S.E.C.R.E.T.
herabbaumelten. Kein Mann hatte mich je auf diese Weise berührt.
»Geht es dir gut?«
Ich nickte. Ich hatte keine Worte. Ich versuchte, wieder Atem zu schöpfen.
»Du bist sicher etwas durstig.«
Ich nickte noch einmal, als eine Flasche Wasser vor meinen Augen auftauchte. Ich setzte mich auf, um etwas zu trinken. Er betrachtete mich und schien durchaus stolz auf sich selbst zu sein.
»Geh jetzt duschen, meine Schöne«, sagte er.
Ich schob mich von der Liege herunter.
»Wer hat sich hingegeben?«, fragte er.
»Ich«, antwortete ich und warf ihm über die Schulter hinweg ein Lächeln zu.
Ich stolperte zum Badezimmer hinüber, wo ich heiß duschte.
Als ich mir hinterher das Haar trockenrubbelte, kam mir plötzlich ein Gedanke. Ich stürmte zurück ins Wohnzimmer. »He, ich kenne noch nicht mal deinen Namen!«, sagte ich und rieb mir immer noch die Haare.
Aber er war fort. Ebenso verschwunden waren die Massageliege und meine Fantasien-Listen, die er hatte abholen sollen. Das Zimmer sah genauso aus wie vor seiner Ankunft, mit einer Ausnahme: Auf dem Couchtisch lag mein erster goldener Anhänger. Als ich das Zimmer durchquerte, erhaschte ich einen Blick auf mein Spiegelbild. Mein Gesicht war gerötet, das feuchte Haar ringelte sich um Hals und Schultern. Ich nahm den Charm in die Hand und ließ ihn im Kerzenlicht herabbaumeln. Auf der einen Seite war das Wort Hingabe eingraviert, auf der anderen las ich die römische Ziffer I.
Ich befestigte ihn am Armkettchen um mein Handgelenk und spürte eine Furchtlosigkeit in mir emporsteigen, von der mir ganz schummrig wurde. Ich habe etwas äußerst Seltsames getan! Mit mir ist etwas Merkwürdiges geschehen! Am liebsten hätte ich laut geschrien. Mit mir ist etwas passiert! Mit mir geschieht etwas! Ich werde nie mehr dieselbe sein.
FÜNF
Der erste Schritt ist immer der schwerste. Wenn man zum ersten Mal sagt: »Ja, ich akzeptiere, dass ich Hilfe brauche. Ich kann das nicht allein schaffen.«
Scott hatte damit in Bezug auf die Trinkerei große Schwierigkeiten. Die Vorstellung, dass er Hilfe von irgendetwas oder irgendjemandem annehmen sollte, war ihm zuwider. Deshalb kämpfte er dagegen an, ohne genau zu wissen, wogegen er sich zur Wehr setzte.
Ich hingegen hatte mich unterworfen, hatte mich vollkommen hingegeben und aufgehört, gegen irgendetwas anzukämpfen. Ich hatte Hilfe von einer fremden Gruppe Frauen angenommen.
Dann betrat ich einen in Kerzenlicht getauchten Raum, lediglich mit einem Handtuch bekleidet. Ich ließ dieses Handtuch zu Boden gleiten und stand komplett nackt da. Ich vertraute dem, was geschah, dem Mann, der S.E.C.R.E.T-Gruppe. Alles hatte sich in meiner eigenen Wohnung zugetragen, in meinem Wohnzimmer. Und obwohl es mein Körper war, überließ ich ihn zeitweise einem völlig Fremden.
Als ich eine Woche später einer entzückten Matilda davon berichtete, hatte ich das Gefühl, die Erfahrungen einer anderen Person zu schildern, eines Menschen, den ich zwar gut kannte, der aber über Facetten verfügte, die ich gerade erst zu verstehen begann.
Ich berichtete Matilda, dass ich mich vollkommen sicher gefühlt hatte, dass das, was wir getan hatten, wunderbar erotisch gewesen war und dass ich diese Fantasie unbedingt bis ins Letzte hatte auskosten wollen. Außerdem hatte ich mich dieses eine Mal gebraucht und begehrt gefühlt, was jede Frau zur Ekstase führt. »Also, ja. Ich war … verwandelt, glaube ich«, sagte ich und vergrub mein brennendes, schamrotes Gesicht in den Händen, unterdrückte jedoch ein Kichern. Vor gar nicht langer Zeit hatte ich niemanden zum Reden gehabt – Will konnte man wohl kaum zählen. Jetzt saß ich hier und teilte die intimsten Geheimnisse mit einer Frau, die ich nicht länger als Fremde bezeichnen konnte. Vielmehr war sie mittlerweile so was wie eine Freundin geworden.
In den Wochen, die meiner ersten Fantasie folgten, arbeitete ich mehr denn je. Ich übernahm sogar ein paar Abendschichten, damit Tracina und Will ausgehen konnten. Wenn ich mich an diesen Abenden von ihnen verabschiedete, konnte ich nicht das kleinste bisschen Bitterkeit in mir entdecken. Na ja, vielleicht ein winziges Körnchen Eifersucht, aber verbittert war ich nicht. Kein Sehnen. Keine Trauer. Ich schwor mir sogar, in Zukunft netter zu Tracina zu sein. Ich wollte versuchen zu verstehen, was Will in ihr sah. Vielleicht würden wir ja doch noch Freundinnen werden, und Will konnte einen weiteren Versuch unternehmen, mich mit jemand anders zu
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