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Sechseckwelt 04 - Rückkehr auf die Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 04 - Rückkehr auf die Sechseck-Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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»Sie verschwinden sofort von meinem Baum, und dann ist mein Problem gelöst.«
    »Ich finde Sie aber gar nicht freundlich«, sagte sie beleidigt. »Außerdem würde ich diesen abscheulichen Baum liebend gern verlassen, wenn ich nur wüßte, wie!«
    »Abscheulich! Ich möchte Ihnen nur sagen, daß dieser Baum einer der besten in ganz Awbri ist! Na, allein in diesem Jahr ernährt er zweiundzwanzig Leute! Was sagen Sie nun?«
    »Um ganz ehrlich zu sein, mir ist das völlig egal!« sagte sie wahrheitsgemäß. »Es tut mir leid, daß ich Ihren Baum abscheulich genannt habe, aber ich möchte sehr gerne wissen, wie man herunterkommt und wie es weitergehen soll. Haben Sie hier denn nicht irgendeine Regierung, irgendeine Behörde?«
    Er legte den Kopf ein wenig auf die Seite, als denke er nach.
    »Nun ja, Sie könnten zum Ortsrat gehen. In Awbri brauchen wir nicht viel, keine große Regierung und dergleichen. Der Rat ist hier praktisch das Größte, also sollten Sie hingehen. Der Kuhbrau-Busch mitten in der Lichtung dort drüben, ungefähr einen halben Kilometer von hier.« Er zeigte hinüber.
    Sie sah nichts als Bäume und Unterholz.
    »Wie komme ich da hin?« fragte sie. »Laufe ich auf den Ästen von Baum zu Baum?«
    Er gab ein Geräusch von sich, als spucke er.
    »Wenn Sie wollen, gewiß. Aber das Fliegen ist viel einfacher. Der Weg ist freigelegt, wie Sie sehen.«
    Sie riß die Augen auf. So war es. Man hatte Öffnungen in das üppige Laub geschnitten, wie Straßen in der Luft. Aber – fliegen?
    »Ich – ich weiß nicht, wie man fliegt«, sagte sie.
    Er wiederholte den Laut.
    »Verdammt! Ich habe aber nicht die Zeit, es Ihnen beizubringen. Dann müssen Sie eben kriechen, früher oder später kommen Sie schon hin.«
    Und plötzlich war er wieder fort, bevor sie noch etwas sagen konnte. Der Baum erbebte wieder, als er in die Luft sprang, Hände und Füße und den Fächerschwanz spreizte und durch einen der Tunnelwege segelte.
    Sie seufzte und stieg die Äste entlang in die angegebene Richtung. Das Fliegen würde sie wohl auch noch lernen, um eines Tages zuversichtlich dahinzusegeln. Sie konnte es kaum erwarten.
     
     
    Die Reise war nicht problemlos. Die Äste standen oft Meter auseinander, und sie brauchte lange Zeit, um das Selbstvertrauen zu finden, damit sie solche Lücken durch einen Sprung überwinden konnte. Sie schaffte es aber immer mit absoluter Genauigkeit.
    Sie begegnete auch anderen Leuten. Die meisten beachteten sie nicht oder sahen sie seltsam an, aber niemand machte sich die Mühe, stehenzubleiben und ein paar Worte zu wechseln. Sie sprangen von allen Ästen aller Bäume und flogen überall herum, andere huschten an dicken Stämmen entlang, besprühten und stutzten ihre Bäume. Offenkundig lebten sie mit den Bäumen zusammen, aßen Laub und Früchte, existierten symbiotisch mit ihnen.
    Hier und dort fand sie Stellen, wo man oben die Sonne oder auch unten den Waldboden sehen konnte. Sie begriff sofort, weshalb der Mann so erstaunt gewesen war, als sie hatte hinuntersteigen wollen; da unten war ein übler Sumpf, bedeckt mit klebrigem Schlamm, stehendem Wasser und vereinzelten Gewächsen. Ab und zu sah sie riesengroße, gefährlich aussehende Reptilien, ganz Gebiß, in Schlammlöchern liegend oder durch den Schlick gleitend. Nicht die Art von Wesen, denen sie auf ihrem eigenen Grund und Boden begegnen wollte. Zum Glück schien keines fähig zu sein, Bäume zu erklimmen.
    Sie erreichte endlich die Lichtung, eine kleine Anhöhe, auf welcher der größte Baum wuchs, den sie je gesehen hatte, eine gigantische, grüne Kugel, die anderen Bäume überragend und den Himmel verbergend. Vom Ende ihres Baumes zum Beginn des großen waren es gute hundert Meter.
    Der Sumpf lag immer noch unter ihr, dann stieg die Anhöhe an, bedeckt mit spitzen Grasstengeln, zu dem Baum hinaufführend. Eine große Zahl von Awbrianern sprang mühelos über dem Sumpf hin und her, aber sie zögerte. Hundert Meter waren eine lange Strecke, und diese Art von Sprung war ihr einfach nicht möglich.
    Sie rief vorbeifliegende Wesen an, aber sie achteten nicht auf ihre Bitten, und nur ein beiläufiger Blick verriet manchmal, daß sie ignoriert wurde, nicht übersehen.
    Sie seufzte. Es begann zu dunkeln; ohne Zuflucht wollte sie hier nicht gern im Dunkeln sitzen. Sie verfluchte Obie, falls er sie zu einem solchen Wesen gemacht hatte, und sie verfluchte die Awbrianer. Sie war eine Hohepriesterin, zum Teufel noch mal!
    Noch nie war sie sich so

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