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S.E.C.R.E.T. 1

S.E.C.R.E.T. 1

Titel: S.E.C.R.E.T. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. Marie Adeline
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ich es schon finden würde. »Drücken Sie auf die Klingel am Tor. Und nehmen Sie sich ein paar Stunden Zeit. Die erste Sitzung ist immer die längste.«
    Gerade als ich die Adresse von der Rückseite der Papier-Speisekarte riss, auf der ich sie notiert hatte, kam Dell in die Küche. Streng blickte sie mich über ihre Lesebrille hinweg an.
    »Ist was?«, fragte ich schnippisch.
    Welche Art von Hilfe würde ich von dieser Matilda wohl bekommen? Ich hatte keine Ahnung. Aber wenn das Ergebnis war, dass mir schließlich ein heißblütiger Mann gegenübersaß …
    Ich machte mir trotzdem Sorgen. Cassie, du weißt doch gar nicht, wer die Frau ist. Du kommst schon alleine klar. Du brauchst niemanden. Es geht dir gut , sagte mir mein Verstand. So lange, bis mein Körper ihm befahl, die Klappe zu halten. Damit war das schon mal erledigt.
    Am Tag unserer Verabredung wartete ich nach meiner Schicht nicht mehr auf Tracina oder Will, sondern verließ zügig das Café. Ich rief Dell einen Abschiedsgruß zu, dann lief ich nach Hause, um zu duschen. Aus den Untiefen meines Kleiderschranks zog ich das weiße Sommerkleid hervor, das ich mir zum Dreißigsten gekauft hatte. Scott hatte mich an jenem Abend versetzt. Seither hatte ich es nicht mehr getragen. Die sechs Jahre im Süden hatten meine Haut sonnengebräunt, die vier Jahre als Kellnerin meine Oberarme trainiert. Staunend stellte ich fest, dass mir das Kleid heute wesentlich besser stand als damals. Ich stand vor dem Spiegel und legte die Hand auf meinen nervösen Magen. Warum war mir flau? Weil ich wusste, dass ich jetzt etwas Neues in mein Leben ließ? Erregung, vielleicht sogar Gefahr? Ich versuchte, mich an die Überschriften aus dem Tagebuch zu erinnern: Hingabe, Großzügigkeit, Furchtlosigkeit, Mut . Mir fielen nicht alle Schritte wieder ein. Aber ein ständiges Gedankenkarussell hatte in der letzten Woche diesen unglaub lichen Drang hervorgerufen, der direkt aus meinen Eingewe iden zu kommen schien. So war das Telefonat mehr Zwang als bewusste Entscheidung gewesen.
    Der Bus war mit Touristen und Reinigungskräften überfüllt, die auf dem Weg in den Garden District waren. Ich stieg an der Third Street aus und blieb vor einer Bar stehen. Kurz überlegte ich, ob ich mir ein paar hinter die Binde ki ppen sollte, um meine Nerven zu beruhigen. Als wir gerad e neu in der Stadt waren, hatten Scott und ich eine Tour durch den District gemacht. Wir hatten die farbenprächtigen Villen bestaunt, die pinkfarbenen Gebäude im griechischen Stil, die italienische Architektur, die schmiedeeisernen Tore. Die Tatsache, dass hier offensichtlich das große Geld wohnte. New Orleans war ein absolutes Kontrastprogramm. Reiche Gegenden in direkter Nachbarschaft zu armen, das Hässliche neben dem Schönen. Scott fand das frustrierend, aber mir gefiel die Stadt deshalb umso mehr. Sie war ein Ort der Extreme.
    Ich lief in nördliche Richtung. In der Camp Street verlor ich die Orientierung. War ich zu weit in die falsche Richtung gegangen? Ich blieb abrupt stehen und verursachte einen kleinen Aufprall.
    »Tut mir leid«, sagte ich zu einer erschrockenen jungen Frau hinter mir, die ein größeres Kind und ein Kleinkind mit schmutzigem Gesicht an den Händen hielt. Ich ging weiter die Third Street entlang, wobei ich mich dichter an die Häuser hielt, um eine Touristengruppe vorbeizulassen.
    Dreh um, Cassie, geh wieder nach Hause. Du brauchst keine Hilfe.
    Brauche ich wohl! Wenigstens eine Beratungsstunde mit Matilda. Vielleicht auch zwei. Das kann schließlich nicht schaden.
    Cassie, was, wenn sie dich zu den schrecklichsten Dingen verleiten? Dingen, die du nicht tun willst?
    Das ist lächerlich. Das wird nicht passieren.
    Woher willst du das wissen?
    Weil Matilda freundlich zu mir war. Sie hat meine Einsamkeit erkannt und nicht darüber gelacht. Sie hat mir das Gefühl gegeben, dass es nur ein vorübergehender Zustand ist, vielleicht sogar heilbar.
    Wenn du so einsam bist, warum gehst du nicht einfach in irgendwelche Bars wie jeder andere auch?
    Weil ich Angst habe.
    Angst? Und vor dem hier hast du weniger Angst?
    »Ja, offen gesagt schon!«, murmelte ich.
    »Cassie? Sind Sie das?«
    Ich drehte mich um. Matilda stand hinter mir auf dem Bürgersteig. Sie wirkte besorgt. In der einen Hand trug sie eine Plastiktüte, in der anderen ein paar Gladiolen. »Alles in Ordnung mit Ihnen? Konnten Sie das Haus nicht finden?«
    Geistesabwesend hatte ich mich an einem schmiedeeisernen Tor festgeklammert –

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