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Sechselauten

Sechselauten

Titel: Sechselauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Theurillat
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Mineralwasserflasche auf den Tisch.
    Meret brachte Gläser und für Latscho einen Strohhalm. Sie nahmen Platz.
    »Auf der Fahrt vom Bürkliplatz hierher hat es angefangen«,berichtete Rosa. »Ich bin gefahren, und die zwei sind hinten gesessen«, sie deutete auf Eschenbach und Latscho. »Zuerst nur ein paar Worte, und dann sind es immer mehr geworden …«
    »Latscho hat alles seinem Stofftier erzählt, diesem Eisbär.«
    »Es ist ein Schwan«, sagte Meret. »Aber ich weiß, man erkennt’s kaum. Ich hab ihn selbst genäht.«
    »Néne«, sagte Latscho und knuddelte das handgroße Tierchen.
    »Kann er denn kein Deutsch?«, wollte der Kommissar wissen.
    »Doch, doch«, meinte Meret. »Ich denke, das kommt schon noch. Lassen wir ihm etwas Zeit.«
    Sie tranken und schwiegen eine Weile.
    Latscho machte mit dem Strohhalm ein schlürfendes Geräusch und grinste.
    »Wenn du nicht anständig trinkst, nehm ich dir’s weg«, sagte Josef.
    Der Kleine stand auf, zog an Rosas Hand: »Meine Schrändi, tschaansch mit?«
    »Er meint sein Zimmer«, sagte Meret.
    Rosa stand auf und folgte dem Jungen.
    »Sandro hat gemeint, dass nun alles vorbei ist«, sagte Josef, nachdem er Eschenbach nochmals Bier ins Glas gegossen hatte.
    »Sandro Graf«, sagte Eschenbach bedächtig. »Über den würde ich mich gerne noch mit Ihnen unterhalten. Den gibt es nämlich nicht. Nicht bei der FIFA , wie Sie mir erzählt haben.«
    »Aber doch«, sagte nun Meret. »Kronenberger.«
    »In Kronenbergers Team arbeitet niemand mit diesem Namen. Ich hab da persönlich nachgefragt.«
    »Sie haben uns nicht verstanden. Das ist ganz anders.« Meret Kolegger schüttelte den Kopf. »Sandro heißt, Sandro ist Kronenberger.«
    Eschenbach schüttelte den Kopf. Es war wie bei diesen Sudoku-Rätseln, wenn die Sieben in einer Reihe doppelt vorkam. Er lehnte sich nach vorne. »Kronenberger heißt mit VornamenAlexander, das weiß ich zufälligerweise ganz genau. Zuerst habe ich gedacht, Sie meinen seinen Partner. Die Kanzlei heißt Kronenberger & Graf  … Graf, das habe ich gedacht. Und dann bin ich dort auf die Homepage und habe nachgesehen. Aber einen Graf gibt’s dort genauso wenig wie bei der FIFA . Graf – der steckt nur im Namen der Kanzlei. So wie bei Coca und Cola.«
    Josef Kolegger lachte. »Aber genauso ist es. So hat es uns Sandro … also Alexander auch erklärt. Wie Ich & Ich. « Kolegger wischte sich mit dem Handrücken den Bierschaum vom Mund. » Kronenberger & Graf. Also, das ist beides Alexander Kronenberger. Und wir nennen ihn Sandro, weil er früher so geheißen hat. Es ist ein und dieselbe Person, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Ja, ich glaube, jetzt verstehe ich.«
    Latscho kam zurück und Rosa trippelnd hinter ihm. »Jetzt aber du, meine Wärm!«, rief er, und bei Eschenbach angelangt, zog er auch ihn beim Ärmel. »Du jetzt au mini Schrändi … chömet.«
    Latschos Kinderzimmer war ein hellblau gestrichener, großzügiger Raum mit Vorhängen und Himmelbett. Der Junge steuerte direkt auf die kleine Garderobe neben dem Holzschrank zu: »Bäng, bäng«, rief er. Ein Revolvergurt hing dort. Der Kleine nahm ihn, versuchte sich das billige Lederimitat umzubinden, und als es nicht klappte, war Rosa als Erste zur Stelle und half.
    Eschenbach nahm den schwarzen Filzhut, der neben dem Gurt gehangen hatte, und stülpte ihn über den kleinen Kinderkopf.
    Peng! Peng!  – Diesmal war es die Pistole, die er abgefeuert hatte. Latscho hielt sie in die Luft. Es stank und rauchte.
    »So, mein Kleiner«, sagte Eschenbach und kniete sich neben ihn auf den Boden. »Sicher kannst du mir jetzt sagen, wer dieser Mulo ist …«
    Latscho blieb wie vom Blitz getroffen stehen. Ungläubig, mit großen Augen unter dem schwarzen Filzhut, starrte er Eschenbach an. Langsam begann er zu zittern. Zuerst war es nur derMund, dann Schultern, Arme, Hände – bis der ganze kleine Körper bebte.
    »Um Gottes willen«, stieß Rosa aus. »Sie können den Kleinen doch nicht verhören. Herrgott noch mal. Jetzt fängt alles wieder von vorne an!«
    Fassungslos sah der Kommissar, wie sich Latscho nur langsam wieder beruhigte. Etwas stimmte mit dem Jungen nicht.
    »Ist ja schon gut«, tröstete Rosa. Sie strich Latscho über die kleinen Schultern: »Ist nur Blödsinn, was der da sagt.« Und mit einem Seitenblick zu Eschenbach fügte sie hinzu: »Allerdings.«
    In der kurzen Zeit hatten die Koleggers ein Abendbrot auf den Tisch gezaubert, das sich sehen ließ: Mit Käse, Salami,

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