Sechseckwelt 04 - Rückkehr auf die Sechseck-Welt
Wesen war so agil wie ein Affe, und es tanzte wild zur klagenden Melodie der Flöte, schneller, immer schneller, als das Tempo zunahm, wobei der lange Schwanz beinahe als drittes Bein diente.
Das war aber erst der Anfang; das Wesen bewegte sich so schnell, daß das Sonnenlicht von Zehntausenden Schuppen zurückgespiegelt wurde, als funkelten ebenso viele Bergkristalle; die Wirkung war gleißend und verstärkte die hypnotische Macht der fremden Musik.
Die Echse bildete mit dem Mund ein Oval, ein unfaßbarer Anblick auf einem Schlangengesicht dieser Art, und man hörte irgendwo im Inneren die große Luftmasse grollen. Dann wurde sie zischend ausgestoßen, und die Zuschauer hielten den Atem an. Feuer! Er spie Feuer und formte Muster damit! Kreise, Wirbel, seltsame und vertraute Formen tauchten in Sekundenbruchteilen auf und verschwanden wieder, während die Echse weitertanzte, ein funkelndes, undeutliches Schemen.
Der Zigeuner spielte weiter, aber die stahlgrauen Augen blickten nicht auf seinen Echsenbegleiter, sondern auf die Menge und betrachteten eine Person nach der anderen. Studierten, analysierten.
Selbst die Dreel, getarnt in Körper und Geist von Har Bateen, waren gebannt. Das lag außerhalb ihrer Erfahrung, und sie nahmen zusammen mit den anderen die fremde Anmut und Schönheit in sich auf.
Und dann war es plötzlich vorbei, ohne Ankündigung. Der letzte Ton und die letzten flammenden Funken vergingen in der heißen, trockenen Luft, und nur die Erinnerung an die unvergeßliche, fremdartige Darbietung blieb.
Die Menge stand gebannt und betäubt. Niemand sagte ein Wort oder bewegte sich, bis plötzlich ein Zuschauer, dann mehrere aus ihrer Versunkenheit emporfuhren und klatschten. Der Applaus steigerte sich zu einem Krescendo von Jubelrufen und beifälligen Pfiffen, vermischt mit Händeklatschen.
Der Zigeuner verbeugte sich ein wenig, und sogar das Echsenwesen schien der Reihe nach allen Zuschauern zuzunicken. Der fremdartige Mann steckte seine Flöte ein und wartete auf das Ende des Beifalls. Schließlich sagte er in klarer, aber seltsamer Aussprache seiner tiefen Tenorstimme: »Bürger, wir danken euch, mein Freund ebenso wie ich.«
»Noch einmal!« schrie jemand, während andere nickten und miteinander murmelten. »Ja, mehr! Mehr!« riefen einige in das Getöse hinein.
Der Zigeuner lächelte.
»Danke, meine Freunde, wir würden das mit Freuden tun – aber wir müssen essen, und mein Freund hier hat einen größeren Appetit als ich. Irgendein Zeichen der Dankbarkeit – Marquoz! – wäre höchst erfreulich.«
Bei dem Namen ›Marquoz‹ schnaubte der kleine Drache, blickte zu dem Mann auf und schien zu lächeln – ein groteskes Lächeln, das die gefährlichsten Zähne freilegte, die irgend jemand aus der Menge je gesehen hatte –, griff nach einem Beutel und näherte sich langsam der Menge. Die Leute wichen nervös zurück.
Der Zigeuner lachte.
»Fürchtet Marquoz nicht, meine Freunde! Er frißt euch nicht. Er wünscht nur, was ich wünsche, Geld, damit wir wieder zivilisiertes Essen kaufen können. Nur eine Münze in einen kleinen Beutel, brave Bürger, eine Münze, und vielleicht bekommen wir zu essen und ihr noch einen Tanz zu sehen, ja?«
Die Mutigeren in der Menge blieben stehen, und als die Echse zu ihnen trat und den Beutel hinhielt, warfen sie ein, zwei Münzen hinein. Daraus wurde kurz danach eine Flut, die schnell den Beutel füllte.
»Genug! Ihr seid zu gütig!« rief der Zigeuner. »Marquoz?«
Die Echse schnaubte und erschreckte die Leute in ihrer nächsten Nähe, weil dabei zwei weiße Rauchwolken aus ihren Nüstern blafften. Dann drehte sie sich um und brachte den Beutel zu dem Zigeuner zurück. Ersterer war schwer geworden, und der Mann war mager, aber auf irgendeine Weise schien der Beutel samt Inhalt in eine verborgene, unerkennbare Stelle an ihm zu verschwinden. Er lächelte, verbeugte sich noch einmal und zog wieder die Flöte heraus.
Die zweite Vorführung glich der ersten und war doch ein völlig anderer Tanz mit völlig andersartigen Bewegungen und fremdartigen, wilden Figuren zu einer anderen, nicht weniger fremdartigen und exotischen Melodie.
Har Bateen bewunderte zusammen mit den anderen auch die zweite Darbietung. Als der Beifall verrauscht war und der Zigeuner einwandte, Marquoz brauche eine Ruhepause, gingen die Leute endlich auseinander, und das Gewühl begann von neuem.
Der Zigeuner bückte sich, anscheinend, um die gleichmütige Echse zu untersuchen, und
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