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Sechselauten

Sechselauten

Titel: Sechselauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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Ergebnissen gefragt, bevor sie sich entschieden hätte, den Fall zu den Akten zu legen. Aber so schwelte die Sache weiter.
    Immerhin war das Gespräch mit Gregors Anna Lohl erfolgreich gewesen. Eschenbach schleppte sich vorwärts. Fest umklammerte er die Griffe seiner Krücken. Es musste doch etwas geben, das ihn weiterbrachte. Mit wem hatte sich Charlotte gestritten? Was war so wichtig, dass sie darum kämpfte, bis ihr schwaches Herz zu schlagen aufhörte?
    Charlotte Bischoff war kein Fall für die Statistik. Noch nicht.
    In der Waaggasse blieb er einen Moment vor dem Tabak-Lädeli stehen: Im Schaufenster lag ein indischer Fakir auf einem Brett mit aufrecht stehenden Zigarren. »Sieht aus wie Bin-Laden, der Kerl«, sagte Eschenbach augenzwinkernd beim Eintreten.
    Frau Wagner erschrak ein wenig. Als sie ihm die gewünschten zwei Schachteln Brissagos reichte, sagte sie: »Ist doch nur eine Puppe.«
    »Hauptsache, die Zigarren sind echt.« Eschenbach bezahlte.
    Weiter vorne, beim Weinplatz, stand ein hässlicher, grüner Carlsberg-Laster wie ein Panzer der Wehrmacht quer in der Fußgängerzone. Die dänische Brauerei hatte während der EURO 08 die Exklusivrechte für den Bierausschank. In zwei Monaten würden ganze Stadtteile, vom Seefeld bis zum Limmatplatz, eingenommen werden, sinnierte Eschenbach. Vom Fußball und von Firmen wie EUROCARD , McDonald’s und Coca-Cola. Ob es die Schweiz bis zum Europameister der Herzen bringen würde, stand allerdings in den Sternen.
    Ihm war das alles fremd. Was um alles in der Welt bewog die Stadt Ulrich Zwinglis, öffentlichen Grund absperren zu lassen, mit Mauern und Draht? Zürich ist eine Schlampe geworden, dachte der Kommissar. Er ließ sich bei der Rathausbrücke auf eine Bank fallen. Nachdem er sich eine Brissago angesteckt hatte, sah er paffend den Touristenschiffen zu, wie sie die Limmat raufund runterschipperten. Was wirklich stank, war nicht das Bier – es war das Geld.
    Eschenbach rief Jagmetti auf dem Handy an und erkundigte sich nach Latscho. Wenn das mit meiner Arbeitsweise so weitergeht, dachte der Kommissar, dann musste er sich fürs Mobiltelefon einen zweiten Akku besorgen.
    »Ich bin gerade in Stäfa«, sagte Claudio. »Ich glaube, es gefällt ihm hier. Meine Leute passen auf, rund um die Uhr.«
    »Die Koleggers werden ihn sicher nicht noch einmal entführen lassen«, sagte Eschenbach. »Die haben sich gründlich die Finger verbrannt.«
    »Richtig«, meinte Claudio. »Der Auftritt von Kobler hat ihnen tatsächlich den Rest gegeben. Ich hab sie dann noch verhört – sagen jetzt keinen Ton mehr.«
    »Ist ja auch nicht verwunderlich«, grummelte Eschenbach, der sich nur ungern an die Situation in Seebach erinnerte. »Woher wussten unsere Leute eigentlich, dass wir dort waren? Das ging ja ruck, zuck.«
    »Huwyler«, sagte Claudio. »Der Liegenschaftsverwalter der Stadt … der hat Kobler die Information zugespielt. Offenbar hatte sie ihn darauf angesetzt.«
    »Der Jogg – und ich hab mich noch gewundert, was der will und warum er wegen der Autos so schnell aufgekreuzt ist.« Eschenbach schüttelte den Kopf. »Was sind das neuerdings für Methoden.«
    »Die Heimleitung hier, Bangerter heißen die Leute, ein Ehepaar … also mit denen hab ich nochmals gesprochen wegen dieser Geschichte, weshalb die den Jungen einfach gehen ließen. Du wirst es nicht glauben … diese Koleggers sind da mit Papieren aufgekreuzt. Damit es so aussah, dass die ein Okay hatten von unserer Seite. Es ist unser Briefpapier, Stempel und alles.«
    »Das ist doch gar nicht möglich«, sagte Eschenbach. »Unser Papier? Von der Kantonspolizei? Die müssen das gefälscht haben.« Einen Moment hielt der Kommissar inne. »Sag mal, und wo waren eigentlich unsere Leute? Wenigstens einer
müsste dort gewesen sein, als die Koleggers den Jungen geholt haben.«
    »Es war niemand da.«
    Der Kommissar traute seinen Ohren nicht. »Ich habe Rosa ausdrücklich gesagt …«
    »Sie hat alles versucht, glaub mir. Wir sind damit bis zu Kobler … aber sie hat’s abgelehnt.«
    »Aber das liegt doch in deiner Kompetenz …« Eschenbach schüttelte den Kopf. »Sie hat dir doch jetzt die Leitung der Kripo übertragen, ad interim.«
    »Das war erst nachher«, sagte Claudio. »Und die Sicherheitsabteilung ist am Anschlag. Du glaubst nicht, was mit dieser EURO 08 auf uns zukommt.«
    »Oh doch!«, rief Eschenbach ins Handy. »Ich hab’s vor mir.« Er sah hinüber zu dem grünen LKW , der noch immer alles

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