Secret Passions - Opfer der Leidenschaft: gay historical crime story (German Edition)
setzte Brewer leise hinzu und wurde wieder ernst.
Derek dachte an seinen Vater, der nach außen hin nett und hilfsbereit gewesen war, aber innerhalb der Familie ein wahrer Tyrann.
Derek traute schon lange keinem mehr. Den ersten Riss hatte sein Vater ihm zugefügt, als er Derek halb totgeprügelt hatte und er daraufhin von zuhause weggelaufen war. Damals war er erst neun Jahre alt gewesen. Leandro und seine Straßenkindergang hatten ihn in einer kalten Herbstnacht hinter einer Brauerei gefunden, bewusstlos und fast erfroren. Leandro hatte ihm einen neuen Namen gegeben: Brewer – Brauer. Offiziell war er ohnehin für tot erklärt worden. Derek Milton gab es nicht mehr. In seinem Anführer Leandr o hatte Derek einen neuen Menschen gefunden, zu dem er aufgesehen hatte. Zuerst … Desha lb kannte Derek London wie seine Westentasche. Vielleicht würde er heute noch stehlen, wenn Inspektor Brown ihn nicht aus der Gosse geholt hätte …
Derek schenkte sich Eistee nach und beobachtete den Earl über den Rand seines Glases. Derek hatte die verschiedensten Geschichten über Lord Torrington, den »Teufelsfreund«, gehört. Entstellt sollte er sein und gemein zu seinen Angestellten. Bisher hatte Derek von alldem nichts bemerkt. Außerdem wusste er von Inspektor Brown, was vorgefallen war. Der Earl hatte das Feuer gewiss nicht selbst gelegt, um vorzeitig an sein Erbe zu kommen, wie manche behaupteten, sondern es wurde wahrscheinlich durch die Unachtsamkeit eines Dienstmädchens verursacht, das eine brennende Kerze im Dachgeschoss vergessen hatte. Hier war nichts Übernatürliches im Spiel gewesen. Aber gerade die Menschen auf dem Land, die in allem Unheil gleich das Böse sahen, hatten ihren Großteil zu den Gerüchten beigetragen. Die Londoner selbst und vor allem die gehobene Gesellschaft waren verrückt nach Sensationsgeschichten, weshalb sie immer neue Versionen angenommen hatten. Nichtsdestotrotz war Lord Torrington überall ein »beliebter« Gast, denn wer ihn auf der Gästeliste hatte, sorgte für Unterhaltung und Gesprächsstoff. Aber im Grunde wollten alle nur sein Geld.
Der arme Mann, als ob er nicht schon genug durchgemacht hatte. Derek wusste von Herrenclubbesuchen, in denen genauso viel getratscht wurde wie bei den Teekränzchen der Ladys, dass Torrington sich die Gesellschaften nur antat, um einen Heiratskandidaten für seine Schwester zu finden. Aber auch Sarah Grey hatte es schwer. Die charismatische, junge Frau hätte sich normalerweise vor Verehrern nicht retten können, dennoch wollte sich keiner der Männer an sie binden. In den Clubs, die Derek regelmäßig wegen der Neuigkeiten aufsuchte, liefen Wetten, wer Sarah Grey zuerst in sein Bett bekam oder welche Frau sich an den »Teufelsfreund« binden würde. Auch wenn die Leute wussten, dass die Familie nicht mit dem Bösen im Bunde stand, so wurden die Torringtons doch auf Abstand gehalten. Als ob ihnen tatsächlich ein Fluch anhaftete.
Derek hätte beinahe über sich selbst gelächelt. Seit wann bedauerte er Aristokraten? Es war nicht zu übersehen, dass Torrington in Geld schwamm.
Dennoch – Derek mochte den Mann. Ja, er hatte ihn auf Anhieb sympathisch gefunden. Torrington verstellte sich nicht. Er wirkte natürlich, gab sich nicht gekünstelt oder hochnäsig. Die rötlichen Vernarbungen an der Wange nahm Derek kaum wahr. Er musste dem Earl ohnehin ständig in die Augen sehen. Sie waren grau und wirkten dadurch kühl, aber dieses Unnahbare faszinierte ihn. Außerdem war der Earl längst nicht so entstellt, wie sich die Leute erzählten. Derek konnte trotz der Geschichten nicht verstehen, warum der Mann noch nicht verheiratet war. Er war gebildet, sah bis auf das rötliche Narbengeflecht auf einer Wange verdammt gut aus, hatte ein exorbitantes Vermögen, das jede Lady schwach machen müsste, und er war ein interessanter Gesprächspartner. Auch machte der Earl auf ihn keinen gefährlichen, aufbrausenden Eindruck, sondern er war ruhig und höflich. Und je mehr er trank, desto gesprächiger wurde er.
»Sind wir uns schon einmal begegnet?«, fragte Torrington. »Vielleicht vor acht Jahren, als Inspektor Brown nach der Brandursache suchte?«
»Ich denke nicht, Mylord«, sagte Derek, obwohl er dasselbe Gefühl hatte.
Lord Torrington räusperte sich. »Sollten wir uns nicht vielleicht auf eine persönlichere Anrede einigen, solange Sie in meinem Haus verweilen? Immerhin sollen Sie ein alter Bekannter von mir sein, den ich vom College kenne.«
College
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