Sechseckwelt 04 - Rückkehr auf die Sechseck-Welt
stehen, wenn nicht gar physisch zusammenhängen. Das Kollektiv handelt als Einzelorganismus, nicht als Gruppe. Wir glauben, daß jeder einzelne virusartige Organismus bestimmte Informationen enthält. Es gibt Schlüsselexemplare und untergeordnete. Gemeinsam bilden sie die Gesamtsumme dessen, was der Dreel in jedem Wirt weiß, und was seine Fähigkeiten eingrenzt. Wir vermuten, daß ein einzelner Dreel, wenn er zu irgendeinem Punkt Informationen benötigt, sie nicht aufzusuchen braucht, sondern einfach in einen anderen Dreel eindringt oder ihm auch nur begegnet, der eben diese Information besitzt.«
»Sie meinen, einer kennt die ganze Mathematik, ein anderer die ganze Physik, und so weiter?« fragte Marquoz fasziniert.
»Enorm vereinfacht, meine ich, aber Sie kommen der Sache sehr nah«, erwiderte Van Tschu. »Stellen Sie sich jeden Dreel-Organismus als ein Buch vor. Stellen Sie eine Anzahl davon zusammen, von denen jeder bestimmte Informationshappen enthält, und Sie besitzen das Wissen eines Spezialisten auf diesem Gebiet. Tun Sie viele davon zusammen – ja, konstruieren Sie ihre eigenen –, und Sie haben eine Bibliothek. Wenn man alles Grundlegende zuzieht, um volle Funktion zu erreichen, dann taucht auf irgendeine Weise ein Bibliothekar – ein Bewußtsein – auf. Dann züchten sie sich je nach Bedarf neue Einheiten.«
»Sehr hübsch. Keine Ausbildung, kein Geboren- oder Erwachsenwerden, nur einem Wirt begegnen, das Grundmaterial kopieren, hineingelangen, und fertig«, sagte der Drache. »Muß viele Absonderlichkeiten verhindern.«
»Das wohl«, meinte Van Tschu leise lachend. »Es unterscheidet sich völlig von allem anderen, was wir kennen. Man fragt sich, wie sie sich entwickelt, geschweige denn zu einem so hohen Stand durchgesetzt haben, daß sie in andere Raumbereiche eindringen.«
»Hatten sie gar nicht nötig«, erklärte Marquoz. »Alles, was sie brauchten, wäre, daß etwa eines unserer Raumschiffe landet und von einem dort lebenden Tier gebissen wird. Nach allem, was Sie sagen, würden sie innerhalb von wenigen Tagen die Schiffsbesatzung sein.«
Der Wissenschaftler nickte zustimmend.
»Ja, genau. Der Bursche da drüben, den Sie gefaßt haben – er ist ein Dreel. Außerdem ist er Har Bateen, mit einer persönlichen Vergangenheit bis zurück zu seiner Geburt, und, was das Wichtigste ist, er kennt diese Vergangenheit. Er weiß alles, was Har Bateen je gewußt hat. Das ist das Erschreckendste daran. Wären Sie nicht in der Lage, sie mit dem Geruchssinn zu erfassen, dann gäbe es überhaupt keine Möglichkeit, sie vom Original zu unterscheiden. Nicht die geringste.«
»Haben Sie versucht, mit ihnen zu reden?« frage der Chugach. »Wir hatten sie auf dem Weg hierher so fest verpackt, daß das unmöglich war. Wir hatten keine Ahnung, womit wir es zu tun hatten, nur, daß es mit dem Vermischen von Blut zusammenhängen mußte. Wir konnten uns auf kein Risiko einlassen.«
»O ja, wir haben mit ihnen gesprochen. Ich kann Ihnen die Tonbänder vorspielen, wenn Sie wollen – oder Sie können über die Sprechanlage mit ihnen reden.«
»Nur eine Zusammenfassung. Ich muß wieder hinauf, wie Sie wissen. Inzwischen wird man dahintergekommen sein, daß ich verschwunden bin, und Großalarm gegeben haben.«
»Nun, alles, was ich Ihnen sagen kann, ist, daß sie eine ganze Weile alle behaupteten, sie wären ganz normale Menschen. Sie protestierten gegen die gemeine Behandlung. Bateen behauptete sogar, er sei der Meinung gewesen, der Zigeuner habe ihn berauben wollen, und seine Reaktion sei Notwehr gewesen.«
»Nicht schlecht. Nur erfolglos.«
Der Wissenschaftler zog die Schultern hoch.
»Er – sie alle – könnten sich überall herausreden, nur bei uns nicht. Sie schlugen auch keinen anderen Ton an, bis wir die Blutproben nahmen – von fern, versteht sich – und die Untersuchungen anstellten. Erst dann räumte Bateen ein – nein, er bezeichnete sich als Dreel, wie er sie nannte. Er ist unfaßbar arrogant. Wir sind für ihn nichts als Tiere und taugen allenfalls als Wirte für die Dreel. Er behauptet, sie seien nicht einmal von dieser Galaxis und unterhielten dieses Eroberungsunternehmen schon so lange, daß keiner sich erinnern könne, wann es nicht betrieben worden sei. Heiliger Auftrag, so fanatisch wie diese Gemeinde bei den Raumflughäfen.«
Marquoz seufzte.
»Ich hoffe, er blufft nur. Die Konsequenzen behagen mir nicht.«
»Was meinen Sie?« fragte Van Tschu besorgt.
»Nun, wenn ich sie riechen
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