See der Schatten - Kriminalroman (German Edition)
Händen über ihr Gesicht. »Langsam wird mir das alles zu viel. Ich weiß einfach nicht mehr, was ich von all dem halten soll«, klagte sie.
Ryan beobachtete sie schweigend. Nach einer Weile sagte er: »Dass Justins Mutter Epilepsie hatte, muss ja noch nichts bedeuten. Wir wissen ja nicht einmal, welche Medikamente sie genommen hat. Und selbst wenn es Phenobarbital war, heißt das noch lange nicht, dass Justin etwas mit dem Tod meiner Schwester zu tun hat.«
»Das stimmt schon«, nickte Tess nachdenklich. »Trotzdem kommt der Name Ciprati für meinen Geschmack ein bisschen zu häufig in unseren Nachforschungen vor, findest du nicht?«
In diesem Moment klingelte Ryans Handy. Er sah auf das Display und runzelte die Stirn. »Ich glaube, das ist Susannahs Kollegin.« Er gab Tess mit einer Geste zu verstehen, dass sie still sein sollte, dann stellte er das Telefon auf Lautsprecher und nahm das Gespräch an.
»Hallo, hier ist Jenny Darner. Sie haben versucht, mich zu erreichen«, sagte eine noch sehr jung klingende Stimme, nachdem Ryan sich gemeldet hatte. »Sie sind der Bruder von Susannah?«
»Ja, der bin ich«, antwortete Ryan schlicht.
Die Stimme am anderen Ende der Leitung zögerte einen Moment, dann sagte sie: »Es tut mir unglaublich leid, was mit Susannah passiert ist. Wir konnten es alle gar nicht fassen.«
»Danke«, gab Ryan zurück. »Ich habe gehört, dass Sie sich sehr gut mit meiner Schwester verstanden haben. Daher würde ich Sie gern etwas fragen.«
Wieder gab es eine kurze Pause. »Um was geht es denn?«, fragte Jenny dann. Ihre Stimme klang skeptisch.
»Ich habe mit Susannahs Schulfreundin aus Boston gesprochen«, erklärte Ryan. »Sie hat mir erzählt, dass meine Schwester sich kurz vor ihrem Tod verliebt hatte. Sie wusste allerdings nicht, in wen. Daher würde ich gern von Ihnen wissen, wer derjenige war. Hat Susannah mit Ihnen darüber gesprochen?«
Zuerst herrschte am anderen Ende der Leitung Schweigen, aber dann begann Jenny nervös herumzudrucksen. »Naja, ehrlich gesagt …, ja. Aber ich möchte keinen Ärger bekommen. Ich arbeite ja immer noch bei Red Devil.«
»Daraus schließe ich, dass es sich um einen Arbeitskollegen handelt, richtig?«, folgerte Ryan.
»Äh, also, ja«, stammelte Jenny.
»Jemand aus Ihrer Abteilung?«, bohrte Ryan weiter.
Aus dem Lausprecher des Handys ertönte ein tiefes Seufzen. »Also gut«, gab Jenny schließlich nach. »Ich erzähle Ihnen alles, aber nur, weil ich Susannah wirklich sehr gern hatte. Und bitte sagen Sie niemandem, dass sie es von mir erfahren haben. Ihre Schwester hatte sich tatsächlich in einen Arbeitskollegen verliebt, aber nicht aus unserer Abteilung. Er war aus dem Vertrieb. Sie haben sich ein paar Mal getroffen. Soweit sie mir erzählt hat, hatten die beiden keine Affäre, sondern es war nur ein harmloser Flirt. Susannah wollte aber trotzdem nicht, dass irgendjemand davon erfährt, weil unser Kollege verheiratet ist. Seine Frau musste ja nicht unbedingt etwas davon wissen.«
»Wissen Sie auch den Namen von diesem Kollegen?«, hakte Ryan nach.
Wieder zögerte Jenny. »Er heißt Justin«, sagte sie leise. »Justin Ciprati«.
43. Kapitel
Tess hatte die Hand vor den Mund gepresst und starrte Ryan wortlos an, als er das Gespräch beendete. Sie war schreckensbleich im Gesicht. »Das gibt es doch nicht«, murmelte sie dann fassungslos. »Das ist doch nicht möglich.«
»Ich fürchte doch«, gab Ryan leise zurück. Er holte einmal tief Luft. »Inzwischen kann ich jedenfalls nicht mehr an einen Zufall glauben.« Er sah Tess ernst an. »Jede der Frauen auf der Liste hatte eine Verbindung zu Justin Ciprati. Ich denke, es wird Zeit, dass wir mit dem Sheriff sprechen.«
Tess verzog unglücklich das Gesicht. »Ich kann trotzdem nicht glauben, dass Justin etwas mit den Morden zu tun hat. Er ist so ein sympathischer Mensch.« Sie blinzelte, um die Tränen zurückzuhalten, die ihr in die Augen gestiegen waren.
Ryan legte tröstend die Hand auf ihren Unterarm. »Ich weiß, dass du ihn magst, aber es spricht nun mal alles gegen ihn. Wir müssen unbedingt die Polizei informieren. Das ist jetzt nicht mehr nur unsere Angelegenheit.«
»Ich weiß.« Tess nickte bekümmert. Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Heute ist im Büro des Sheriffs nur noch die Notbesetzung da. Lass uns morgen früh zusammen hingehen und alles erzählen, was wir herausgefunden haben, okay?«
»Okay. Ich denke, das wird ein hartes Stück Überzeugungsarbeit
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