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Sechseckwelt 05 - Dämmerung auf der Sechseck-Welt

Titel: Sechseckwelt 05 - Dämmerung auf der Sechseck-Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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wichtigsten Steige in Gedemondas hatten Dillianer ein ganzes Netz von Schutzhütten für ihre Jagdgesellschaften errichtet. Wenn die einheimischen Bewohner Einwände hatten, waren diese nicht bekannt geworden, und sie hatten die Fremden auch nicht belästigt.
    Die Hütte, ein großer Holzbau mit dem Kamin an der Rückseite, sah friedlich genug aus. Wenn die früheren Benutzer die Vorräte nicht aufgebraucht hatten, würden sich im Inneren Kornballen befinden, Kochtöpfe und Utensilien und sogar einige Klafter Holz, gestapelt von Versorgungsstreifen aus Dillia.
    »Kein Rauch«, stellte Asam fest. »Wir scheinen Glück zu haben.« Trotzdem zog er die Brauen zusammen, und als sie weitergehen wollte, hielt er sie zurück. Sie schaute sich um und sah, daß die anderen Teilnehmer sich flach auf den ebenen, schneebedeckten Felsboden gelegt hatten und langsam nach ihren Bogen griffen.
    »Was ist denn?« flüsterte sie, eher verwirrt als ängstlich.
    Er bewegte den Kopf.
    »Dort drüben. Drei oder vier Meter hinter der Hütte, direkt am Rand.«
    Sie starrte in die angegebene Richtung. Ein dunkler Fleck. Nein, nicht dunkel. Im wolkenverhangenen Spätnachmittagslicht war schwer etwas zu erkennen, erst recht nicht durch die Schneebrille, die sie oberhalb der Schneegrenze sofort aufgesetzt hatte.
    Vorsichtig schob sie die Brille hoch, um besser zu sehen. Rot – blutrot, ein roter Streifen im Schnee, ganz nah, nein, eigentlich am Rand. Und Schleifspuren.
    »Könnte ein Unfall sein«, sagte sie leise. »Oder Überreste von der Beute eines Jägers.«
    »Das könnte sein«, gab er zu, aber sein Bogen war schon gespannt. »Können Sie mit einer Waffe umgehen? Ich hatte vergessen, das zu fragen.«
    »So etwa das einzige, mit dem ich halbwegs umgehen kann, wäre ein Säbel«, sagte sie seufzend.
    »Warum nicht?« meinte er achselzuckend und griff in seine Traglast auf dem Rücken. Er zog eine metallene Scheide hervor – kein kleines, schlichtes Ding, sondern ein riesenhaftes, bedeckt mit fremdartigen, reichverzierten Mustern. Es war offensichtlich ein Breitschwert, der Griff massiv und fest, aber ebenfalls verziert mit den Nachbildungen von Wesen, deren wahre Form sie daraus nicht entnehmen konnte. Er gab ihr die Waffe. »Früher oder später ist alles nützlich«, war seine einzige Erklärung.
    Sie schnallte sich die Waffe um die Hüften, dort, wo ihr humanoider Körperteil in den pferdeartigen überging, und zog die Klinge heraus. Sie war gut ausgewogen und lag trefflich in der Hand, schien so vollkommen zu sein, daß mit einer Hand mühelos Schwünge zu vollführen waren. Aber für ernsthafte Arbeit wie das Zerhauen von Schädeln war beidhändiger Gebrauch besser.
    »Colonel?« Hodl, einer der Begleiter, flüsterte ihm etwas zu. Asam nickte, und der andere Zentaur schob sich langsam vorwärts, die Armbrust im Anschlag, die Augen auf die Hüttentür gerichtet.
    Alle hatten ihre Traglasten abgelegt; bei einem Kampf würde Gepäck sie behindern. Der Mann, der die Vorhut übernahm, war vorsichtig, versuchte sich aber nicht zu verbergen. Er war schließlich über zweieinhalb Meter groß und über drei Meter lang, wog an die siebenhundert Kilogramm, konnte also kaum wie einer auftreten, der sich heimlich anschleicht.
    »An wen denken Sie«, flüsterte sie Asam zu. »An einen Ihrer alten Feinde?«
    Er antwortete mit einem Achselzucken, ohne den Blick von der Tür abzuwenden. Ein zweiter Mann machte sich auf den Weg, in einigem Abstand hinter dem anderen. Sie gedachten sich der Hütte von allen Seiten zu nähern und dafür zu sorgen, daß nur ein einziger von ihnen zunächst angegriffen wurde – wenn da wirklich Angreifer waren.
    »Könnte alles mögliche sein«, sagte er leise. »Gedungene Meuchelmörder, Freibeuter, Verbrecher aus Dillia oder einem anderen Hex. Schwer zu sagen.«
    Es erstaunte sie ein wenig, sich Dillianer als Verbrecher oder Mörder vorzustellen. Sie waren ein rauhes, aber liebenswertes und nüchtern denkendes Volk. Doch es mußte auch Übeltäter geben, wie überall.
    Sie waren jetzt auf allen Seiten rings um die Hütte ausgeschwärmt und hielten einen Abstand von mindestens zehn Metern zur Hüttentür. Über andere Angriffsmöglichkeiten machten sie sich weniger Gedanken; von oben waren sie auf dem Felssims einigermaßen geschützt; der weitere Verlauf des Steigs war weit überblickbar, und die Hütte stand am Rand einer senkrecht abstürzenden Felswand. Sie dachte an die Dahbi und war der Meinung, daß ihre

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