Hypno-Behandlung. Zuletzt auch geschützt von Ortega und ihren eigenen Großeltern. Selbst hier in Bozog wurde sie von ihren Bewachern kontrolliert, zu denen ihr eigener Großvater gehörte – und von Joshi.
Ich bin Mavra Tschang, ich kann alles, dachte sie bitter.
Ich kann sterben. Soviel kann ich selbst.
Aber noch nicht. Lüge oder nicht, noch war nicht alles erledigt. Ein kleiner Versuch, einen Rest ihrer Ehre und Selbstachtung zu retten, blieb ihr noch… auf Neu-Pompeii.
»Der Yugash regt sich!« hörte sie Vistaru hinter sich rufen. Sie drehte sich um und sah die hellrote Erscheinung langsam in die Luft steigen.
Sie verfolgten den Vorgang alle mit Betroffenheit. Ihre Hoffnung, das Wesen sei zugrunde gegangen, hatte sich nicht erfüllt. Sie dachten alle an Woolys Kontakt mit dem Torshind.
Der Yugash schaute sich unsicher nach ihnen um. In seiner jetzigen Form konnte er nicht sprechen oder auch nur irgendein Objekt ergreifen; er brauchte ein Gefäß. Ein geisterhafter Fortsatz zeigte auf sie, dann zuckten beide Fortsätze in einem ganz menschlichen Schulterzucken. Sie verstanden. Es wollte sich mitteilen und brauchte einen Freiwilligen.
»Holt einen Bozog!« rief Wooly, und Renard lief hinaus.
Der Yugash schien geduldig warten zu wollen.
Einige Minuten später kam Renard nicht mit einem, sondern mit zwei mittelgroßen Bozog zurück. Die Wesen hatten zwar kein Sehvermögen von der Art, wie die Bewohner der südlichen Halbkugel es kannten, aber alle spürten, daß der Yugash einer genauen Überprüfung unterzogen wurde.
An Bord der Raumfähre
Es dauerte vier Tage, bis das Raumschiff gehoben und in Position gebracht war, und weitere zwei, bis Yulin alle Systeme überprüft hatte. Im Lauf der Jahre hatten sich einige wichtige Energiesysteme entladen, aber sie wurden mit Hilfe von Bozog-Technikern wieder auf den alten Stand gebracht. Das Raumfahrzeug war verbeult, aber nicht in einem so starken Maße, wie der Ingenieur es befürchtet hatte. Im Inneren mußte manches repariert werden, aber Antrieb und Steuerungscomputer bedurften nur der Energiezufuhr, um wieder zu arbeiten. Die Atmosphäre von Uchjin hatte alles in gutem Zustand erhalten.
Das Schiff war für Menschen gebaut. Für Yulin und Renard warf das kaum Probleme auf, und auch der Yugash und der Bozog fanden sich zurecht. Aber Größe und Form von Mavra und Wooly führten zu Schwierigkeiten, und auch Vistarus Flügel konnten nicht lange in einen Sitz gepreßt werden, ohne Schaden zu erleiden. Man riß ein paar Sitze im Passagierabteil heraus und ersetzte sie durch dicke Polster mit breiten Gurten.
Yulin brachte, unterstützt von Mavra, die wieder Interesse an ihrer Umwelt zu nehmen schien, einen weiteren Tag damit zu, den Computer zu überprüfen. Beide hatten ein wenig Schwierigkeiten damit.
»Eigentlich hätten wir jemanden nötig, der nicht eine so lange Pause eingelegt hat wie wir«, sagte Yulin. »Nach zweiundzwanzig Jahren wollen wir das Schiff auf eine Reihe von Manövern programmieren, die jeden zweiten Piloten überfordern würden. Ich weiß jedenfalls, daß ich keinem Piloten trauen würde, der so lange nicht geflogen ist.«
»Wollen Sie es sich anders überlegen?« höhnte sie. »Ich kann immer noch Renard mit meinen Anweisungen einsetzen.«
Er lachte.
»Nein, ich habe einen zu weiten Weg hinter mir und habe zu lange darauf gewartet. Ich fliege oder sterbe.«
»Oder beides«, sagte sie trocken.
In zwei
Weitere Kostenlose Bücher